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Griechenland
Spiel mit den Milliarden

Bis zu 86 Milliarden Euro stellt die Eurozone über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM Griechenland für die nächsten drei Jahre bereit. Das meiste Geld der ersten Überweisung ist schon wieder ausgegeben.

Von Jörg Münchenberg | 20.08.2015
    Die Bundestagsabgeordneten stimmten in einer Sondersitzung über die Griechenland-Hilfen ab.
    Die Bundestagsabgeordneten stimmten in einer Sondersitzung über die Griechenland-Hilfen ab. (picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm)
    Der große Verschiebebahnhof hat begonnen. Insgesamt bis zu 86 Milliarden Euro stellt die Eurozone über den Europäischen Stabilitätsmechanismus ESM Griechenland für die nächsten drei Jahre bereit. Doch schnell wird es dann kompliziert. Zwar umfasst die erste Hilfstranche an Athen insgesamt 26 Milliarden Euro. Doch 10 Milliarden sind für die Bankenstabilisierung reserviert, drei Milliarden sollen erst im Herbst ausgezahlt werden.
    Nur 13 Milliarden überwiesen
    Deshalb ist heute Morgen nur ein Teil dieser Summe tatsächlich überwiesen worden. Nämlich insgesamt 13 Milliarden Euro. Doch auch ein Großteil dieses Betrages ist längst verplant. Denn über sieben Milliarden Euro hatte der eigentlich ausgediente Rettungsfonds EFSM Mitte Juli als Brückenfinanzierung zur Verfügung gestellt. Dieses Geld muss Athen natürlich zurückzahlen.
    Zudem musste die griechische Regierung heute fällig werdende Schulden in Höhe von 3,2 Milliarden plus Zinsen bei der Europäischen Zentralbank bedienen. Im September werden dann noch mal rund 1,6 Milliarden Euro an den Internationalen Währungsfonds fällig.
    Mit anderen Worten: Das meiste Geld der ersten Überweisung durch den ESM ist schon wieder ausgegeben – nur einen geringen Teil, nämlich bis zu 1 Milliarde Euro, kann die griechische Regierung für laufende dringende Verpflichtungen verwenden. Dieses Muster wird sich auch bei den anstehenden Hilfszahlungen weiter fortsetzen.
    Brückenfinanzierung muss zurückgezahlt werden
    Schließlich geht es auch bei diesem dritten Rettungsprogramm nicht darum, den griechischen Staat direkt zu finanzieren. Vielmehr soll Athen seine finanziellen Verpflichtungen erfüllen können – mit dem langfristigen Ziel, dass sich das Land über die Kapitalmärkte wieder selbst frisches Geld besorgen kann. Zudem gilt weiterhin die bisherige Rettungsphilosophie: Hilfe gibt es nur gegen Reformmaßnahmen, die alle drei Monate von externen Experten überprüft werden:
    "Natürlich ist dieses dreijährige Programm an strikte Bedingungen geknüpft. Bedingungen, die darauf abzielen, die öffentlichen Finanzen, die Verwaltung, die Wirtschaft sowie den Bankensektor wieder auf solide Beine zu stellen".
    Lediglich 12,5 Milliarden Euro für Investitionen
    Hat Eurogruppenchef Jerun Dijsselbloem gestern Abend noch einmal klar gestellt. Für das ganze Programm heißt das aber: Von den bis zu 86 Milliarden Euro stehen allein bis zu 25 Milliarden Euro für die Wiederherstellung der griechischen Banken bereit. Während wiederum bis zu 54 Milliarden für den Schuldendienst gegenüber den internationalen Gläubigern eingeplant sind.
    Dazu kommt: Selbst den Großteil der möglichen Privatisierungserlöse darf Griechenland nicht behalten. Würden die anvisierten 50 Milliarden Euro tatsächlich erreicht, was allerdings viele Fachleute bezweifeln, müsste Griechenland 75 Prozent davon zur Schuldentilgung verwenden.
    Lediglich 12,5 Milliarden Euro sind für Investitionen im Land selbst eingeplant, sofern sie denn überhaupt erzielt werden können. Denn gleichzeitig heißt es auch: Einnahmen aus dem Verkauf von Staatseigentum müssen vorrangig zur Rückzahlung von Schulden eingesetzt werden.