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Griechenland
Zähe Verhandlungen über Reformliste

Die Verhandlungen über die nächste Hilfstranche für Griechenland und die damit verbundenen Reformen kommen nur zäh voran. Es bleibt unklar, wie bedrohlich die Finanzlage in Athen wirklich ist. Dabei drängt die Zeit.

Von Jörg Münchenberg | 30.03.2015
    Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras
    Griechenlands Premierminister Alexis Tsipras (AFP / Emmanuel Dunand)
    Die zähen Verhandlungen über die von der griechischen Regierung eigentlich für heute in Aussicht gestellte Reformliste sorgen zunehmend für Unverständnis in Brüssel. Erst am Wochenende hatten EU-Diplomaten erklärt, der bislang vor allem mündlich vorgetragene Maßnahmenkatalog sei weder tragfähig, noch glaubwürdig oder gar nachprüfbar. Verärgert über die griechische Hinhaltetaktik äußerte sich heute Morgen auch im Deutschlandfunk der FDP-Abgeordnete im Europäischen Parlament, Alexander Graf Lambsdorff:
    "Wenn das Ganze weiter auf dem iPad passiert, wenn das Ganze weiterhin nicht nachprüfbar ist, warum man das Geld freigeben sollte. Dann müsste man tatsächlich das riskieren, dann müsste man gegebenenfalls auch einen Bruch, einen Grexit riskieren und einen Plan machen für die Zeit nach dem Ausscheiden aus der Eurozone."
    Gespräche laufen auf Hochtouren
    Nach Angaben von EU-Diplomaten laufen die Gespräche bereits seit vergangenem Freitag auf Hochtouren, ohne dass es substanzielle Fortschritte gegeben habe. Ziel ist es zunächst, die Vorschläge aus Athen mit den Experten der Institutionen, also der früheren Troika aus Europäischer Zentralbank, Kommission und Internationalem Währungsfonds abzugleichen. Bevor die griechische Regierung dann eine endgültige Liste vorlegt, die dann von den Institutionen abschließend bewertet werden muss.
    Grundsätzlich hat die Eurogruppe dem griechischen Ministerpräsidenten Alexis Tsipras einen gewissen Spielraum bei den Maßnahmen eingeräumt – insgesamt aber müssen die Sparauflagen erreicht werden. Doch bislang setzt die Regierung weiterhin darauf, allein die Einnahmeseite des Staates zu verbessern. Etwa durch Steuererhöhungen oder eine effektivere Bekämpfung von Steuerbetrug:
    "Das sind alles Einmalmaßnahmen oder aber Strukturmaßnahmen, die man braucht, um Griechenland dauerhaft finanziell am Leben zu erhalten. Insofern die Experten sind zutiefst frustriert. Und wenn ich es höre, dass es die Eurogruppe ablehnt, noch vor Ostern ein Treffen in den Blick zu nehmen. Einerseits. Und andererseits es heißt, im April und der geht ja bald los, drohe die Zahlungsunfähigkeit - dann sehe ich hier ehrlich gesagt eher zwei Züge aufeinander zufahren," so der FDP-Abgeordnete Lambsdorff.
    Die Zeit drängt
    Für zusätzliche Aufregung hatten zudem Meldungen gesorgt, wonach Athen nun auch bei der Moskauer Regierung um Hilfe bitten wolle. Die griechische Regierung greife offenbar nach jedem Strohhalm, sagte dazu der SPD-Finanzexperte im Europäischen Parlament Udo Bullmann dem RBB. Gleichzeitig machte Bullmann beide Seiten für den schleppenden Gesprächsverlauf verantwortlich, also auch die Institutionen und die Eurogruppe:
    "Die neue griechische Regierung ist zu frisch, sie ist zu grün, sie hat noch keine Regierungserfahrung. Sie ist noch nicht in der Lage, wirklich klare Konzepte vorzulegen. Und auf der anderen Seite die Eurofinanzminister machen schon auch ein Pokerspiel mit der neuen Regierung. Sie erwarten von den Griechen durchgeplante Rechnungen, mit welcher Reformmaßnahme wie viel Geld in die Kasse kommt. Wahrscheinlich sind die Griechen damit überfordert, aber auch noch nicht bereit, das mit der Klarheit auf den Tisch zu packen."
    Doch viel Zeit bleibt nicht mehr. Sollte tatsächlich noch heute oder morgen eine grundsätzliche Einigung gelingen, wollen die Finanzstaatssekretäre am Mittwoch in einer Telefonkonferenz eine Zwischenbilanz ziehen. Ein Treffen der Eurogruppe selbst, die allein über die Auszahlung der noch ausstehenden Hilfstranchen entscheiden kann, sei vor Ostern aber eher unwahrscheinlich, heißt es in Brüssel. Unklar ist dabei weiterhin, wie bedrohlich die Finanzlage in Athen wirklich ist. Am 9. April muss die Regierung allerdings rund 450 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds zurückzahlen.