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Griechischer Strom für deutsche Steckdosen

Mit deutscher Unterstützung will Griechenland zum Solarstrom-Produzenten Nummer eins in Europa werden und griechischen Strom in deutsche Netze einspeisen. 60.000 Arbeitsplätze erhofft sich das krisengeschüttelte Land von dem Projekt "Helios" - benannt nach dem Sonnengott aus der griechischen Mythologie.

Von Andrea Mavroidis | 27.04.2012
    Die Grundidee des Helios-Projektes ist es, die griechische Sonne in die deutsche Steckdose zu bringen, deutsches Know-how mit griechischem Standort-Vorteil zu verbinden. Deutschland hat eine Vorreiterstellung in der Photovoltaik-Technologie, Griechenland dafür eine sehr viel höhere Sonneneinstrahlung. Mit dem gleichen Photovoltaik-Equipment kann in Griechenland 50 Prozent mehr Energie als in Deutschland erzeugt werden. Ein ehrgeiziges Projekt – aber ist es unter den gegenwärtigen politischen und wirtschaftlichen Umständen in Griechenland überhaupt realisierbar?

    "Das Wichtigste ist, dass die griechische Seite die Infrastruktur bereitstellt und dafür sorgt, dass sich die Steuergesetze nicht verändern. Dass ein privater Investor kalkulieren kann, was passiert mit seinen Investitionen und was bekommt er am Ende. Und die deutsche Seite müsste sich festlegen, dass sie gewisse Strommengen zu einem festgelegten Preis abnimmt","

    … sagt Stefanos Mittmann, Mitglied des griechischen Photovoltaik-Verbandes und Unternehmer. Der Deutsch-Grieche hat in Berlin studiert und kennt sich bestens mit den Gepflogenheiten beider Länder aus. Um das Projekt anzuschieben, hat die Regierung in Athen bereits Investitionen von mehr als 1,1 Milliarden Euro für den Bau großflächiger Photovoltaik-Anlagen in Nordgriechenland zugesagt. Damit hofft Umweltminister Giorgos Papakonstantinou auch andere europäische Staaten für das Helios-Projekt gewinnen zu können.

    ""Sicher rechnen wir hier mit privaten Investoren. Und ich hoffe, dass es auch deutsche Investoren geben wird. Der griechische Staat wird die Flächen für den Bau der Anlagen zur Verfügung stellen, die Sonne natürlich und die Genehmigungen. Gelder für den Bau müssen von den privaten Investoren kommen. Und wir garantieren die Renditen."

    Was Investoren allerdings brauchen, ist Planungssicherheit. Damit sich die Investition in eine Photovoltaik-Anlage lohnt, muss sie mindestens 20 Jahre rentabel sein. Das heißt: Planungssicherheit bedeutet Abnahmesicherheit, stabile und faire Preise. Dem deutschen Markt kommt dabei eine große Bedeutung zu. Deutschland soll, nach der Vorstellung der Griechen, diese Abnahmen garantieren. Die Verhandlungen mit der deutschen Regierung laufen, aber Stefanos Mittmann rechnet nicht mit schnellen Ergebnissen. Deshalb setzt er auf das Interesse weiterer energiehungriger Interessenten:

    "Was man braucht, sind Abnehmer in Deutschland oder anderen europäischen Ländern, die seriös sind. Wenn man den Strom exportieren könnte und große Konzerne wie die Deutsche Bahn, die Lufthansa oder andere große Konzerne die Stromverbraucher sind, warum sollten die keine Verträge machen, um Sonnenstrom aus Griechenland zu bekommen? Ich glaube, das kann sehr interessant sein und sicher auch günstiger sein als andere Quellen, die wir heute benutzen."

    Noch nicht geklärt ist allerdings, wie die Energie nach Deutschland gelangen soll. Zurzeit gibt es eine Anbindung des griechischen Stromnetzes an das europäische über Italien und Albanien. Transportiert wird der Strom in einer Größenordnung von lediglich zwei Gigawatt, den Verantwortlichen des Helios-Projektes schweben zehn Gigawatt vor. Dafür müssten die bestehenden Trassen erweitert oder neue Leitungen durch die Adria gebaut werden. Die Erwartungen an das Helios-Projekt sind also groß.

    Doch in Griechenland wird in wenigen Tagen gewählt und in der Vergangenheit haben neue Regierungen die Pläne der alten gerne über Bord geworfen. Und so beschwichtigt Energieminister Giorgos Papakonstantinou, auch über seine Amtszeit hinaus habe das Programm Bestand.

    "Den Staat wird es weitergeben und dieses Projekt haben wir längst in die Hände eines privaten namhaften Projektentwicklers übergeben. Und die beiden großen Volksparteien PASOK und Nea Dimokratia haben sich verpflichtet, das Projekt auch über die Wahlen hinaus weiterzuführen."