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Großbritannien
Ringen um Mays Nachfolge

Theresa May hat ihren Rücktritt angekündigt. Doch wer soll ihr Amt übernehmen? Potenzielle Kandidaten bringen sich bereits in Stellung. Britische Abgeordnete erwarten einen Zweikampf zwischen einem Brexit-Befürworter und einem Brexit-Gegner.

Von Tobias Armbrüster | 25.05.2019
Prime Minister Theresa May announces date of her resignation as Conservative Party leader, at No.10 Downing Street, London . 24/05/2019. London, United Kingdom. Theresa May announces resignation date. PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxHUNxONLY xNilsxJorgensenx/xi-Imagesx IIM-19719-0016
Wer folgt auf Theresa May? (imago images / i Images)
Es ist der Tag nach dem Rücktritt und das Rennen um die Nachfolge von Theresa May hat begonnen. Vier Tory-Abgeordnete haben schon offen ihre Kandidatur erklärt. Aber in London rechnet man damit, dass bis zu 20 Abgeordnete in den nächsten Tagen ihr Interesse bekunden. Ganz vorne Boris Johnson, der ehemalige Außenminister, er hat schon gesagt, dass er gerne übernehmen möchte und dass er Ende Oktober den Austritt aus der EU durchsetzen will – zur Not auch ohne Deal, harter Brexit also. Der Tory-Abgeordnete Daniel Kawczynski zählt zu seinen Unterstützern.
"Boris Johnson hat zweimal die Bürgermeister-Wahlen in London gewonnen – und wir wollen bei den Konversationen jemanden haben, der im Wahlkampf erprobt ist, jemanden der unsere Botschaft auch zu anderen Wählergruppen rüberbringt. Ich bin nicht überrascht, dass er als Favorit gilt."
Zweikampf zwischen Brexit-Gegner und Befürworter erwartet
Boris Johnson hält sich zur Zeit mit Interviews zurück – er weiß, dass er auch viele Gegner hat, vor allem in der Fraktion. Viele halten den blonden Mann mit den Wuschelhaaren für einen Clown, einen Selbstdarsteller ohne eindeutige politische Linie. Bei solchen Auswahl-Entscheidungen hat es bei den Konservativen in der Vergangenheit immer wieder Überraschungen gegeben, selten ist der Favorit ins Amt gekommen, auch mit Theresa May haben vor drei Jahren am Anfang die wenigsten gerechnet. Es könnte also auf einen Kandidaten hinauslaufen, auf den sich unterschiedliche Seiten einigen können. Der Außenminister Jeremy Hunt zum Beispiel, der hat gestern auch seinen Hut in den Ring geworfen, der Abgeordnete Grant Shapps stellt sich in den kommenden Tagen auf ein spannendes politisches Schauspiel ein.
"Ich vermute mal, es wird am Ende auf einen Zweikampf hinauslaufen, zwischen einem Brexit-Gegner und einem Befürworter. Jeremy Hunt hat da glaube ich gute Chancen, er hat ja beim Referendum für einen Verbleib in der EU gestimmt – auf der anderen Seite hätten wir dann vielleicht den ehemaligen Brexit-Minister Dominic Raab oder Boris Johnson. "
Rücktrittsrede brachte viele zum Nachdenken
Bei den Tories hat inzwischen aber auch die Fehler-Suche eingesetzt – was ist falsch gelaufen in den letzten drei Jahren? Was hätte die Premierministerin, was hätte die Partei besser machen müssen. Die Rücktrittsrede gestern, bei der Theresa May am Schluss den Tränen nahe war, hat viele zum Nachdenken gebracht. Auch ihren Vorgänger David Cameron.
"Das ist ein trauriger Moment für sie. Sie hat viel Leidenschaft in ihren Job gesteckt, und sie hat ihrem Land gerne gedient. So wie ich das auch gemacht habe – und es ist dann schwierig zu ertragen, wenn deine Zeit plötzlich vorbei ist."
Europawahl: Prognosen für Konservative bei unter zehn Prozent
Der Nachfolger oder die Nachfolgerin von Theresa May soll Ende Juli fest stehen. Klar ist aber auch: Mit einem neuen Leader und einem neuen Premier haben die Tories kein einziges ihrer Probleme gelöst. Die Gräben zwischen Hard-Linern und Moderaten in der Fraktion sind immer noch da – und die EU zeigt keine Bereitschaft noch einmal über das Austritts-Abkommen zu verhandeln. Und die britischen Konservativen erwartet schon der nächste Schock: Bei den Europa-Wahlen steuert die Partei auf einen beispiellosen Absturz zu – viele Umfragen sagen ihr ein Ergebnis von unter zehn Prozent voraus.