Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Großbritannien und Brexit
Die Macht der nordirischen DUP

Im britischen Unterhaus ist Premierministerin Theresa May auf die Unterstützung der DUP-Abgeordneten angewiesen. In der wichtigen Haushaltsabstimmung wollen sie die Regierung zwar unterstützen. Im Zuge der Brexit-Verhandlungen könnte sich das aber ändern.

Von Friedbert Meurer | 01.11.2018
    Die Parlamentsmitglieder der Democratic Unionist Party (DUP), Sammy Wilson (L) und Nigel Dodds (R), gehen am 24. Oktober 2018 in Richtung 10 Downing Street in London, um an einem Treffen teilzunehmen.
    Bedingte Unterstützung für May. Abgeordnete der nordirischen Democratic Unionist Party (DUP) (AFP /Tolga Akmen)
    Showdown im Unterhaus – so hätte es heute kommen können in Westminster. Aber das große Drama ist wieder einmal kurzfristig abgeblasen worden. Die nordirische DUP, deren zehn Abgeordnete die Regierung Theresa Mays tolerieren, werden heute doch nicht wie angedroht gegen den Haushalt stimmen. Noch ist es nicht soweit, gegenüber May die Muskeln spielen zu lassen, meint der Brexit-Sprecher der DUP, Sammy Wilson:
    "Wenn bei den Brexit-Verhandlungen mit der EU herausgekommen wäre, dass Nordirland vom Rest des Vereinigten Königreichs getrennt wird, dann würden wir jetzt den Haushalt ablehnen. Denn das ist der einzige Hebel für uns, den wir gegenüber der Regierung haben. Aber wir wissen ja noch nicht, wie die Verhandlungen ausgehen. Da wäre es rücksichtslos von uns, jetzt gegen den Haushalt zu stimmen. Aber sie sollen nicht glauben, dass sie mit Nordirland machen können, was sie wollen."
    Also, aufgehoben ist nicht aufgeschoben. Es folgen weitere Gelegenheiten, um die konservative Regierung unter Druck zu setzen, zum Beispiel wenn demnächst über die Reform der Sozialhilfe abgestimmt wird. Schatzkanzler Philip Hammond versucht derweil auf seine Weise, die Nordiren kompromissbereit zu stimmen.
    Geld und Grenzkontrollen
    320 Millionen Pfund, umgerechnet 360 Millionen Euro werden Nordirland also im neuen Haushalt in Aussicht gestellt. Aber diesmal geht es der DUP nicht ums Geld, sondern um Wichtigeres. Die DUP fürchtet, dass die Regierung in London der EU einerseits zusagt, dass die Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland offen bleibt. Aber um den Preis, dass dann Kontrollen zwischen Nordirland und Großbritannien eingeführt werden. Professor Paul Dixon ist Nordirland-Experte am Birkbeck-College in London:
    "In Nordirland geht es sehr stark um Symbole. Wenn es zu Grenzkontrollen in der Irischen See kommt, dann ist das von hoher Symbolkraft und problematisch für die DUP."
    Die DUP habe Angst, meint Professor Dixon, von London verraten zu werden, wie schon so oft. Überhaupt interessierten sich die Briten kaum noch für Nordirland und empfänden die Provinz eher als Ballast.
    "Die Unionisten in Nordirland haben allen Grund, argwöhnisch zu sein. Sie wissen, dass sie im Prinzip keine großen Sympathien in der konservativen Partei genießen. Aber sie sind sich bewusst, dass sie von Theresa May gebraucht werden."
    Nicht nur stur
    Halsstarrig, fundamentalistisch – das ist das Image der DUP. Wird eine Einigung in Brüssel jetzt an der DUP und ihrer Kompromisslosigkeit scheitern? Professor Dixon vom Londoner Birkbeck-College meint: nicht unbedingt.
    "Die DUP scheint eine fundamentalistische Partei zu sein. Aber manchmal kann man Nuancen und feine Abweichungen in ihren Positionen erkennen, zum Beispiel indem sie ja der Machtteilung in Nordirland zustimmte. Hinter aller Rhetorik lässt sich vielleicht eine Formel finden, die es der DUP doch erlaubt, mit irgendeiner Art von Kontrollen in der Irischen See zu leben."