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Großbritannien und die EU
Nächste Runde der Brexit-Verhandlungen

Großbritannien und die Europäische Union verhandeln ab diesem Montag wieder über den für 2019 geplanten Brexit. Seit ihrem Start im Juni sind die Gespräche kaum vorangekommen. Inzwischen gerät die britische Regierung auch im eigenen Land unter Druck.

Von Jens-Peter Marquardt | 28.08.2017
    EU-Chefunterhändler Michel Barnier (r) und der britische Brexit-Minister David Davis begrüßen sich am 19.06.2017 bei ihrer Ankunft in Brüssel vor einem gemeinsamen Statement.
    Reden sie wieder aneinander vorbei? EU-Chefunterhändler Michel Barnier und der britische Brexit-Minister David Davis. (dpa/picturealliance/Virginia Mayo)
    Gut möglich. dass David Davis und Michel Barnier heute wieder aneinander vorbei reden. Die Briten wollen einfach nicht akzeptieren, dass die EU-Kommission zunächst nur über drei Bereiche reden will: Über die Abschlusszahlungen, die die Briten beim Austritt leisten sollen, über die EU-Außengrenze, die nach dem Austritt zwischen dem britischen Nordirland und der Republik Irland verlaufen wird, und den Status der EU-Bürger in Großbritannien und der britischen Bürger in der EU.
    Nicht immer wird klar, was die Briten wirklich wollen
    Die Regierung in London findet, dass man in diesen Bereichen nur Fortschritte erzielen kann, wenn man sich über die gesamten zukünftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU im Klaren sei. Deshalb haben die Briten jetzt eine ganze Reihe von Positionspapieren zu den zukünftigen Beziehungen vorgelegt. Doch nicht immer wird darin klar, was die Briten wirklich wollen – das gibt sogar Brexit-Minister David Davis zu und spricht von "konstruktiver Mehrdeutigkeit", die man von Zeit zu Zeit in solchen Verhandlungen brauche.
    London will auch in Zukunft freien Handel zwischen der Insel und dem Kontinent, ohne Zölle und andere Handelshemmnisse – so, als wäre man weiterhin Mitglied des Binnenmarktes und der Zollunion, ohne tatsächlich Mitglied zu sein, und zum Beispiel ohne Freizügigkeit für EU-Bürger. Ein Positionspapier machte den Verhandlungspartnern in Brüssel kurzzeitig Hoffnung, die Briten könnten auch in Zukunft die Entscheidungen des EU-Gerichtshofs akzeptieren. Doch diese Hoffnung machte Premierministerin Theresa May schnell zunichte. Wenn Großbritannien die EU verlasse, dann werde man auch die Rechtsprechung des EU-Gerichts verlassen, sagte May.
    Der Ton im Streit um die Austrittszahlungen hat sich beruhigt
    Und die Gespräche über den Status der Bürger werden jetzt auch noch durch Briefe des britischen Innenministeriums belastet, die zahlreiche EU-Bürger zum Verlassen des Landes aufforderten – ein Irrtum, wie das Innenministerium inzwischen erklärte. Immerhin hat sich der Ton im Streit um die Austrittszahlungen etwas beruhigt. Außenminister Boris Johnson wiederholte vor dieser Verhandlungsrunde nicht mehr, dass er auf die Geldforderungen der EU pfeife, sondern erklärte jetzt, die Briten würden ihre Verpflichtungen erfüllen. Johnson sagte aber nicht, wie viel die Briten nach Brüssel überweisen werden.
    Doch nicht nur in Brüssel, sondern auch im eigenen Land gerät die britische Regierung jetzt unter Druck, mehr Kompromissbereitschaft zu zeigen. Die Labour Party, die größte Oppositionspartei im Londoner Unterhaus, forderte die Regierung auf, zumindest für eine Übergangszeit Mitglied im Europäischen Binnenmarkt und in der Zollunion zu bleiben. Der Parteivorsitzende Jeremy Corbyn sagte zur Begründung:
    "Wir müssen eine Übereinkunft erzielen, die langfristig die Handelsbeziehungen mit Europa und die Arbeitsplätze hier in Großbritannien schützt. Unsere Industrie hängt vom freien Handel mit Europa ab. Wir wickeln die Hälfte unseres Handels mit der EU ab – wir müssen die Arbeitsplätze schützen."
    Die neue Labour-Position könnte für die Regierung zum Problem werden
    Die Labour-Party schließt jetzt auch nicht mehr aus, dass das Land auf Dauer im Binnenmarkt und der Zollunion bleibt, ähnlich wie Norwegen, das kein Mitglied der EU ist. Diese neue Labour-Position, mit der auch einige EU-freundliche Konservative sympathisieren, könnte für die Regierung im Parlament zum Problem werden – die Konservativen halten sich seit der Unterhauswahl im Juni nur mithilfe einiger Stimmen der nordirischen Protestanten an der Macht.