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Großbritanniens EU-Austritt
Warten auf den E-Day

In Großbritannien steht die Woche der Wahrheit an. Viele halten es für möglich, dass Premierministerin Theresa May am Dienstag schon förmlich den Antrag auf "Exit", auf den Austritt aus der EU einreicht. Durch die Wahlen in den Niederlanden und dem Parteitag der Schottischen Nationalpartei diese Woche wäre es günstig für May, schnell Fakten zu schaffen.

Von Friedbert Meurer | 13.03.2017
    Die Flagge Großbritanniens über der Londoner Oxford Street nach dem Brexit-Referendum
    Manche jubeln schon: Diese Woche nahe der E-Day, behauptet zum Beispiel die "Daily Mail". (dpa / picture alliance / Andy Rain)
    Die britischen Boulevard-Zeitungen blicken dem Ereignis schon voll Vorfreude entgegen. Diese Woche nahe der E-Day, jubelte die "Daily Mail", der Tag des Exits aus der Europäischen Union. Mit dem fröhlichen Marschlied aus dem Kriegsfilm "Gesprengte Ketten" hatte die Leave-Kampagne seinerzeit für den Austritt aus der EU geworben. Die Regierung aber verzichtet derzeit auf alle martialischen Töne. Außenminister Boris Johnson beschwört, man wolle Freunde bleiben.
    "Wir wünschen uns eine starke Europäische Union. Wir entwickeln ein neues Verhältnis auf der Basis von Freundschaft und Partnerschaft mit einem starken Vereinigten Königreich."
    Die Queen wartet schon auf den Brief mit dem Gesetzestext
    Die Vorbereitungen in London laufen auf Hochtouren. Heute tagen Unter- und Oberhaus, die Queen wartet schon auf den entscheidenden Brief mit dem Gesetzestext. Das House of Lords wird am Ende wohl nachgeben, nachdem es letzte Woche Änderungen gefordert hatte.
    "Die Entscheidung fiel am 23. Juni des letzten Jahres", warnt David Davis noch einmal die Peers im Oberhaus. "Der Austritt aus der EU geschieht jetzt. Manche sagten den 6. März voraus, den 9., den 15. - jedes Datum hat unterschiedliche Implikationen."
    Bis Ende März will Theresa May Fakten schaffen. Am Mittwoch, dem 15. März, aber wird in den Niederlanden gewählt. Am 17. und 18. März kommt die Schottische Nationalpartei zu ihrem Parteitag zusammen. Das gilt auch als ungünstig. Am 25. März feiert die EU in Rom ihr 60-jähriges Bestehen. Ein Brief in den Tagen davor würde die Party crashen. Und danach tickt die Uhr. Also lieber jetzt, morgen, am Dienstag? Premierministerin May hat für 13.30 Uhr eine Rede im Unterhaus angekündigt.
    Was kommt danach?
    Ob dann die Gespräche mit der EU reibungslos verlaufen, daran hat Crispin Blunt allerdings Zweifel. Er ist Vorsitzender des außenpolitischen Ausschusses im Unterhaus. "Es ist gut möglich, dass es keine Einigung mit der EU gibt. Vielleicht hat das sogar eine größere Wahrscheinlichkeit. Das hätte ernsthafte Folgen für alle. Die Regierung muss für diesen Fall einen Plan haben."
    Auch wenn morgen E-Day sein sollte, der Beginn des Exits aus der EU – die Gegner wollen nicht aufgeben. Einer der Rebellen heißt Michael Heseltine, einst konservativer Vize-Premierminister. Vor wenigen Tagen wurde er von Theresa May als Regierungsberater entlassen. Auf die Frage, ob die Briten ihre Meinung noch ändern werden, meinte er:
    "Ja, aber nicht durch mein Engagement, sondern bedingt durch das, was kommen wird. Pfund-Abwertung, Inflation. Auch viele Konservative, die für Remain waren, sind bitter enttäuscht. Ich werde bleiben und weiter kämpfen."