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Großer Stilist in Hollywood

Vor 100 Jahren wurde John Huston geboren, einer der größten Regisseure des klassischen Hollywood. Er drehte mit allen großen Stars der 40er und 50er Jahre, darunter an erster Stelle Humphrey Bogart, der mehrfach in seinen Filmen auftrat. Der 1987 gestorbene John Huston galt als Schauspieler-Regisseur und wirkte selbst gerne als Darsteller in den Filmen anderer Regisseure mit.

Von Josef Schnelle | 05.08.2006
    "Policeman: What is it?

    Bogart: The stuff that dreams are made of."

    Die geniale Drehbuchzeile vom "Stoff, aus dem die Träume sind" hatte John Huston aus Shakespeares "Sturm" geklaut. Doch in der fremden Welt des Gangsterfilms "Der Malteser Falke" meinte dieser Schlusssatz 1941, von Humphrey Bogart gesprochen, während er nachdenklich auf die schwarze Falkenstatue blickt, etwas ganz Anderes. Er wurde zum geflügelten Wort, beschrieb er doch die Erfolgsformel im klassischen Hollywood der 40er Jahre – die Traumfabrik Kino.

    Mit diesem, seinem ersten Film war John Huston über Nacht zum gefragtesten Regisseur der Filmmetropole geworden. Er hatte nach einem Roman von Dashiell Hammett einen neuen Stil kreiert – den Film Noir, düsteres Schwarz-Weiß-Kino mit gebrochenen Helden und rätselhaften Frauen. Auf dieses Genre ist John Huston immer wieder zurückgekommen. Er spielte 1974 mit seiner unverwechselbaren sonoren Stimme in Roman Polanskis "Chinatown" mit großem Vergnügen den noch vom Rollstuhl aus gefährlich drohenden Boss der Bosse.

    John Huston galt mit seinem extravaganten Lebensstil als Renaissance-Mensch. Von Dreharbeiten, die wie eine Mischung aus Abenteuersafaris und Sauftouren wirkten, berichteten Katherine Hepburn und Lauren Bacall. Der amerikanische Filmhistoriker Andrew Sarris beschrieb ihn als den "erfindungsreichsten Regisseur seiner Generation". John Huston revolutionierte sämtliche amerikanischen Genres und entdeckte ein gutes Dutzend der wichtigsten Stars Hollywoods. 1948 erhielt er zwei Oscars für Buch und Regie von " Der Schatz der Sierra Madre", in dem er seinem Vater Walter Huston an der Seite von Humphrey Bogart noch einmal eine Traumrolle verschafft hatte. Am Ende des Abenteuerfilms einer Schatzsuche verweht der Goldstaub in der Sierra Madre begleitet von einem denkwürdigen Lachanfall Walter Hustons.

    John Huston wurde am 5. August 1906 als Sohn der Zeitungsreporterin Rhea Gore und des Volksschauspielers Walter Huston geboren. Neben den genialen Gestaltungsideen als Drehbuchautor und Schauspieler wurde er für seine sensible Regiekunst gerühmt. Lauren Bacall, Montgomery Clift, Ava Gardner und natürlich Humphrey Bogart schwärmten davon. Den eindrucksvollsten Beweis dafür aber lieferte Huston 1960 mit "Misfits - Nicht gesellschaftsfähig", als er Marilyn Monroe kurz vor ihrem Tod noch einmal zeigen ließ, was sie war: das große pochende mitfühlende Herz in einer Männerdomäne. Der Film schildert das traurige Leben dreier Männer, die Wildpferde einfangen, die dann zu Hundefutter verarbeitet werden. Marilyn, die in diese Gesellschaft von Losern gerät, ist zunächst entsetzt von deren Rohheit. Dann aber entdeckt Sie die schöne Seele zum Beispiel des rauen Cowboys Clark Gable. Es sollte auch sein letzter Film werden.

    Nach zwölf weiteren Oskar-Nominierungen und zahlreichen Preisen für das Lebenswerk schien in den 70er Jahren Hustons Stern zu verblassen. Doch es gelang ihm noch einmal ein Comeback mit dem ironischen Mafiafilm "Die Ehre der Prizzis", in dem Hustons Tochter Angelika die Hauptrolle spielte. Schon schwer gezeichnet von seiner Lungenkrankheit erfüllte sich Huston noch einmal einen Herzenswunsch und verfilmte eine Kurzgeschichte von James Joyce: "The Dead". In der Nacht zum 29. August 1987, als seine Hommage an Irland auf den Filmfestspielen von Venedig uraufgeführt wurde, starb John Huston, das überlebensgroße Kraftwerk der Filmkunst.