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Großer Wurf und kleine Sprünge

Deutschland braucht mehr Kinder. Dieses Ziel haben sich Familienpolitiker seit Jahren auf die Fahnen geschrieben. Die große Koalition will nun Ernst machen mit Anreizen zur Familiengründung. Doch unüberschaubare Förderung und fehlende Betreuungsangebote lassen Zweifel aufkommen.

Von Philip Banse | 08.02.2006
    Verena Mörad und Uwe Lehnhard sind beide berufstätig. Sie arbeitet als Journalistin, er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Bundesinstitut. Die beiden haben zwei Kinder: Karl Jannis geht ganztags in die Kita, ihre fünfjährige Tochter Line besucht nach der Schule einen Hort.
    Familien wie die Mörads, also Doppelverdiener mit Kindern, will die Bundesregierung stärker unterstützen: Wer Geld für Betreuung der Kinder ausgibt, soll weniger Steuern zahlen. Im April, so der Plan der Fraktionsspitzen, soll das "Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung" verabschiedet sein und rückwirkend zum 1. Januar gelten. Verena Mörad und Uwe Lehnhard dürften dann in diesem Jahr ein paar Euro mehr in der Tasche haben.

    Der Steuerbescheid der Mörads weist aus: zu versteuerndes Einkommen: gute 50.000 Euro. Kita und Hort kosten monatlich 250 Euro, also 3000 Euro im Jahr. Bisher gilt: Absetzbar ist nur der Teil der Kinderbetreuungskosten, der über der Grenze von gut 1500 jährlich liegt, bei 3000 Euro Kinderbetreuungskosten dürfen die Mörads also 1500 Euro vom zu versteuernden Einkommen abziehen.

    Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Doppelverdiener und arbeitende Alleinerziehende bald zwei Drittel der Kinderbetreuungskosten vom zu versteuernden Einkommen abziehen können – und zwar ab dem ersten Euro. Ehepaar Mörad könnte also statt 1500 dann 2000 Euro abziehen. Ersparnis durch das neue Gesetz: 164 Euro - im Jahr. Nicht viel, aber besser als nichts, sagt Verena Mörad.

    "Ja, auf jeden Fall, besser als jetzt, jeden Cent, den wir sparen. Zwei Kinder sind teuerer als eins, wir mussten umziehen, da freut man sich über jeden Cent."

    Susanne Buchholz hat Zwillinge, anderthalb Jahre alt. Jeden Tag sind die beiden fünf Stunden in der Kita. Dann kann die selbstständige Drehbuchautorin Geld verdienen. Viel kommt nicht zusammen: 18.000 Euro muss Susanne Buchholz versteuern. Bisher konnte sie die Kosten der Kita nicht absetzen, weil sie unter 1500 Euro lagen. Demnächst soll die allein erziehende Mutter zwei Drittel der Kinderbetreuungskosten vom zu versteuernden Einkommen abziehen können. Jährliche Steuerersparnis: 225 Euro.

    "Eine gewisse Erleichterung schon, aber es nicht viel Geld, was man dadurch spart."

    Das werden vor allem Familien sagen, bei denen nur einer Geld verdient. Sie dürfen erst zwei Drittel der Betreuungskosten steuerlich absetzen, wenn ihr Kind drei Jahr alt ist.

    450 Millionen Euro hat Finanzminister Steinbrück bewilligt. Nicht viel, wenn man bedenkt, dass der Staat schon heute jedes Jahr für die Familienförderung um die 150 Milliarden Euro ausgibt.

    Mehr Kinderbetreuungskosten von der Steuer absetzen – spürbar entlastet wird nur, wer viel Steuern zahlt und hohe Betreuungskosten hat.

    In München oder Stuttgart werden nur drei Prozent der unter dreijährigen Kinder den ganzen Tag in einer Kindertagesstätte betreut. Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz haben nur Kinder ab drei Jahren, für einen halben Tag. Wollen die Eltern arbeiten, müssen sie Tagesmütter oder Kinderfrauen bezahlen, nicht einmal die Woche drei Stunden, sondern acht, neun Stunden, fünf Tage die Woche. Bei mehreren Kindern kommen da schnell 2500 Euro zusammen, jeden Monat. Einer der beiden Doppelverdiener arbeitet also nur für die Kinderbetreuung.

    Diese Paare würden mehr vom Gesetz profitieren als Menschen mit geringem Einkommen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund nennt das eine soziale Schieflage. Gisela Erler, 15 Jahre lang Bildungsforscherin am Deutschen Jugendinstitut und heute Inhaberin einer Vermittlung für Tagesmütter, sagt: Es ist richtig, vor allem wohlhabenden, gebildeten Doppelverdienern die Kindererziehung zu erleichtern.
    "Das sind nicht viele Leute, aber man muss mal sehen: Das ist die Gruppe in Deutschland, die am höchsten qualifiziert ist, die Unterstützung brauchen, um qualifiziert zu sein und Familie haben zu können. Wir sind ja ein Land, wenn wir es mal krass sagen, in dem vorwiegend Leute mit geringer Bildung sich noch leisten können, Kinder zu haben. Wir sind ein Land, in dem die Elite gar nicht die Möglichkeit bekommt, Kinder zu reproduzieren. Diese Frauen entscheiden sich ja sonst nicht dafür, zu Hause zu bleiben, sondern das sind die Frauen, die sonst keine Kinder bekommen."

    Diese Sätze könnten auch von Ursula von der Leyen stammen. Noch auf der Kabinettsklausur in Genshagen wurde auf Drängen der Familienministerin beschlossen: Von Kinderbetreuungskosten soll nur jener Betrag vom zu versteuernden Einkommen abgezogen werden können, der über 1000 Euro liegt.

    SPD und CSU wollten auch Geringverdiener fördern und verlangten: Auch Kinderbetreuungskosten unter 1000 Euro sollten bereits absetzbar sein. Nach wochenlangem Streit einigten sich schließlich die Fraktionsspitzen und das Kabinett beschloss, was jetzt Gesetz werden soll: Erwerbstätige Alleinerziehende und Doppelverdiener dürfen zwei Drittel ihrer Kinderbetreuungskosten abziehen, auch wenn es weniger als 1000 Euro sind. Alleinverdiener dürfen das erst, wenn ihr Kind drei Jahre alt ist. Ursula von der Leyen kann damit leben:

    "Es war eine lange und eine schwere Geburt. Aber die große Koalition hat ein gemeinsames Kind, es ist gut geworden, es hat sich gelohnt."

    Das fand auch SPD-Fraktionschef Peter Struck.

    "Es ist heute ein guter Tag für die Familien in Deutschland. Nicht nur weil wir heute deutliche Verbesserungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erreicht haben, sondern auch weil wir den Kabinettsbeschluss aus Genshagen deutlich verbessert haben."

    Doch die Kritiker können solche Auftritte nicht überzeugen, die Mängelliste ist lang.

    Hans-Joachim Vanscheid leitet die Abteilung Steuerpolitik beim Bund der Steuerzahler. Im Prinzip begrüßt der Steuerfachmann, dass Eltern künftig mehr Kinderbetreuungskosten abziehen können sollen.

    "Allerdings sehen wir bei den vorgelegten Vorschlägen, dass sie viel zu kompliziert sind. Wir befürchten, dass die Eltern und Alleinerziehenden gar nicht überschauen, welche Regel für sie am günstigsten ist."

    Der Steuerzahlerbund wünscht sich verständliche Regelungen. Die Mutter Susanne Buchholz könnte mit dem Gesetz leben...

    "Wenn es denn wenigstens so wäre, dass man einen Vorteil hätte Doppelverdienern gegenüber, dass man zum Beispiel nicht nur zwei Drittel abziehen könnte, wenn man alleinerziehend ist, sondern die volle Summe."

    Die verbesserte Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten wird geregelt im "Gesetz zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung". Familien sollen ermuntert werden, Tagesmütter einzustellen. Neben einer besseren Kinderbetreuung erhofft sich die Bundesregierung davon einen wirtschaftlichen Impuls im Niedriglohnsektor.

    Das Ehepaar Mörad genießt den freien Nachmittag, die beiden Kinder sind in guten Händen.

    "Die sind bei Tantchen, unserer kostenlosen Tagesmutter. Die kostet nur einen Kaffee."

    Das Doppelverdiener-Ehepaar Mörad verdient netto rund 3300 Euro. Bisher leistet sich die Familie keine Tagesmutter. Sollten die Ausgaben absetzbar sein, könnte sich das ändern, sagt Verena Mörad:

    "Ich würde auf jeden Fall drüber nachdenken. Dann wird man sich auf jeden Fall mal eine Beratung beim Steuerberater leisten müssen, um mal auszurechnen, wie viel Ersparnis hätte ich dann tatsächlich und würde sich das für mich lohnen, meinetwegen ein halbes Jahr früher anzufangen zu arbeiten."
    Doch ob Familien Tausende Tagesmütter heuern, weil sie die Rechnungen beim Finanzamt einreichen können, ist fraglich. Obwohl das Thema seit Wochen in den Medien diskutiert wird - die Auftragslage bei den Landesverbänden der Tagesmütter in Bayern und Baden-Württemberg ist bisher unverändert. Selbst Nicolette Kressl, die als stellvertretende Vorsitzende der
    SPD-Bundestagsfraktion das Gesetz ausgehandelt hat, bezweifelt, dass es Arbeitsplätze schafft:

    "Wir hatten ja schon mal unter dem Begriff Dienstmädchenprivileg eine ähnliche Regelung, und die war beschäftigungspolitisch erwiesenermaßen nicht so riesig erfolgreich."

    Nur eine kleine Finanzspritze für Familien, zu kompliziert, konjunktureller Impuls zweifelhaft – auch wird niemand ein Kind kriegen, weil er die Betreuungskosten besser absetzen kann, sagt die Journalistin und zweifache Mutter Verena Mörad.

    "Ich glaube nicht, dass das irgendwie für so eine Entscheidung relevant ist. Da hängt so viel mehr dran als - lass es nur 5000 Euro im Jahr sein. Das wird nicht auf die Waagschale gelegt, Kinder zu kriegen. Das ist eher ein zeitlicher Faktor, in meinem Fall Karriereknick, zurückstellen von eigenen Bedürfnissen."

    Auch die Familienforscherin Gisela Erler sagt: Die verbesserte Absetzbarkeit von Betreuungskosten ist gut, bringt aber nicht viel.

    "Wir müssen es vor allem möglich machen, dass junge Frauen in den Beruf zurückkehren können und auch ihre berufliche Fähigkeiten einbringen können und trotzdem ein gutes Gefühl haben bei der Kinderbetreuung. Das ist das, was am meisten fehlt. Deswegen finde ich das Ziel dieser Maßnahme richtig, aber es ist nicht genug."

    Frauen müssen Beruf und Familie besser verbinden können – nur dann werden mehr Kinder geboren, sagt Erler. Finanzielle Unterstützung der Familien spiele dabei eine wichtige Rolle. Weit mehr als die Absetzbarkeit von Betreuungskosten, so Erler, bringe das Elterngeld.

    Dieses Projekt der rot-grünen Regierung hat sich Ursula von der Leyen zu Eigen gemacht. Elterngeld heißt: Wenn Mutter oder Vater zu Hause bleiben, um das Kind zu betreuen, zahlt der Staat zwei Drittel des letzten Einkommens. Dann werde nicht immer nur die Frau den Job aufgeben, weil sie in der Regel weniger verdient, sagt SPD-Expertin Nicolette Kressl. Sie rechnet damit, dass das Elterngeld in Herbst 2007 erstmals ausgezahlt wird.

    Genug Zeit für die konservativen CDU-Landesfürsten ein wichtiges Element des Elterngeldes zu torpedieren: die Papa-Monate. Geplant ist bisher, das volle Elterngeld nur zu zahlen, wenn auch der Vater mal pausiert – das passt nicht ins Familienbild vieler CDU-Politiker. Doch gerade diese Papa-Monate machen das Elterngeld so wertvoll, sagt Bildungsforscherin Gisela Erler: Wenn Väter sich gleich zu Beginn – und sei es noch so kurz – an der Kinderbetreuung beteiligen, sei das Fundament für eine stabile Familie und weitere Kinder gelegt:

    "Man weiß, dass dann die Familie insgesamt sich mit hoher Wahrscheinlichkeit sich partnerschaftlicher entwickelt und auch die Entscheidung für zweite Kinder leichter fällt, weil viele Frauen einfach schon sagen: Ich möchte nicht alleinerziehende Mutter eines Kindes sein, und mein Mann ist der einzige, der draußen ist."

    Das Elterngeld mit Papa-Monat könnte also das Vertrauen in die Väter stärken - damit wäre viel gewonnen, wie eine Allensbach-Umfrage nahe legt. Danach sagen 40 Prozent aller Deutschen
    zwischen 20 und 45 Jahren, dass sie keine Kinder bekommen, weil sie ihrem Partner nicht vertrauen.

    Mehr Geld, mehr Vertrauen - zwei wichtige Faktoren für eine höhere Geburtenrate. Doch Frauen wollen nicht nur Kleider, Miete und Betreuung zahlen und dem Partner vertrauen können. Viele wollen auch schnell wieder arbeiten - was Arbeitgeber begrüßen.

    "Die Wirtschaft will, dass ihre Leute stressfrei arbeiten können", sagt Alexandra Hoffert, Leiterin des Referats Soziale Sicherung beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Der Deutsche Gewerkschaftsbund entgegnet: Dann gebt euren Mitarbeitern langfristige Verträge und behandelt 30-jährige Akademiker nicht wie Praktikanten. Die DIHT-Volkswirtin Alexandra Hoffert regt an, dass Arbeitgeber Tagesmütter mieten oder für ihre Mitarbeiter Kindergartenplätze finanzieren.

    Doch für die Infrastruktur sei immer noch der Staat zuständig. Hoffert hat 1700 Kitas befragen lassen, um herauszufinden, wie arbeitende Mütter unterstützt werden könnten. Ergebnis:

    "Die Öffnungszeiten der Kitas sind Stolpersteine bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf."

    Zwar öffnen alle Kitas um 7 Uhr 30. Aber nur 5 von 100 haben länger geöffnet als 18 Uhr.

    "Nicht jede Kita hat das Selbstverständnis, kundenorientiert zu arbeiten, auf Erwerbstätige einzugehen. Die klassische Kita im Westen sagt: Okay, das normale Familienmodell ist Alleinverdiener, einer bleibt zu Hause, in der Regel die Mutter und unsere Betreuung deckt den Zeitraum 8 Uhr bis 12 Uhr ab. Das ist das normale Selbstverständnis einer West-Kita.

    Man kann sich kaum vorstellen, wie schwierig es ist, sein Kind nicht wohnortnah betreuen zu lassen. Das heißt, ich wohne in der Gemeinde A, möchte aber dass in der Gemeinde B mein Kind zur Kita geht. Dann ist mein Kind sofort ein so genanntes Gastkind, für das es keine Zuschüsse gibt, denn Zuschüsse gibt es in der Regel nur für die wohnortnahe Betreuung. Das heißt, die Kita B müsste einen Antrag stellen auf Bezuschussung. Da macht man sich keine Vorstellung wie aufwändig das ist und dann sagen die meisten schon: Ne, wir nehmen keine Gastkinder."

    Hofferts Zauberwort heißt: Kooperation. Wenn zum Beispiel fünf Kitas vereinbaren, dass reihum jede auch mal am Samstag öffnet, sei das oft schon eine große Hilfe. Solch eine seltene Kooperation ist in Berlin zu besichtigen.

    Die Kita Pestalozzi-Froebel-Haus in Berlin. Weil nicht jede Schule Ganztagsbetreuung anbieten kann, ermöglicht das Berliner Schulgesetz Kooperationen mit Kindertagesstätten. 90 Kinder der Stechlinsee-Grundschule kommen jetzt jeden Tag um 13.30 Uhr in die Kita und werden dort betreut. Die Eltern entscheiden: Bleibt das Kind bis 16 Uhr oder bis 17 Uhr. Je länger, desto teurer.

    Die Idee ist gut, sagt Kita-Leiterin Anette Nicolas-Hesse. Aber ihr fehlt das Geld für größere Räume und gut ausgebildete Erzieherinnen. Die innovative Ganztagsbetreuung lebt vom Idealismus der Kitabesatzung.

    "Es ging mehr als ans Limit. Das war wochenlange Wochenendarbeit. Wir haben unseren Urlaub hier verbracht. Wir mussten uns überlegen: Was brauchen Schulkinder nach der Schule? Wir mussten uns überlegen, wie verlieren wir die Kinder nicht aus dem Blick, wie gestalten wir das An- und Abmeldeverfahren, wie machen wir das, dass uns keine Kind durch die Lappen geht?"

    Kinder von 1 bis 10 unter einem Dach, viele von ihnen oft Migranten mit schlechten Deutschkenntnissen – da sind keine Aufpasser gefragt, sondern Pädagogen. Doch viele Kommunen sind de facto pleite, die Qualität der Früherziehung leidet, sagt Barbara Höll, Abgeordnete der Linksfraktion im Bundestag:

    "Ich habe in Leipzig einen Stadtrat der Linksfraktion, der ist jetzt in einer Kindertagesstätte als Ein-Euro-Jobber tätig. Ein junger Mann Anfang 30, dem das sicher liegt, ist aber nicht seine Ausbildung. Er macht das, so gut er kann. Aber für unsere Kinder sollte uns das wert sein, dass wir ausgebildete Erzieher hinschicken, weil ein Bildungsauftrag nur so zu realisieren ist."

    Bildungsforscher wie Gisela Erler plädiere für eine akademische Ausbildung von Erziehern.

    "Ich halte es gar nicht für undenkbar, dass man auch mit unseren Kräften arbeiten kann – vorausgesetzt sie werden gut fortgebildet. Aber wenn man an die nächste Generation denkt, werden alles diese Ausbildungen akademisiert werden."

    Verbesserte Absetzbarkeit von Betreuungskosten, Elterngeld, flexible Kindertagesstätten mit kompetenten Erziehern – alles gute Argumente, damit Paare ja zu Kindern sagen. Doch Politiker und Bildungsexperten sind sich einig: All diese Bemühungen werden fruchtlos bleiben, wenn nicht mehr Betreuungsplätze eingerichtet werden. In Kindergärten und Kindertagesstätten, Ganztagsschulen.

    Die SPD-Expertin Nicolette Kressl verweist auf das Tagesbetreuungsausbau-Gesetz, verabschiedet von Rot-Grün. Das verpflichtet die Kommunen in den nächsten vier Jahren ausreichend Kitaplätze Kinder zwischen eins und drei anzubieten. Ausreichend, so Kressl, heißt: 230.000 zusätzliche Kitaplätze bis 2010.

    "Wir haben im Koalitionsvertrag festgeschrieben, dass wir bis 2008 überprüfen, ob das die Kommunen tatsächlich einhalten. Und wenn wir feststellen, dass weniger als 90 Prozent der Kommunen das auch tun, werden wir einen Rechtsanspruch ab dem ersten Lebensjahr einführen."

    In fünf Jahren also sollen in Deutschland mehr als drei von hundert Kindern unter drei Jahren einen ganztägigen Betreuungsplatz haben – am Föderalismus darf dieses ehrgeizige Projekt nicht scheitern, sagt Erler.

    "Es ist heute schwer, das Geld zu finden. Ich bin aber auch der Ansicht, auf Grund der Geburtenrate, der wirtschaftlichen Entwicklung, das ohne Kinderbetreuung dieses Land an die Wand fährt. Dieses Land hat keine Zukunft, es hat auch keine wirtschaftliche Zukunft, wenn es nicht schafft, ein Bildungswesen und ein Betreuungswesen zu installieren, das zeitgemäß ist. Ohne Betreuung werden wir die Geburtenrate nicht steigern können."