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Gründlich gescheitert

In der Drohnen-Affäre muss Bundesinnenminister de Maizière am Mittwoch einer Aktuellen Stunde im Bundestag Rede und Antwort stehen. Im Hintergrund erläutert Rolf Clement die Probleme bei der Entwicklung der Drohne Euro Hawk und ihr Aus.

Von Rolf Clement | 04.06.2013
    "Drohnen-Debakel" und "Euro Hawk-Affäre" – die Schlagworte prägten schnell die Debatte, nachdem Verteidigungsminister Thomas de Maizière vor drei Wochen das noch in der Entwicklung stehende Programm Euro Hawk gestoppt hatte. Sofort wurde er bedrängt, die Hintergründe zu erläutern, schließlich stand im Raum, dass ein dreistelliger Millionenbetrag verschwendet worden sein könnte. De Maizière aber handelte nach dem Grundsatz "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" und versprach, in der nächsten Sitzung des Verteidigungsausschusses ausführlich über das Projekt zu berichten. Am Mittwochvormittag nun ist es soweit – dann wird sich auch zeigen, ob die persönliche Verteidigungsstrategie des Ministers aufgeht.

    Euro Hawk ist eine Aufklärungsdrohne, die aus einer Höhe von 20.000 Metern Regionen aufklären und Bilder von strategisch wichtigen Einrichtungen erfassen kann. Diese Daten werden dann an eine Bodenstation übermittelt. Die Entwicklung dieses Systems verlief nicht wie geplant, wie Thomas de Maizière vor drei Wochen im Bundestag einräumen musste:

    "Wenn Kosten aus dem Ruder zu laufen drohen, dann ziehen wir lieber die Reißleine, auch in Zukunft. Lieber ein Schrecken mit Ende als ein Schrecken ohne Ende, und das werden wir auch in diesem Fall chronologisch genau dokumentieren."

    Doch da war die politische Debatte bereits in vollem Gange. Für den verteidigungspolitischen Sprecher der Grünen, Omid Nouripour, hatte Euro Hawk nichts von seinem Schrecken verloren:

    "Das Ende des Schreckens ist noch gar nicht absehbar, wir wissen noch nicht, was noch alles kommen wird. Sie haben ein Millionenloch gegraben, von dem Sie selbst nicht mehr wissen, wie tief es eigentlich ist."

    Das Programm sei zu spät gestoppt worden, so der Vorwurf an den Verteidigungsminister. Ohne Not sei ein dreistelliger Millionenbetrag versenkt worden. Die Probleme bei der Zulassung seien lange bekannt.

    Turbulenzen bei vielen Bundeswehrprojekten
    Eigentlich hätte die Drohne schon im vergangenen Herbst an die Luftwaffe geliefert werden sollen. Dazu kam es bekanntlich nicht. Damit ist Euro Hawk eines von vielen Rüstungsprojekten der Bundeswehr, die in Turbulenzen geraten sind. Der Militärtransporter A 400 M ist ein weiteres Beispiel, auch der Eurofighter. Bei der Beschaffung von Korvetten für die Marine wurde aus Kostengründen ein einfacheres Getriebe gewählt – in der Ostsee konnte die Korvette damit gut fahren, in der raueren Nordsee schon kamen die Schiffe nicht voran.

    Aktuell verzögert sich die Indienststellung eines Einsatzgruppenversorgers und zweier U-Boote signifikant.

    Für diese Verzögerungen gibt es unterschiedliche Ursachen. Manchmal haben sich die Entwicklungsabteilungen der Firmen verschätzt, manchmal gab es Probleme mit den Zulieferern, manchmal war der Kostenrahmen einfach zu eng. In manch einem Fall hat auch die Bundeswehr Ursachen für Verzögerungen oder Preissteigerungen geschaffen: Sie hat in der Entwicklungsphase neue Wünsche geäußert, die dann eine Umplanung erforderlich machten.

    Basisgerät des Euro Hawks genügt nicht Anforderungen
    Der aktuelle Fall Euro Hawk liegt anders. Hier müssen zwei Bestandteile unterschieden werden: zum einen das Fluggerät selbst. Es ist ein in den USA in den 1990er-Jahren gefertigtes Modell. In dieses Flugzeug sollte zum anderen eine Aufklärungselektronik eingebaut werden, die von europäischen Firmen – insbesondere deutschen – entwickelt wurde, ebenfalls auf höchstem technologischem Niveau. Dieses Radarsystem trägt den Namen ISIS. Die Probleme bei der Drohne Euro Hawk liegen im Wesentlichen in dem Teil, der aus den USA geliefert wurde: Das Basisgerät genügt nicht den Anforderungen, die der zivile Luftverkehr fordert. Die technologischen Neuentwicklungen dagegen haben die bisherigen Tests sehr gut bestanden.

    Was genau soll Euro Hawk leisten? Bei den Überlegungen, welche Aufgaben Streitkräfte künftig wahrnehmen, spielt die Fähigkeit zur Aufklärung eine immer zentralere Rolle. Das ist in der Militärgeschichte nichts grundlegend Neues. Der Spähtrupp früherer Jahrhunderte zielte auch darauf ab, zu erfahren, wo der Gegner stationiert ist und wo er möglicherweise angreifen wird. Heute wird dies mit Spitzentechnologie betrieben.

    So verfügen die NATO-Streitkräfte über verschiedene Aufklärungssysteme, die unterschiedliche Aufgaben haben. Bekannt ist in diesem Zusammenhang das AWACS-System, ein Flugzeug, das einen recht großen Raum aufklären kann. Dieses System wird von der NATO betrieben. Daneben verfügen die USA noch über nationale AWACS-Systeme. Das heißt aber, dass die NATO beziehungsweise die USA über die Daten verfügen können. Wenn Deutschland also sicher sein will, dass es Zugriff auf die unbearbeiteten Rohdaten hat, braucht es auch eigene Systeme.

    Gerade diese Rohdaten sind die wesentlichen Informationsquellen zur sicherheitspolitischen und militärischen Lagebeurteilung. In Afghanistan zum Beispiel arbeitet die Bundeswehr mit kleineren Aufklärungsdrohnen, die in Israel geleast wurden.

    Drohne mit 40 Stunden Flugdauer
    Euro Hawk basiert technisch auf dem Global Hawk – einem Fluggerät aus den USA. Es hatte seinen Erstflug in den Vereinigten Staaten am 28. Februar 1998. Im Einsatz ist die Drohne für die USA seit 2001. Sie fliegt in einer Höhe von 20.000 Metern, also deutlich über dem zivilen Flugverkehr. Dabei folgt sie einem vorab eingegebenen Flugplan, der von der Bodenstation jederzeit verändert werden kann. In diesem Sinn ist es kein automatischer Flug. Es handelt sich um ein Langstreckenflugzeug, das bis zu 40 Stunden in der Luft bleiben kann. Vor allem wegen dieser hohen Flugdauer ist die Drohne nach Ansicht der Streitkräfte deutlich besser für eine intensive und dauerhafte Aufklärung geeignet als jedes andere Flugsystem.

    In Deutschland wurde die Entwicklung dieses Systems von Anfang an mit großem Interesse verfolgt. Denn um die Jahrtausendwende war absehbar, dass mit dem heraufziehenden Laufzeitende des Aufklärungsflugzeugs Breguet Atlantic ein neues System erforderlich würde. Nun stellten die Verantwortlichen in Deutschland fest, dass die Neuentwicklung eines bemannten Aufklärungsflugzeuges, wie es die Breguet Atlantic war, zu teuer und auch technisch überholt war.

    Man stellte eine sogenannte Fähigkeitslücke fest. Das heißt: Die Bundeswehr musste, um einsatzfähig zu sein, die Fähigkeit haben, Aufklärungsdaten zu beschaffen. Diese Lücke konstatierte damals auch die rot-grüne Koalition. Verteidigungsminister war Rudolf Scharping. In der aktuellen Diskussion will der damalige Umweltminister und heutige Fraktionschef der Grünen, Jürgen Trittin, nichts davon wissen, dass Euro Hawk damals schon im Kabinett ein Thema war:

    "Nein, überhaupt nicht, wir haben keinen Vertrag abgeschlossen."

    Das ist formal richtig – der Vertrag wurde später geschlossen. Der FDP-Politiker Jürgen Kopellin lässt das aber nicht gelten. Der Abgeordnete ist für den Wehretat zuständig:

    "Das, was Herr Trittin sich da gerade leistet, ist schon ein starkes Stück, denn Herr Trittin saß im Bundeskabinett bei Rot-Grün und hat gerade diese Drohne im Bundeskabinett mit beschlossen. Würde ich heute einen Untersuchungsausschuss einberufen – wir sind leider am Ende der Legislaturperiode, sonst hätten wir das machen müssen – wäre Herr Trittin einer meiner ersten Zeugen."

    Dass die Legislaturperiode zu Ende geht, hindert allerdings nicht alle Parlamentarier daran, einen Untersuchungsausschuss zu fordern. So forderte namentlich Jürgen Trittin den Verteidigungsminister auf, die Lage am Mittwoch im Bundestag eindeutig aufzuklären. Andernfalls müsse diese Aufgabe ein Untersuchungsausschuss übernehmen.

    Um die Fähigkeitslücke der Bundeswehr zu schließen, so entschied die rot-grüne Bundesregierung damals, sei ein auf deutsche Bedürfnisse umgestaltetes System wie Global Hawk eine gute Option. Nach den Anschlägen auf New York und Washington am 11. September 2001 haben die USA den Global Hawk einfach eingesetzt – über Zulassungsfragen hat in den USA zum damaligen Zeitpunkt niemand gesprochen. Später hieß es dann: Nun fliegt das Gerät schon, jetzt braucht man die Zulassungsverfahren nicht mehr anzustrengen. Denn die Aufklärungsdrohne flog so gut wie nie im US-amerikanischen Luftraum, sondern fast nur in Einsatzländern. Wenn sie in den USA startete oder landete, geschah dies über der Wüste von Nevada – dort gibt es so gut wie keinen zivilen Luftverkehr.

    Erst bei der Überführung des deutschen Prototyps nach Deutschland 2009 stellte die US-Luftfahrtbehörde fest, dass der Global Hawk nicht über US-Gebiet fliegen darf, weil er die Zulassung für den zivilen Luftverkehr nicht hatte. Er musste große Umwege fliegen – und dabei riss zeitweise für einige Minuten der Kontakt zur Bodenstation ab: Die Drohne kam dabei auch von der geplanten Route ab. Aus den internen Papieren, die Grundlage für den Bericht sind, den der Minister am Mittwoch vorlegen wird, geht hervor, dass die Satelliten nicht richtig justiert waren. Dieser Mangel soll jetzt behoben sein.

    In Afghanistan stürzte Ende 2001 eine Maschine wegen Tragflächenproblemen ab. Daraufhin wurden die Materialien und die Verarbeitung der Tragflächen geändert. Und diese Änderung, so Kenner der Szene, wurde damals nicht ausreichend dokumentiert – man war ja schließlich im Krieg. Diese fehlende Dokumentation ist ein Grund dafür, warum die Zulassung des Euro Hawk nun in Deutschland Probleme macht. Bei Vertragsschluss ahnte das allerdings noch niemand. Jetzt aber ist das Teil der Kritik. Der SPD-Politiker Arnold:

    "Wenn man bei den Amerikanern Hochtechnologie erwirbt, wird immer ne Blackbox drin sein, wo hochsensible Technologien, vor allem im Software-Bereich, und der Kunde hat keinen Zugriff auf diese Daten, das heißt: Man kann so ein Projekt auch nicht selbst weiterentwickeln."

    Vertrag über Euro Hawks unter Großer Koalition
    2007 schloss die Bundesregierung einen Vertrag mit der Firma Euro Hawk GmbH, einer Firma, die Northrop und EADS eigens zur Entwicklung dieses Fluggeräts geschaffen haben. Danach sollte Deutschland zunächst ein Modell Global Hawk bekommen, drei weitere sollten nach Abschluss der deutschen Entwicklung beschafft werden – vorausgesetzt alles klappte, wenn also die in Europa entwickelte Aufklärungstechnik mit dem Fluggerät harmonierte.

    Verteidigungsminister in der Großen Koalition war damals Franz-Josef Jung von der CDU. Doch Verträge dieser Art bedürfen auch immer der Zustimmung des Finanzministers. Einige in der Union verweisen nun darauf, dass das damals der Sozialdemokrat Peer Steinbrück war. Einzelheiten dieses Vertrages wird der Verteidigungsminister vermutlich morgen im Bundestag erläutern. Jürgen Trittin dagegen hat seine Erinnerung bereits mitgeteilt:

    "Selbst in dem Vertrag steht noch drinne, dass die Zulassung im deutschen Luftgebiet eine zwingende Voraussetzung ist, und diese Voraussetzung war nach 2011, nach der Überführung nicht mehr gegeben. Und spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte nach unserer Überzeugung Herr de Maizière die Reißleine ziehen müssen."

    Die Zulassung der Drohne in Deutschland ist im Vergleich zu den USA aufwendiger. Denn in den Vereinigten Staaten und auch in Italien fliegt die Drohne lediglich mit einer militärischen Zulassung. Eine zivile Zulassung ist bisher nirgendwo nötig gewesen. So hat auch in Deutschland zunächst niemand damit gerechnet, dass sie hierzulande einer zivilen Zulassung bedarf. Der Grund: In einer Flughöhe von 20.000 m operiert sie im zulassungsfreien Raum, also deutlich über dem zivilen Luftverkehr. Allerdings begründet die deutsche Flugsicherung mit Start und Landung, mehr noch mit der Gefahr eines unfallbedingten Absinkens in die Region des Zivilverkehrs eine zivile Zulassungspflicht.

    Die Umstände, die einer Zulassung für die zivile Nutzung, entgegenstehen, sind dem Ministerium seit 2009 bekannt. So berichtete der "Spiegel" in dieser Woche von einem Vermerk, in dem die Rüstungsabteilung des Ministeriums schon im Februar 2012 erhebliche Bedenken gegen das Projekt niedergelegt hatte. Die Führung des Ministeriums wurde nicht ständig, aber immer wieder über den Stand der Dinge informiert, so auch im vergangenen Jahr.

    Seit 2009 wurde nun versucht, einerseits die bestehenden Mängel zu heilen, andererseits die Entwicklung des Radarsystems ISIS zu Ende zu führen. Deswegen entschied Verteidigungsminister Thomas de Maizière zunächst, das Projekt fortzuführen. Für die Zulassung entscheidende Unterlagen wurden im vergangenen Oktober nach Deutschland geliefert, sie wurden bis April ausgewertet. Daraus ergab sich, dass das Nachrüsten zwar möglich, aber unverhältnismäßig teuer ist. Deshalb entschied Verteidigungsminister Thomas de Maizière jetzt - im Mai 2013 -, dass dieses Projekt Ende September abgebrochen wird – zu dem Zeitpunkt, zu dem das System ISIS vollständig entwickelt sein soll.

    In diesem Zusammenhang wird immer wieder darauf hingewiesen, dass es sich bei Euro Hawk um ein Entwicklungsprogramm handele, das auch einmal scheitern könne. Unabhängig davon brauche die Bundeswehr die Aufklärungsfähigkeit, die Euro Hawk biete, so Generalinspekteur Volker Wieker.

    "Lassen Sie mich dazu nur sagen, dass zu einer Gebäudesanierung gelegentlich auch eine kontrollierte Sprengung gehört, deren Zuschnitt und Timing allerdings so anzulegen sind, dass die zukunftsfähigen Segmente zunächst einmal gesichert werden müssen."

    Die Entscheidung de Maizières, das Projekt Euro Hawk zu stoppen, hat auch eine bündnispolitische Dimension. Das US-System Global Hawk, das Grundmuster also, soll als NATO-System mit einem US-Radar in den Aufklärungsverbund der Allianz eingefügt werden. Dazu sollen zunächst fünf Fluggeräte für die NATO angeschafft werden. Diese Beschaffung ist politisch auf sehr hoher Ebene beschlossen worden. Bei der Gipfelkonferenz der NATO im Mai vergangenen Jahres in Chicago war die Luft-Boden-Aufklärung eines der wenigen konkreten gemeinsamen Projekte, auf die sich die Staats- und Regierungschefs der NATO festgelegt haben, damals unter starkem Druck der deutschen Regierung.

    Die Global Hawk sollen in Süditalien stationiert werden, dort, wo jetzt schon US-Systeme stehen. In Italien fliegen die US-Systeme mit einer militärischen Sondergenehmigung. Bei Start und Landung des Systems wird der Luftraum über dem Fliegerhorst gesperrt. Da dieser Fliegerhorst an der Küste liegt, ist der zivile Luftverkehr davon nur sehr wenig betroffen. Jedenfalls gehen die Vertreter der NATO davon aus, dass Global Hawk von Italien aus eingesetzt werden kann, dass die nötigen Zulassungen dort erteilt werden. An diesem Projekt ist Deutschland mit 483 Millionen Euro beteiligt, 110 Millionen sind bereits überwiesen.

    In Deutschland wird nun darüber diskutiert, ob die deutsche Beteiligung daran auch gestoppt werden soll. Der CDU-Haushaltspolitiker Norbert Barthle:

    "Wenn für den Euro Hawk keine Flugerlaubnis für Deutschland erreicht werden kann wegen Sicherheitsmängeln, dann kann ich mir nicht vorstellen, dass ein NATO-Flugzeug Deutschland überfliegen darf."

    Deutschland "vertragstreu" bei Global Hawk
    Ein Ausstieg ist nach der Vertragsgestaltung wohl möglich, allerdings wird der deutsche Beitrag dafür wohl trotzdem fällig. Und es wäre ein Politikum. In Brüssel, bei der NATO, wird dieser Teil der deutschen Diskussion mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Am Rande des Treffens der NATO-Verteidigungsminister bekräftigte de Maizière am Dienstagnachmittag allerdings, Deutschland werde sich "vertragstreu" verhalten und sich weiter an dem europäischen Projekt beteiligen. In Bezug auf das deutsche Drohnenprojekt Euro Hawk hält sich die Industrie bislang mit Stellungnahmen freundlich zurück. Den kursierenden Zahlenspielen, wonach die für eine Zulassung erforderliche Nachrüstung des Euro Hawk nochmals rund 600 Millionen kosten würde, tritt Bernhard Gerwert, der Vorstandsvorsitzende von Cassidian, der Firma, die ISIS entwickelt hat, aber entschieden entgegen:

    "Wir haben eine Schätzung gemacht, also vor allem unser Partner Northrop von rund 200 Millionen nach dem Wissen, was wir heute haben. Alles andere ist Spekulation."

    Und dann platzte in diese hitzige Debatte noch ein anderer Termin: Die Bundesregierung musste – wegen parlamentarischer Fristen – eine Anfrage der SPD zum Ankauf bewaffnungsfähiger Drohnen beantworten. Aussage: Ja, die Bundesregierung will bis 2016 Drohnen des kleinen, in Afghanistan schon genutzten, niedrig fliegenden Typs kaufen, die bewaffnungsfähig sind.

    Um seinem Grundsatz "Gründlichkeit vor Schnelligkeit" gerecht zu werden, setzte Thomas de Maizière eine Arbeitsgruppe ein. Geleitet wird sie vom Chef der neuen Abteilung für Ausrüstung Detlef Selhausen – er war auch Leiter der ehemaligen Rüstungsabteilung, die für Euro Hawk Verantwortung trug. Er sollte nun klären, was in den vergangenen zehn Jahren gelaufen ist – in einer Bundeswehr, bei der durch verschiedene Umstrukturierungen erst einmal geklärt werden musste, wer eigentlich für dieses Projekt wann verantwortlich war. Eine aufwändige Aufklärung, räumt der Verteidigungsminister ein:

    "Das Projekt hat eine Laufzeit von über zehn Jahren, die Aufarbeitung erfordert daher Sorgfalt und Gründlichkeit. Wir brauchen ein aussagefähiges Gesamtbild und nicht eine Diskussion über Einzelinformationen."

    Am Mittwoch wird man sehen, ob die vielen zusammengetragenen Einzelinformationen ein solches Gesamtbild ergeben. Es ist zu erwarten, dass Thomas de Maizière die verteidigungspolitischen Sprecher zunächst einmal mit einer Menge Material konfrontiert, das studiert sein will. Ob die sich im Wahljahr allerding dafür die nötige Zeit nehmen, darf bezweifelt werden. Die Opposition richtet sich gegen einen Minister, den sie bis vor drei Wochen noch gelobt hat. De Maizière war bislang eine solide Stütze des Kabinetts und vor den Turbulenzen um Euro Hawk schon als Nachfolger der Bundeskanzlerin gehandelt worden. Und so geht es bei der Aufklärung am Mittwoch um weit mehr als um eine Drohne.