Dennoch scheint die Stimmung bei der Truppe nicht ganz so schlecht wie in der Vergangenheit. Die Zahl der Beschwerden beim Wehrbeauftragten ist zurückgegangen und über den Jahresbericht von Wilfried Penner und die morgige Regierungserklärung von Peter Struck will ich jetzt reden mit dem verteidigungspolitischen Sprecher der Grünen, Fraktionsvizechef Winfried Nachtwei. Guten Morgen!
Winfried Nachtwei: Guten Morgen Herr Heinlein.
Heinlein: Herr Nachtwei, was ist Ihr Eindruck? Ist die Stimmung bei der Truppe wieder besser geworden?
Nachtwei: Ob sie besser geworden ist, das lässt sich glaube ich aus dem leichten Rückgang der Eingaben noch nicht ablesen. Die Stimmung in der Truppe ist unterschiedlich je nach Region, je nach Thema. Wir erfahren es immer wieder, dass die Stimmung in den Friedenseinsätzen eigentlich sehr gut ist, abgesehen davon, dass auf den Balkan-Regionen die Frage immer stärker in den Vordergrund kommt, ja wann kommt es denn eigentlich zu weiterer politischer Bewegung. Das ist das eine Positive. Wo es eben doch etwas kritisch ist: im Innland, und zwar bezogen auf immer neue Strukturreformen, die ja notwendig sind, aber die eine entsprechende Planungssicherheit für die Bundeswehrsoldaten und ihre Angehörigen zur Zeit nicht so richtig zulassen. Insofern glaube ich etwas gespaltene Stimmung.
Heinlein: Der Wehrbeauftragte Penner sprach gestern von einem ununterbrochenen Anpassungsdruck, dem die Soldaten ausgesetzt seien. Was belastet denn die Soldaten am stärksten: die Auslandseinsätze, die Reformen oder die Standortschließungen? Was ist Ihr Eindruck?
Nachtwei: Die Soldaten sind ja auch in unterschiedlicher Weise von diesen verschiedenen Herausforderungen und Belastungen betroffen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Standortentscheidungen, vor allem solange sie noch nicht klar sind, am meisten belastend wirken.
Heinlein: Sind die Soldaten insgesamt reformmüde?
Nachtwei: Nein, reformmüde würde ich nicht sagen. In allen Gesprächen, die ich führe, wird immer wieder deutlich, dass man sieht, dass die Bundeswehr sich auf die neuen Aufgaben umstellen muss. Aber sie sehen gleichzeitig die Schwierigkeiten dabei und sie möchten natürlich Licht am Ende des Tunnels sehen.
Heinlein: Nun, Herr Nachtwei, die Veränderungen gehen ja weiter. Morgen wird der Verteidigungsminister im Bundestag seine Reformpläne öffentlich machen. Wissen Sie denn, was drin steht in seiner Regierungserklärung?
Nachtwei: Genau weiß ich es nicht, aber ich kann es mir ungefähr vorstellen. Er wird die neue Konzeption der Bundeswehr vorstellen, wo die Bundeswehr der Zukunft differenziert wird nach Eingreifkräften, Stabilisierungskräften und Unterstützungskräften, also wo nicht wie bisher ungefähr 150000 Soldaten der Einsatzkräfte alle alles können sollen. Diese Differenzierung ist sehr richtig. Sie leitet sich ab aus den Erfahrungen bisheriger Auslandseinsätze, aus den internationalen Verpflichtungen. Zu diesem Komplex wird er garantiert deutlich etwas sagen.
Heinlein: Wird er denn auch etwas sagen über weitere Einsparungen im Verteidigungshaushalt? In dieser Woche wurde ja viel spekuliert. Die Rede ist von 250 Millionen Euro zusätzlich. Wissen Sie wie hoch die zusätzlichen Kürzungen ausfallen werden im kommenden Jahr?
Nachtwei: Wie hoch sie ausfallen werden kann ich nicht sagen und hierzu gibt es ja in der Tat den Streit, den Sie vorher in der Anmoderation angedeutet haben. Der Minister wird garantiert die finanziellen Grundlagen der Transformation der Bundeswehr ansprechen und deutlich machen, dass hier einen Konsolidierungsbeitrag der Bundeswehr in einem geringeren Rahmen sicher weiter geleistet wird, dass aber solche Art von Einsparungen, wie Sie gerade auch angesprochen haben und die dann in die Größenordnung von 500 Millionen gehen könnten, die Grundlagen der laufenden Transformation wieder zunichte machen würden.
Heinlein: Aber sind 250 Millionen oder auch mehr Millionen Euro Einsparungen angesichts der bereits beschlossenen Milliarden-Einsparungen nicht eigentlich nur Peanuts?
Nachtwei: Nein. Die jetzt konzipierte Transformation der Bundeswehr ist, wie es so heißt, auf Rand gemäht und da können dann in der Tat 250, 300 Millionen genau der Schritt über die Grenze sein.
Heinlein: Also Sie teilen die Meinung der Opposition, es besteht die Gefahr, dass die Bundeswehr kaputtgespart wird?
Nachtwei: Nein, so habe ich das nicht gesagt, sondern ich meine, dass diese jetzigen weiteren Einsparforderungen des Finanzministeriums die Grundlagen der Transformation zunichte machen würden. Aber ich meine nicht, dass die Bundeswehr insgesamt zu Tode gespart würde. Das trifft nicht zu.
Heinlein: Was glauben Sie denn, wer wird diesen Streit am Kabinettstisch für sich entscheiden: Hans Eichel oder Peter Struck?
Nachtwei: Das kann man zur Zeit noch nicht sagen. Ich hoffe, dass sich dabei die Vernunft insofern durchsetzt, dass im Kabinett gesehen wird, für die gestiegene Verantwortung der Bundesrepublik in der internationalen Politik brauchen wir in der Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik insgesamt stabile Mittel.
Heinlein: Sie haben, Herr Nachtwei, in etwa angedeutet, was Peter Struck morgen in seiner Regierungserklärung sagen wird. Wird er denn auch etwas sagen zum Ende der Wehrpflicht? Ihre Partei ist ja dafür, für eine Abschaffung der Wehrpflicht. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass Ihr Koalitionspartner, die SPD, von diesem Vorhaben Stück für Stück dann auch noch überzeugt wird?
Nachtwei: Sicher wird der Minister selbst nichts zu einem Abschied von der Wehrpflicht sagen. Er wird - so kann man annehmen - diese noch mal bekräftigen. Aber wenn ich mir das reale Tun des Ministeriums ansehe, immer weniger Wehrpflichtige einzuziehen, dann läuft das ja darauf hinaus, die Wehrgerechtigkeit immer mehr in Zweifel zu ziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat ja vor einigen Jahren festgestellt, die Wehrpflicht ist gleich belastende Pflicht. Dieses ist sie immer weniger. Insofern ist sie auch verfassungsrechtlich immer problematischer. Ich denke, dass allein durch diesen Prozess wir in diesem oder im nächsten Jahr zu der Entscheidung kommen, den Abschied aus der Wehrpflicht zu organisieren.
Heinlein: Glauben Sie, dass Peter Struck in dieser Frage bereits den geordneten Rückzug angetreten hat?
Nachtwei: Ich interpretiere einige Schritte von ihm in diese Richtung, weil nämlich insgesamt seine Bundeswehrpolitik durch Realismus gekennzeichnet ist.
Heinlein: Letzte Frage Herr Nachtwei. Die Union hat angekündigt, sie will eine Verfassungsänderung erreichen, um die Bundeswehr künftig auch im Innland einsetzen zu können. Was halten Sie denn von diesem Vorhaben?
Nachtwei: Das halte ich für falsch und für überflüssig, weil für den Schutz im Inneren sind die Organe der inneren Sicherheit zuständig. Wo es einen Ergänzungsbedarf gibt, weil die entsprechenden Mittel der Polizei und des Bundesgrenzschutz fehlen, wie zum Beispiel Luftsicherheit, da können wir dieses gesetzlich entsprechend regeln.
Heinlein: Das war der Grünen-Fraktionsvizechef Winfried Nachtwei heute Morgen hier im Deutschlandfunk. - Herr Nachtwei, ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören!
Winfried Nachtwei: Guten Morgen Herr Heinlein.
Heinlein: Herr Nachtwei, was ist Ihr Eindruck? Ist die Stimmung bei der Truppe wieder besser geworden?
Nachtwei: Ob sie besser geworden ist, das lässt sich glaube ich aus dem leichten Rückgang der Eingaben noch nicht ablesen. Die Stimmung in der Truppe ist unterschiedlich je nach Region, je nach Thema. Wir erfahren es immer wieder, dass die Stimmung in den Friedenseinsätzen eigentlich sehr gut ist, abgesehen davon, dass auf den Balkan-Regionen die Frage immer stärker in den Vordergrund kommt, ja wann kommt es denn eigentlich zu weiterer politischer Bewegung. Das ist das eine Positive. Wo es eben doch etwas kritisch ist: im Innland, und zwar bezogen auf immer neue Strukturreformen, die ja notwendig sind, aber die eine entsprechende Planungssicherheit für die Bundeswehrsoldaten und ihre Angehörigen zur Zeit nicht so richtig zulassen. Insofern glaube ich etwas gespaltene Stimmung.
Heinlein: Der Wehrbeauftragte Penner sprach gestern von einem ununterbrochenen Anpassungsdruck, dem die Soldaten ausgesetzt seien. Was belastet denn die Soldaten am stärksten: die Auslandseinsätze, die Reformen oder die Standortschließungen? Was ist Ihr Eindruck?
Nachtwei: Die Soldaten sind ja auch in unterschiedlicher Weise von diesen verschiedenen Herausforderungen und Belastungen betroffen. Ich könnte mir vorstellen, dass die Standortentscheidungen, vor allem solange sie noch nicht klar sind, am meisten belastend wirken.
Heinlein: Sind die Soldaten insgesamt reformmüde?
Nachtwei: Nein, reformmüde würde ich nicht sagen. In allen Gesprächen, die ich führe, wird immer wieder deutlich, dass man sieht, dass die Bundeswehr sich auf die neuen Aufgaben umstellen muss. Aber sie sehen gleichzeitig die Schwierigkeiten dabei und sie möchten natürlich Licht am Ende des Tunnels sehen.
Heinlein: Nun, Herr Nachtwei, die Veränderungen gehen ja weiter. Morgen wird der Verteidigungsminister im Bundestag seine Reformpläne öffentlich machen. Wissen Sie denn, was drin steht in seiner Regierungserklärung?
Nachtwei: Genau weiß ich es nicht, aber ich kann es mir ungefähr vorstellen. Er wird die neue Konzeption der Bundeswehr vorstellen, wo die Bundeswehr der Zukunft differenziert wird nach Eingreifkräften, Stabilisierungskräften und Unterstützungskräften, also wo nicht wie bisher ungefähr 150000 Soldaten der Einsatzkräfte alle alles können sollen. Diese Differenzierung ist sehr richtig. Sie leitet sich ab aus den Erfahrungen bisheriger Auslandseinsätze, aus den internationalen Verpflichtungen. Zu diesem Komplex wird er garantiert deutlich etwas sagen.
Heinlein: Wird er denn auch etwas sagen über weitere Einsparungen im Verteidigungshaushalt? In dieser Woche wurde ja viel spekuliert. Die Rede ist von 250 Millionen Euro zusätzlich. Wissen Sie wie hoch die zusätzlichen Kürzungen ausfallen werden im kommenden Jahr?
Nachtwei: Wie hoch sie ausfallen werden kann ich nicht sagen und hierzu gibt es ja in der Tat den Streit, den Sie vorher in der Anmoderation angedeutet haben. Der Minister wird garantiert die finanziellen Grundlagen der Transformation der Bundeswehr ansprechen und deutlich machen, dass hier einen Konsolidierungsbeitrag der Bundeswehr in einem geringeren Rahmen sicher weiter geleistet wird, dass aber solche Art von Einsparungen, wie Sie gerade auch angesprochen haben und die dann in die Größenordnung von 500 Millionen gehen könnten, die Grundlagen der laufenden Transformation wieder zunichte machen würden.
Heinlein: Aber sind 250 Millionen oder auch mehr Millionen Euro Einsparungen angesichts der bereits beschlossenen Milliarden-Einsparungen nicht eigentlich nur Peanuts?
Nachtwei: Nein. Die jetzt konzipierte Transformation der Bundeswehr ist, wie es so heißt, auf Rand gemäht und da können dann in der Tat 250, 300 Millionen genau der Schritt über die Grenze sein.
Heinlein: Also Sie teilen die Meinung der Opposition, es besteht die Gefahr, dass die Bundeswehr kaputtgespart wird?
Nachtwei: Nein, so habe ich das nicht gesagt, sondern ich meine, dass diese jetzigen weiteren Einsparforderungen des Finanzministeriums die Grundlagen der Transformation zunichte machen würden. Aber ich meine nicht, dass die Bundeswehr insgesamt zu Tode gespart würde. Das trifft nicht zu.
Heinlein: Was glauben Sie denn, wer wird diesen Streit am Kabinettstisch für sich entscheiden: Hans Eichel oder Peter Struck?
Nachtwei: Das kann man zur Zeit noch nicht sagen. Ich hoffe, dass sich dabei die Vernunft insofern durchsetzt, dass im Kabinett gesehen wird, für die gestiegene Verantwortung der Bundesrepublik in der internationalen Politik brauchen wir in der Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik insgesamt stabile Mittel.
Heinlein: Sie haben, Herr Nachtwei, in etwa angedeutet, was Peter Struck morgen in seiner Regierungserklärung sagen wird. Wird er denn auch etwas sagen zum Ende der Wehrpflicht? Ihre Partei ist ja dafür, für eine Abschaffung der Wehrpflicht. Wie groß ist Ihre Hoffnung, dass Ihr Koalitionspartner, die SPD, von diesem Vorhaben Stück für Stück dann auch noch überzeugt wird?
Nachtwei: Sicher wird der Minister selbst nichts zu einem Abschied von der Wehrpflicht sagen. Er wird - so kann man annehmen - diese noch mal bekräftigen. Aber wenn ich mir das reale Tun des Ministeriums ansehe, immer weniger Wehrpflichtige einzuziehen, dann läuft das ja darauf hinaus, die Wehrgerechtigkeit immer mehr in Zweifel zu ziehen. Das Bundesverfassungsgericht hat ja vor einigen Jahren festgestellt, die Wehrpflicht ist gleich belastende Pflicht. Dieses ist sie immer weniger. Insofern ist sie auch verfassungsrechtlich immer problematischer. Ich denke, dass allein durch diesen Prozess wir in diesem oder im nächsten Jahr zu der Entscheidung kommen, den Abschied aus der Wehrpflicht zu organisieren.
Heinlein: Glauben Sie, dass Peter Struck in dieser Frage bereits den geordneten Rückzug angetreten hat?
Nachtwei: Ich interpretiere einige Schritte von ihm in diese Richtung, weil nämlich insgesamt seine Bundeswehrpolitik durch Realismus gekennzeichnet ist.
Heinlein: Letzte Frage Herr Nachtwei. Die Union hat angekündigt, sie will eine Verfassungsänderung erreichen, um die Bundeswehr künftig auch im Innland einsetzen zu können. Was halten Sie denn von diesem Vorhaben?
Nachtwei: Das halte ich für falsch und für überflüssig, weil für den Schutz im Inneren sind die Organe der inneren Sicherheit zuständig. Wo es einen Ergänzungsbedarf gibt, weil die entsprechenden Mittel der Polizei und des Bundesgrenzschutz fehlen, wie zum Beispiel Luftsicherheit, da können wir dieses gesetzlich entsprechend regeln.
Heinlein: Das war der Grünen-Fraktionsvizechef Winfried Nachtwei heute Morgen hier im Deutschlandfunk. - Herr Nachtwei, ich danke für das Gespräch und auf Wiederhören!