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Grüner Punkt
Ein Fall für die Tonne

Die Kommunen wollen die Entsorgung von Verpackungen wieder selbst organisieren. Das Duale System sei gescheitert, sagte der Vize-Präsident des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), Patrick Hasenkamp. Nur 20 Prozent des Mülls aus der gelben Tonne würde wiederverwertet.

Von Verena Kemna | 10.04.2014
    Laut einer Forsa-Umfrage wünscht sich mehr als die Hälfte der Befragten, dass künftig die Kommunen und nicht wie bisher private Entsorger für das Recycling von Verpackungen zuständig sein sollen. Jeder dritte Verbraucher vermutet, dass mindestens die Hälfte des Verpackungsmülls aus der gelben Tonne oder dem gelben Sack wiederverwertet wird. Doch die realen Recyclingquoten sind viel schlechter. Das Meiste wird verbrannt, erklärt Hans- Joachim Reck vom Verband kommunaler Unternehmen, kurz VKU. Nach über zwei Jahrzehnten Verpackungsverordnung hat der Verband ein Gutachten erstellen lassen. VKU- Präsident Reck zieht eine ernüchternde Bilanz.
    "Was gegenwärtig passiert, ist zweierlei. Der Bürger ist völlig verwirrt, er weiß gar nicht, wie er vernünftig entsorgen soll. Zweitens ist das, was da gemacht wird, volkswirtschaftlich unsinnig. Die Rückführung von Verpackungsmaterialien in den wichtigen Sekundärrohstoffkreislauf beträgt nur 20 Prozent. Das heißt, wir haben Masse bei der Abfallentsorgung, aber keine Qualität."
    Auch das eigentliche Ziel der Verordnung, nämlich die Reduzierung von Verpackungen, sei nicht erkennbar. Kunststoffverpackungen hätten in den vergangenen Jahren sogar um 25 Prozent zugenommen. Es sei längst gängige Praxis, dass Unternehmen, die Verpackungen in Umlauf bringen, dafür keine Lizenzen zahlen, erklärt Hans-Joachim Reck.
    "Das sind Milliarden, die dann nicht gezahlt werden, und das führt dann letztendlich dazu, dass der Müll auf den Schultern der Kommunen hängen bleibt."

    Verbraucher wissen nicht, was in welche Tonne gehört
    Laut Umweltbundesamt landen über die Hälfte der Verpackungen ohne Grünen Punkt im gelben Sack oder in der gelben Tonne. Die Clearingstelle für das Duale System verzeichnet im ersten Quartal 2014 fast ein Viertel weniger Tonnen an Leichtverpackungen als im ersten Quartal des vergangenen Jahres. Die Probleme sind offensichtlich, meint auch Heinz-Georg Baum vom Betriebswirtschaftlichen Institut für Abfall- und Umweltstudien in Jena. Als Autor des Gutachtens für den Verband kommunaler Unternehmen stellt er fest, dass die Verbraucher heute viel weniger bereit sind, ihren Müll zu trennen als noch vor zwei Jahren. So landet fast die Hälfte der Leichtverpackungen nicht im gelben Sack, sondern in der grauen Hausmülltonne. Kaum einer durchschaut, was in welche Tonne gehört. Das Ergebnis seien Recyclingquoten von höchstens 30 Prozent und allzu oft unverkäufliche Recyclingprodukte.
    "Wir müssen neben dieser reinen Fixierung auf eine Zahl darauf achten, dass am Ende ein Stoff heraus kommt, den der Markt will. Also Derjenige, der vielleicht weniger recycelt, aber dafür höherwertige Sekundärrohstoffe zur Verfügung stellt, der sollte in dem System, das uns vorschwebt, besonders honoriert werden."
    Auch den offenen Wettbewerb der Entsorger und Systembetreiber untereinander bezeichnet der Verband kommunaler Unternehmen schlichtweg als ruinös. VKU-Präsident Reck fordert für die anstehende Novelle der Verpackungsverordnung ein radikales Umdenken. Ausschließlich die Kommunen und nicht private Entsorger sollten künftig den Hausmüll entsorgen.
    "Die neue Bundesregierung muss ja eine Novelle der Wertstoffverordnung vornehmen. So geht es nicht weiter, wir müssen hier radikal umdenken und auch eine neue Struktur schaffen."