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Gruppenbild mit Erde

Raumfahrt. - Seit neun Jahren umkreist die US-Sonde Cassini den Saturn und seine Trabanten. Seitdem hat sie unschätzbare Informationen über den zweitgrößten Planeten des Sonnensystems geliefert. Morgen wird sie das Ringsystem im Gegenlicht fotografieren und dabei auch die Erde aufnehmen. Der Wissenschaftsjournalist Dirk Lorenzen erläutert das Vorhaben im Gespräch mit Monika Seynsche.

Dirk Lorenzen im Gespräch mit Monika Seynsche | 18.07.2013
    Die Raumsonde Cassini erreichte den Saturn im Sommer 2004.
    Die Raumsonde Cassini erreichte den Saturn im Sommer 2004. (NASA / dpa)
    Seynsche: Herr Lorenzen, neun Jahre um einen einzigen Planeten herum zu fliegen, das klingt ziemlich langweilig. Gibt es da für Cassini überhaupt noch Neues zu entdecken?

    Lorenzen: Frau Seynsche, das Cassini-Team ist immer wieder begeistert von dem, was die Raumsonde zur Erde zurückfunkt. Kürzlich hat man einen..., in den obersten Gasschichten von Saturn ein Gewitter entdeckt, das 10.000 km lang ist, also fast so groß wie die Erde ist. Per Radar hat man Seen aus flüssigen Kohlenwasserstoffen auf dem Mond Titan gefunden. Also, den Forscher wird es alles andere als langweilig da. Wirklich, Cassini ist viel beschäftigt und die Forscher freuen sich, dass sie die Raumsonde jetzt vermutlich 13 Jahre werden benutzen können, statt der ursprünglich geplanten vier.

    Seynsche: Und was haben wir davon, dass wir Saturn durch die Raumsonde besser verstehen?

    Lorenzen: Die Forscher sagen, kurz gesagt, Saturn verstehen heißt das Sonnensystem verstehen. Wenn man einmal weiß, wie Saturn aufgebaut ist, wie sich seine Monde entwickelt haben, wie es dort vielleicht sogar Leben gibt, da gibt es ja Hinweise bei einigen... oder zumindest lebensfreundliche Bedingungen. Wenn man sich genau anguckt, wie diese Materiescheibe der Ringe sich entwickelt, das sind alles Phänomene, die an vielen anderen Stellen im Sonnensystem vorkommen oder auch woanders im Kosmos. Das heißt, wenn man einmal ein genaues Bild von Saturn hat, dann hilft das eben das Sonnensystem als Ganzes zu verstehen und damit letztlich auch die Geschichte unserer Erde.

    Seynsche: Und was sind aus Ihrer Sicht die bisher wichtigsten Entdeckungen dieser Sonde?

    Lorenzen: Also ganz herausragend sicherlich sind diese Geysire von Enceladus, das ist ein 500 Kilometer großer Eismond, der hat einen Eispanzer an der Oberfläche. Und in diesem Panzer gibt es ein paar Spalten und aus denen schießen Wasserfontänen einige 100 Kilometer hoch ins All. Was die Forscher daran so fasziniert: Dort ist flüssiges Wasser, dort gibt es kohlenstoffhaltiges Material und nach allem, was die Forscher so wissen, heißt das, dort könnte es Leben geben. Also womöglich ist in dem Ozean unter dem Eispanzer des Mondes zumindest einfaches Leben entstanden. Vor Cassini war so etwas vollkommen unvorstellbar da draußen am Saturn.

    Seynsche: Anfang 2005 ist ja Cassinis Tochterkapsel Huygens auf Titan gelandet und hat dann Messungen auf der Oberfläche gemacht. Was macht denn diese Kapsel heute?

    Lorenzen: Die friert und hat nichts mehr zu tun. Die ist da eingefroren, die war ja nur für etwa vier Stunden Messdaten ausgelegt und hat phantastische Bilder und Daten gefunkt, dann waren die Akkus leer. Die liegt jetzt da eben eingefroren in diesem Eismatsch aus Kohlenwasserstoffen und die Forscher waren natürlich so begeistert, wollten sofort die nächste Sonde konzipieren, die dahinten misst und sich noch einmal den Titan genauer anguckt. Aber es ist nicht absehbar, dass so etwas in absehbarer Zeit kommt. Bis 2030 wird der Saturn sicherlich seine Ruhe haben, was Sonden von der Erde angeht.

    Seynsche: Und was passiert jetzt morgen?

    Lorenzen: Morgen fliegt Cassini durch den Schatten von Saturn. Das heißt so eine Art totale Sonnenfinsternis für die Raumsonde. Und dann macht sie im Gegenlicht eine Aufnahme der Ringe, da sieht man eben diese Feinstruktur der Ringe ganz besonders gut. Und das Schöne ist: In diesem Blickfeld ist dann rechts unterhalb von Planeten und Ringen ein kleiner blauer Punkt, unsere Erde. Und deswegen sagt Carolyn Porco, die Chefin des Experiments, oder die Chefin dieser Kamera von Cassini: Wir sollen doch alle bitte zum Saturn gucken und winken, damit wir mit auf dem Bild sind.

    Seynsche: Das ist aber einer dieser üblichen PR-Gags der Nasa, oder?

    Lorenzen: Nein, natürlich ist die Erde nur ein Pixel. Man wird uns nicht erkennen können. Aber Carolyn Porco, die ist wirklich besessen von dieser Forschung, sie beschäftigt das sehr. Und sie hat mir schon einmal eine solche Aufnahmen gezeigt, die Cassini nicht ganz so gut gemacht hat. Und da hat man wirklich gespürt, dass diese sonst sehr nüchterne und sehr sachliche Person da doch persönlich sehr angefasst war. Sie sagt: Wir sollen verstehen, welch schöner kleiner blauer Planet die Erde doch ist und wir können nicht auf den Saturn ausweichen. Ich sehe darin mehr als ein PR-Gag.

    Seynsche: Wo müssen wir denn genau hinwinken morgen Abend?

    Lorenzen: Saturn steht recht tief am Himmel. Einfach abends an den Südwesthimmel gucken, da ist irgendwo der Mond zu sehen. Und dann so zwei oder drei Handspannen nach rechts vom Mond, etwas tiefer, dass man weiß, man muss nicht sehr hochgucken, einfach nach Südwesten gucken und schön winken, und zwar von 23:27 Uhr an, eine Viertelstunde, also von 23:27 bis 23:42 Uhr. Da ist schon eingerechnet die Laufzeit des Lichts zum Saturn, wer dann winkt, der ist auf der Nasa-Aufnahme mit drauf.