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Gute Teilchen, schlechte Teilchen

Technologie. - "Nano" gilt gemeinhin als eine der Schlüsseltechnologien - doch die Partikel haben ihre Schattenseiten. Sie können unter Umständen die Gesundheit schädigen. Mit einer speziellen Sorte von Nanoteilchen beschäftigt sich das Forschungsprojekt "CarbonBlack": Industrieruß besteht aus winzigsten Kohlenstoff-Teilchen. Seit gestern diskutieren die Experten ihre Ergebnisse auf einem Symposium in der Nähe von Hamburg.

Von Frank Grotelüschen | 25.10.2013
    Der Lkw-Fahrer startet den Motor, aus dem Auspuff qualmt eine dunkle Wolke mit lauter Ruß. Ein unerwünschter Verbrennungsrückstand, dem man heute mit Partikelfiltern zu Leibe rückt. Anderswo jedoch stellt man Ruß gezielt her. Und zwar in Fabriken, die sogenannten Industrieruß produzieren.

    "Sehr viel wird dieser Industrieruß als Grundstoff verwendet in der Reifenindustrie. Es ist auch Bestandteil als Pigment bei Lacken und Farben","

    sagt Professor Heinz Fehrenbach, Direktor des Programmbereichs Asthma und Allergien am Forschungszentrum Borstel nahe Hamburg.

    ""Weltweit liegt die Jahresproduktion im Bereich von Megatonnen, also schon ordentlich."

    Industrieruß besteht aus Nanoteilchen – aus Partikeln kleiner als ein Tausendstelmillimeter. Grundsätzlich können Nanoteilchen, wenn man sie einatmet, die Gesundheit gefährden. Das zumindest legen manche Studien nahe, bei denen die Winzlinge offenbar zu Vergiftungserscheinungen führten oder sogar Krebs auslösten. Zählt etwa auch Industrieruß zu diesen potenziell gefährlichen Nanomaterialien, insbesondere für die Arbeiter, die den Ruß in den Fabriken herstellen? Um diese Frage zu beantworten, rief Fehrenbach gemeinsam mit Forschern aus Karlsruhe, Marburg, Hannover und Lübeck ein Projekt namens CarbonBlack ins Leben. Um herauszufinden, ob und wie die Nanopartikel auf die Lunge wirken, arbeiteten die Wissenschaftler vor allem mit Gewebe-Kulturen:

    "Man kann aus Lungen kleine Stanzen von Geweben ausstanzen, die dann in Kultur nehmen. Das bleibt dann sozusagen lebend erhalten."

    Um ein möglichst umfassendes Bild zu gewinnen, experimentierten die Forscher mit Proben aus den verschiedensten Bereichen des Atemweges – Luftröhre, obere Atemwege sowie die feinen Verästelungen tief in der Lunge. Diese Gewebekulturen wurden mit einer Suspension aus Rußteilchen beträufelt. Dann untersuchten die Forscher, wie die verschiedenen Gewebetypen auf den Ruß reagiert hatten. Das Ergebnis:

    "Was sehr interessant für uns war, dass die Partikel deutlich weniger Effekte hervorgerufen haben, als wir ursprünglich erwartet hatten. Was ja erst einmal ein positives Ergebnis ist, wenn man hinsichtlich Gesundheitsgefährdung guckt."

    Im Großen und Ganzen scheinen die körpereigenen Abwehrmechanismen zu funktionieren. Beispielsweise konnten die Forscher beobachten, wie die Zellen, um die Partikel loszuwerden, bestimmte Entzündungsprozesse initiierten. Wobei die verschiedenen Gewebetypen durchaus unterschiedlich auf die Nanoteilchen reagierten.

    "Das war ein sehr interessanter Befund, dass wir von den oberen Atemwegen bis rein in die Lunge eine gewisse Abnahme der Effekte gesehen haben, tendenziell gesehen."

    Während beim Luftröhren-Gewebe einige Zellen durch den Nano-Einfluss abstarben, blieben tiefer in der Lunge praktisch alle Zellen am Leben. Eine weitere Frage: Was passiert, wenn man die Kohlenstoff-Nanoteilchen mit einer chemischen Hülle überzieht, zum Beispiel aus polyaromatischen Kohlenwasserstoffen? Eine Frage, die deshalb relevant ist, weil sich die reaktionsfreudigen Nanoteilchen in der Praxis oft mit einer chemischen Hülle umgeben. Das Resultat:

    "Wir haben in der Regel am wenigsten Effekte gesehen mit den reinen Kohlenstoff-Partikeln."

    Was darauf hinweist, dass es bei den Kohlenstoff-Nanoteilchen vor allem die chemische Verpackung ist, die eine Wirkung verursachen kann. Inwieweit man jedoch die Ergebnisse auf andere Rußarten übertragen kann, etwa auf den Ruß aus Dieselabgasen, ist bislang unklar. Und auch über mögliche Langzeitwirkungen von Industrieruß können Fehrenbach und seine Kollegen noch nichts sagen. Und genau diese Frage würden sie als nächstes gern in einem Anschlussprojekt untersuchen.