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Gute Wetteraussichten

Im Zeichen des Klimawandels haben Wetterdienste Hochkonjunktur. Vor allem um Schäden durch Naturgewalten in Grenzen zu halten, sind präzise Vorhersagen notwendig. Wettersatelliten leisten dazu einen wichtigen Teil der Arbeit. Vor 30 Jahren startete Meteosat-1, der erste europäische Wettersatellit, in den Orbit und läutete eine neue Ära der Wetterbeobachtung ein.

Von Hartmut Goege | 23.11.2007
    Seit Tagen warteten europäische Techniker und Meteorologen in Cape Canaveral nervös auf den Start. Immer wieder hatte es wegen technischer Probleme der amerikanischen Trägerrakete Verzögerungen und sogar einen Countdown-Abbruch gegeben. Mal war es ein undichtes Ventil am Treibstofftank, mal waren es mysteriöse Funksignale. In den frühen Morgenstunden des 23. November 1977 war es dann endlich soweit. Die Thor-Delta-Trägerrakete der NASA hob mit Meteosat, dem ersten europäischen Wettersatelliten, ab und brachte ihn in eine geostationäre Umlaufbahn auf 36.000 Kilometer Höhe über dem Atlantik. ZDF-Wettermann Uwe Wesp erinnert sich:

    "Wir haben gesagt, mein Gott, endlich haben wir genaue Daten, insbesondere von jenen Bereichen, von wo wir immer sehr schwer Daten bekommen haben, nämlich den Weltmeeren. Das heißt, die Wetterüberwachung ist erheblich einfacher geworden. Das führte dann dazu, dass auch die Prognosegüte selbst einen gewaltigen Sprung nach vorne gemacht hat."

    Bis dahin waren Wettervorhersagen oft Glücksache gewesen:

    "Meine Damen und Herren. Das Barometer steht hoch, aber unser Wetter hat anscheinend davon noch nichts gemerkt. Es ist unfreundlich, in ganz Deutschland trübe und nasskalt. Nur es weht kein Sturm."

    Wetterpräsentation in der Frühzeit des Fernsehens. Statt Computersimulation wurden die Hoch- und Tiefdruckgebiete noch mit dicken Kohlestiften auf den Wetterkarten eingekreist. Die Informationen dazu hatte man vom Deutschen Wetterdienst in Offenbach. Dort ratterten in Lochstreifen die landesweiten Messwerte über die Fernschreiber herein. Uwe Wesp:

    "Man muss sich vorstellen, das war etwa so wie man zu Fasching Girlanden aufhängt. Nur dass die Girlanden nicht unter der Decke hingen, sondern so zehn Zentimeter über dem Fußboden."

    Sie wurden gesammelt, verglichen und analysiert und an die verschiedenen Abnehmer wie Fernsehen oder Radio herausgeschickt. Vage Prognosen wurden ab 1966 mit dem ersten Großrechner des Deutschen Wetterdienstes möglich. Zwar machte jede neue Computergeneration die Vorhersagen allmählich präziser, doch erst Meteosat am Himmel läutete in Europa für die Meteorologen ein neues Zeitalter ein. Der 220 Millionen DM teure Satellit war Europas Beitrag zu den beiden großen von den Vereinten Nationen geförderten Programmen der WMO: der Meteorologischen Weltorganisation zur kontinuierlichen Weltwetterbeobachtung und zum Global Atmosphere Research Program, abgekürzt GARP, zur globalen Atmosphären-Forschung. Wie wichtig diese weltweite Wetterbeobachtung aus dem All werden sollte, zeigten etwa dramatische Ereignisse, wie beispielsweise das Reaktorunglück von Tschernobyl 1986:

    "Radioaktivität befindet sich ja zurzeit über Skandinavien. Und die Gefahr, dass von dort etwas zu uns kommt, ist praktisch auszuschließen. Nur das, was jetzt noch schwach aus der Unglücksgegend austritt, dafür besteht eine geringe Wahrscheinlichkeit, dass das in den nächsten Tagen zu uns verfrachtet wird."

    Geostationäre Wettersatelliten wie Meteosat bleiben von der Erde aus betrachtet scheinbar an einem festen Punkt im All stehen, da sie sich mit derselben Geschwindigkeit um die Erde bewegen wie die Erde um sich selbst. So konnte Meteosat-1 immer von derselben Position aus die unter ihm liegenden Regionen beobachten. Der zentrale Kern des Satelliten war das Radiometer, das unter anderem Temperaturen und den Wasserdampfgehalt in der Erdatmosphäre lieferte. Die Daten wurden alle 30 Minuten zur Erde gefunkt und konnten im Darmstädter Kontrollzentrum der europäischen Weltraumbehörde ESA für die Wetterdienste aufbereitet werden. Mittlerweile arbeitet seit 2005 der 9. Meteosat im Orbit, ausgestattet mit modernster Technik, die alle 15 Minuten die wichtigsten Analysewerte zur Erde schickt. Uwe Kirsche vom Deutschen Wetterdienst:

    "Er kann mit seinen vielen neuen Frequenzkanälen zum Beispiel Nebel bei Nacht erkennen, das ist für die Straßenwettervorhersage ganz entscheidend, er kann erkennen, wie die Wolken insgesamt aufgebaut sind und Wolken spielen ja beim Wetter eine unglaublich wichtige Rolle und er kann zum Beispiel sehen, ob sich Eis an der Wolkenoberfläche bildet und das ist natürlich für den Flugverkehr von entscheidender Bedeutung, wenn die voll in die Eiszapfen reinrasen würden, dann hätten sie ein Problem."

    Zukünftig sollen Wettersatelliten in immer kürzeren Abständen ihre Daten liefern, um für die Prognoseberechnungen noch präziser zu werden. Ihre geophysikalischen Berechnungen werden schon seit langem auch für die langfristige Klimaforschung genutzt.