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"Hände weg vom Famatina-Berg"

In Argentinien hat der Plan für ein neues Goldbergwerk den Widerstand der Anwohner provoziert. Denn vor allem der offene Tagebau von Gold birgt hohe Risiken für die Umwelt und benötigt zudem viel Wasser, dass in der Region knapp ist.

Von Victoria Eglau | 26.03.2012
    Famatina, ein Dorf in der argentinischen Provinz La Rioja. Sieben Kilometer entfernt vom Ortskern blockieren die Bewohner seit Januar eine Straße, die ins Gebirge Sierra de Famatina führt. Sie wollen verhindern, dass die kanadische Firma Osisko dort den Abbau von Gold vorbereitet. Die Straßensperre ist inzwischen zu einem großen Zeltlager angewachsen, Dutzende von bunten Transparenten flattern vor der grün-braunen Gebirgskulisse. El Famatina no se toca – "Hände weg vom Famatina-Berg” – heißt das Motto.

    "Das Problem ist nicht das Gold, das sie mitnehmen wollen, sondern die Umweltschäden, die sie hinterlassen. Vielleicht schenken sie uns ein Krankenhaus oder einen Fußballplatz, aber wir verlieren unsere Flora und Fauna, unsere natürlichen Lebensgrundlagen. Das Problem ist, was bleibt, wenn das Gold weg ist: nämlich Zerstörung."

    sagt Carolina Suffich, eine Lehrerin, die sich gegen die geplante Goldmine wehrt. Dutzende, zeitweise Hunderte von Menschen halten sich Tag und Nacht an der Straßensperre auf - aus vielen Orten Argentiniens sind Unterstützer angereist. Carolina Suffich rief mit anderen Bewohnern Famatinas vor sieben Jahren die Initiative gegen die Goldförderung ins Leben, zwei Bergbau-Unternehmen mussten sich zurückziehen. Heute steht der Ort zu mehr als achtzig Prozent hinter dem Protest. Der richtet sich gegen die Firma, die nun die Goldreserven zunächst erkunden will, aber auch gegen die Provinzregierung, die das Projekt befürwortet und ein Abkommen mit den Kanadiern unterzeichnet hat.

    "In erster Linie verteidigen wir unser Wasser. Denn Wasser ist knapp in dieser Gegend. Und die Menschen brauchen es, sie bauen Nüsse, Obst und Gemüse an. Famatina hat schon immer von Landwirtschaft und Viehzucht gelebt."

    erklärt Ismael Bordagaray, Bürgermeister von Famatina. Der junge Politiker unterstützt und begleitet den Widerstand gegen die Mine – zum Ärger des Gouverneurs von La Rioja, der dem widerspenstigen Dorf in den letzten Wochen den Geldhahn zudrehte.

    "Wir sind abhängig von dem Wasser, das von den Gletschern des Famatina-Gebirges kommt. Und dort befindet sich das Gebiet, in dem das Gold gefördert werden soll. Wir fürchten, dass unsere Wasserquellen dadurch in Mitleidenschaft gezogen werden."

    Die Bewohner von Famatina gehen davon aus, dass in ihrer Nähe ein offener Tagebau entstehen soll, obwohl das noch keine beschlossene Sache ist. Als Tagebau werden Gold und andere Metalle derzeit an vier Orten Argentiniens abgebaut, zwei Minen sind im Bau. Acht Provinzen verbieten diese Extraktionsmethode. Denn dabei wird extrem viel Wasser verbraucht, der Einsatz von giftigem Zyanid gefährdet die Umwelt. Die Methode berge Risiken, bestätigt die Bergbaugeologin Diana Mutti von der Universität Buenos Aires, intensive Kontrollen seien von fundamentaler Bedeutung.

    Wenn diese Kontrollen nicht stattfinden, ist die Angst der Menschen begründet, meint Expertin Mutti, und kritisiert, dass in Argentiniens Bergbau bislang effiziente und transparente staatliche Kontrollmechanismen fehlten. Das Land hat sich in den vergangenen fünfzehn Jahren in ein El Dorado für Minenunternehmen verwandelt. Investitionen und Exporte – vor allem von Gold – sind in die Höhe geschnellt. Aber nicht nur in Famatina, auch andernorts stoßen die Minenbetreiber auf Misstrauen und Ablehnung. Geologin Diana Mutti:

    "Das liegt daran, dass die Unternehmen nicht kommunizieren, dass es dem Bergbau-Sektor an Transparenz fehlt. Ein weiteres Problem: die Menschen in der Nähe der Minen spüren nicht, dass sie direkt davon profitieren, weil die Regierung den Bergbauregionen zu wenig von den zusätzlichen Einnahmen abgibt."

    In Famatina haben die Bewohner durch ihren Widerstand erreicht, dass die Exploration der Goldvorkommen auf Eis gelegt wurde – aber keinesfalls abgesagt, wie der kanadische Goldproduzent betonte. Osisko will nun erst einmal weiter für sein Projekt werben. Das Unternehmen verpflichtet sich nach eigener Aussage zu einem sozial- und umweltverträglichen Vorgehen und der Erfüllung höchster internationaler Standards. Doch die meisten Dorfbewohner wollen davon nichts wissen. Solange das Minenprojekt nicht ganz vom Tisch ist, wollen sie weiter protestieren. Carolina Suffich hofft:

    "Möge unser Beispiel auch andere Dorfgemeinschaften anregen, ihre natürlichen Ressourcen zu verteidigen."