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Haiangriffe
"Jedes Jahr dürfte künftig ein Rekordjahr werden"

Vor 100 Jahren kam es an den Stränden Floridas, Australiens und Ägyptens selten zu Kontakten zwischen Mensch und Hai. Doch das war einmal, die Zahlen steigen beständig – und das liegt nicht an einer besseren statistischen Erfassung.

Von Guido Meyer | 14.03.2016
    Ein Weißer Hai vor der Küste Australiens
    Ein Weißer Hai vor der Küste Australiens (picture alliance / dpa )
    Vor 100 Jahren an den Stränden Floridas, Australiens und Ägyptens – idyllische Bedingungen für Touristen. Nur selten kommt es zu Kontakten zwischen Mensch und Hai. Im Jahr 1900 griffen Haie nur in elf Fällen Menschen an. Doch das war einmal. Ein Jahrhundert später hat sich diese Zahl fast verneunfacht – und das liegt nicht an einer besseren statistischen Erfassung.
    "Im vergangenen Jahr gab es einen neuen Rekord an Hai-Angriffen weltweit. Die Zahl der Attacken lag bei 98. Und es gibt auch einen längerfristigen Trend. Betrachten wir Zehn-Jahres-Abschnitte, vom Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute, stellen wir fest, dass es seit 1900 in jeder Dekade mehr Hai-Angriffe gab als im Jahrzehnt zuvor."

    George Burgess ist der Chef des International Shark Attack Files. Diese Statistik veröffentlichen Floridas Museum für Naturgeschichte und die Universität von Florida in Gainesville jedes Jahr – und dann begeben sich die Biologen auf Ursachenfoschung.
    "Wir glauben, dass die Zahl so hoch ist, weil die Wassertemperaturen ansteigen, als Folge des globalen Klimawandels. Die meisten Haie bevorzugen warme Gewässer. Wenn sich der Atlantik also nördlich und südlich des Äquators erwärmt, können Haie ihre Wanderwege nach Norden und nach Süden ausdehnen. Dies führt dazu, dass es häufiger zu Begegnungen kommt zwischen Hai und Mensch."

    Von diesen 98 "Begegnungen" im vergangenen Jahr verliefen sechs für den Menschen tödlich. Auch diese Zahl ist gestiegen. Sie ist doppelt so hoch wie die Zahl an Todesfällen im Jahr 2014. Damals waren es nur die Hälfte, nämlich drei.
    Auch das Verhalten der Menschen ist schuld
    "Ich würde das nicht als Verhaltensänderung der Haie charakterisieren. Sie haben schlicht ihr Einzugsgebiet erweitert. Aber wenn sie den Radius ihrer Wanderwege und ihrer Fressgebiete ausdehnen, stoßen sie vermehrt auf Menschen, denen sie früher nicht begegnet waren."

    Robert Hueter, der Direktor des Zentrums für Hai-Forschung des Mote Marine Laboratories in Sarasota, Florida, geht sogar so weit, den Spieß umzudrehen. Nicht die Tiere, sondern die Menschen seien für die gestiegene Zahl von Hai-Angriffen verantwortlich.

    "Wassersport wird immer beliebter, egal ob Schwimmen, Schnorcheln, Surfen oder Kajakfahren. Dabei begeben wir uns in das Revier der Haie. So kommt es ganz zwangsläufig zu Begegnungen. Es gehen mehr Menschen ins Wasser, wenn das Wasser wärmer ist."

    Steigende Ozeantemperaturen also ziehen Touristen an. Die Biologen rechnen künftig jährlich mit steigenden Zahlen.

    "Jedes Jahr dürfte künftig ein Rekordjahr werden. Solange es keine Veränderungen bei der Geburtenkontrolle gibt, werden wir ständig mehr Haiangriffe bekommen, weil es mehr Menschen geben wird."