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Haifisch in Not

Haie sind berüchtigt als Schrecken der Meere, doch sie sind selbst bedroht: Ihr Feind ist der Mensch. Er nimmt ihnen das Futter weg und jagt den Meeresräuber gleich selbst. Vor dem großen Haifischatoll im Hamburger Tierpark haben Tierschützer auf die Bedrohung des Hais aufmerksam gemacht.

Von Verena Herb | 29.01.2010
    Es gibt mehr als 500 Haiarten auf der Erde, angefangen beim Zwergdornhai mit 25 Zentimeter Länge bis hin zum Walhai, der bis zu zwölf Meter lang werden kann. Ein Drittel dieser Haiarten sind mittlerweile vom Aussterben bedroht, sagt Heike Finke, Expertin für internationalen Artenschutz beim Umweltverband NABU:

    "Die Haie existieren seit mehr als 400 Millionen Jahren. Eine faszinierende Zahl. Und in den letzten 15 Jahren hat der Mensch es geschafft, die Bestände zum Kollabieren zu bringen."

    Das Problem: Haie haben eine sehr geringe Reproduktionsrate.

    "Der Dornhai, das Weibchen, braucht 25 Jahre bis zur Geschlechtsreife und bringt dann nur alle zwei Jahre zwischen zehn und allerhöchstens 20 Junge zur Welt. Diese simple Zahl zeigt, dass er einfach sehr anfällig ist gegen jedwede Art der Überfischung. Und wenn wir diese Art nicht schonen, dann wird es eben keine Nachkommen mehr geben. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass so ein Dornhaiweibchen an der Langleine oder im Netz landet, ist einfach viel, viel größer, als dass sie ein Alter von 25 Jahren erreichen kann, um sich dann zu reproduzieren."

    Gerade der Dorn- und der Heringshai, die auch in der Nord- und Ostsee vorkommen, sind gefährdet, so Heike Finke:

    "Beide Haiarten werden tonnenweise jedes Jahr konsumiert. Hundert Millionen Haie werden jährlich abgeschlachtet."

    Beispielsweise wird die Schillerlocke aus dem Bauchlappen des Dornhais gewonnen. Diverse Umwelt- und Haischutzorganisationen machen auf eine besonders grausame Praxis aufmerksam: das sogenannte Finning.

    "Da der Laderaum auf den Schiffen begrenzt ist, werden den Tieren beim lebendigen Leib die Flossen abgeschnitten, die Torsen gehen über Bord. Das heißt, die noch lebenden Tiere werden über Bord geschmissen, die Finnen, das wertvolle wird behalten, vermarktet. Und für die Tiere beginnt dann ein sehr langer, endloser Todeskampf, weil sie sich bewegen müssen, um eben sauerstoffreiches durch ihre Kiemenspalten zu pumpen. Das können sie in dem Moment nicht mehr. Sie ersticken qualvoll. Es dauert Tage, bis sie tot sind."

    Ein ethisches Problem, so die Tierschützerin. Die EU habe zwischenzeitlich eine Verordnung gegen das Finning erlassen, um der Praxis entgegenzuwirken. Dabei wird der Fang der Haie nicht untersagt. Doch Finning sei kein EU-weites, sondern ein globales Problem. Hinzu kommt, dass die europäische Finning-Verordnung zahlreiche Schlupflöcher habe:

    "Etwa, dass für die Torsen, für die Körper der Haie und für die Finnen verschiedene Anlandungshäfen gewählt werden dürfen. Sodass eine Kontrolle, ob tatsächlich das ganze Tier verwertet wurde, schlussendlich nicht möglich ist."

    Mitte März findet die 15. CITES Konferenz, das Treffen zum Washingtoner Artenschutzübereinkommen in Doha, Katar statt. Dort wird die EU einen Antrag einreichen, um Dorn- und Heringshai in die mittlere Schutzkategorie, auf Anhang 2 zu listen.

    "Anhang-2-Listung bedeutet, dass kein Handelsstopp erfolgen wird, aber dass ein kontrollierter Handel erfolgen wird. Das heißt, die Handelsdaten werden erfasst. Die Fangmengen, Zollnummern vergeben etc., sodass man einen Überblick über die Situation der betreffenden Art bekommt."

    Für den Dornhai und den Heringshai ist es bereits der dritte Versuch, den Deutschland startet, um sie in der zweiten Schutzkategorie zu listen. Beim ersten Mal scheiterte es am Widerstand der EU. Der ist nun ausgeräumt, die EU ist mittlerweile überzeugt. Auf der CITES-Konferenz müsse die EU mit einer Stimme sprechen - denn es gilt die Zweidrittelmehrheit zur Aufnahme einer Art in eine Schutzliste. 175 Länder stimmen in Doha ab - den größten Widerstand befürchtet Heike Finke durch:

    "Japan natürlich, die üblichen Verdächtigen. China, Island, möglicherweise auch Neuseeland und Kanada, die ihre Bestände managen und daher sagen, wir managen, wir können die Erträge nehmen. Wenn eine nachhaltige Fischerei möglich ist, von den Fangmethoden her, dann ist das auch richtig. Aber momentan ist noch kein selektiver Fang möglich."

    Über das Schicksal von acht Haiarten - auch die USA wird für drei Hammerhaiarten Anträge stellen - werden die 2000 Delegierten in Doha entscheiden. Nie zuvor gab es auf einer CITES-Artenschutzkonferenz so viele Schutzanträge für Haie.