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HALOs erste Mission

Es soll Phänomene des Klimas und des Wetters untersuchen: das Höhenforschungsflugzeug HALO ist auf seine erste Mission gestartet. Markus Rapp vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt erläutert im Interview, über welche speziellen Eigenschaften der umgebaute Jet verfügt.

Markus Rapp im Gespräch mit Jochen Steiner | 20.08.2012
    Jochen Steiner: Heute morgen hat Bundesforschungsministerin Annette Schavan der Wissenschaft ein besonderes Flugzeug übergeben. Es heißt HALO, eine Abkürzung für High Altitude and Long Range Research Aircraft und soll Klima- und Wetterphänomene untersuchen. HALO ist ein Gemeinschaftsprojekt mehrerer deutscher Forschungseinrichtungen. Bereits vor drei Jahren haben wir über das Messflugzeug berichtet, doch erst heute tritt es seinen Dienst offiziell an. Warum hat das so lange gedauert? Das habe ich vor der Sendung Professor Markus Rapp gefragt, er ist Direktor am Institut für Physik der Atmosphäre, das zum Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt gehört:

    Markus Rapp: Man muss einfach sehen, dass die vielen, vielen Forschungsexperimente, die in den letzten Jahren gebaut worden sind, auch alle zugelassen werden mussten. Und das muss sich natürlich nach den Regeln des Luftfahrtbundesamtes richten. Und da hat man in der Tat mehr Wert auf Sicherheit als auch Schnelligkeit gelegt. Und dadurch hat das etwas länger gedauert.

    Steiner: Was ist denn HALO für ein Flugzeug? Wie hat man sich das von Außen so vorzustellen? Wie sieht es denn aus?

    Rapp: Das ist im Prinzip ein Business-Jet, der 30 Meter lang ist, der über sehr eindrucksvolle Eigenschaften verfügt. Also insgesamt eine wissenschaftliche Nutzlast von 3000 Kilo befördern kann - was also schon wirklich sehr viel ist. HALO steht ja für High Altitude and Long Range, also ein hochfliegendes Flugzeug mit sehr großer Reichweite. Es fliegt also bis zu 8000 Kilometer an einem Stück, was also für die Atmosphärenforschung ganz fantastisch ist. Und es kann eben eine Gipfelflughöhe von 15 Kilometern erreichen.

    Steiner: Was kann denn jetzt HALO, was seine Vorgänger und mögliche Konkurrenz - zum Beispiel in Russland - nicht können?

    Rapp. Es sind drei Sachen: Es ist die Kombination von Reichweite, von Flughöhe, aber eben auch von wissenschaftlicher Nutzlast. Also Sie nennen die Konkurrenz in Anführungszeichen Konkurrenz in Russland: Da gibt es auch hochfliegende Flugzeuge. Die können aber bei weitem nicht so eine große wissenschaftliche Nutzlast tragen.

    Steiner: Was soll denn nun mit dem Forschungsflugzeug gemacht werden?

    Rapp: Das primäre Ziel ist eben, unser Verständnis von Klima, aber eben auch von Wetterprozessen voranzutreiben. Und dafür sind Flugzeugmessungen ganz besonders geeignet, weil Flugzeugmessungen eigentlich die beiden Anforderungen an solche Messungen erfüllen. Man möchte nämlich zum einen hochgenau messen. Das macht man sonst zum Beispiel vom Boden aus oder vielleicht auch mit Ballonaufstiegen. Aber man möchte gleichzeitig eben auch eine globale Abdeckung der Messungen erreichen. Und diese Kombination, also sehr genaue Messungen mit gleichzeitig möglichst globaler Überdeckung, erreicht man eben nur mit Forschungsflugzeugen, die eine sehr große Reichweite haben. Und genau das ist HALO. Also das ist das Fantastische an diesem Gerät.

    Steiner: Jetzt sind ja sehr viele Instrumente verbaut. Was können die denn konkret für Daten sammeln?

    Rapp. Die können das ganze Arsenal von wichtigen atmosphärenphysikalischen Größen. Also zum Beispiel einfache Sachen wie Luftdichte, Wind, Temperatur, eine relative Feuchte. Das sind die Sachen, die sowieso da sein müssen und die Grundlage für alles andere bilden. Aber dann eben auch Wolkenteilchen oder Spurenstoffe. Auch die Aerosolteilchen - Sie wissen vielleicht, dass Wolken und Aerosole die größten Unsicherheitsfaktoren in der derzeitigen Klimamodellierung sind. Und das Besondere an HALO ist eben: Sie können fast alle diese Größen gleichzeitig messen und so ein möglichst komplettes Bild der Prozesse in der Atmosphäre bekommen.

    Steiner: Haben Sie denn jetzt schon einige konkrete Forschungsfragen aufgeschrieben, die sie mit HALO beantworten wollen?

    Rapp: Ja, also in der Tat ist es so, dass es insgesamt 16 Projekte gibt, die also schon geplant sind und die sich also jetzt in einer bestimmten Reihenfolge einreihen und die dann abgearbeitet werden. Das erste Projekt, die sogenannte Tax-Mission, die jetzt in dieser Woche startet... Da geht es darum, Transportprozesse und Austauschprozesse in der Atmosphäre zu untersuchen. Nur mal ein Beispiel: Es geht darum, wie eines der wichtigsten klimarelevanten Spurengase - Wasserdampf - eben in die untere Stratosphäre eingetragen wird. Da zeigen Modellrechnungen und auch andere Ergebnisse eben, dass das für die Klimamodellierung ein ganz, ganz wichtiger Faktor ist, den wir jetzt quantifizieren müssen.

    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.