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Hamburg und die Coronakrise
Verwaltung im Coronamodus

Hilfsgelder für Unternehmen, Kontaktnachverfolgung von Infizierten, Schulunterricht aus dem Wohnzimmer: Die Coronakrise stellt die Hamburger Verwaltung vor enorme Herausforderungen. Im Eiltempo und per Videokonferenz werden täglich Lösungen erarbeitet und dabei alte Behördenstrukturen auf den Kopf gestellt.

Von Axel Schröder | 03.05.2020
Das Rathaus von Hamburg
Hamburger Rathaus: Die Verwaltungsabläufe haben sich aufgrund der Coronakrise verändert (Deutschlandradio / Ellen Wilke)
"Sie treten nun dem Meeting bei."
"Hallo. So. Jetzt müssen wir mal gucken. Wir sehen Sie gerade nicht. Kann das sein?"
Interviewtermine im Rathaus vermeidet Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher. Das Gespräch läuft über Skype. Der Sozialdemokrat sitzt im weißen Hemd im Amtszimmer, vor ihm auf dem Tisch ein flacher Konferenz-Lautsprecher. Rechts im Bild sein persönlicher Referent Markus Merkenich. Wie geht Peter Tschentscher mit dem Tempo der Corona-Krise um, mit der unsicheren Datenlage über das Virus?
"Ich bin mir nicht sicher, ob uns später die Daten sagen, dass wir zu vorsichtig waren an der Stelle. Aber das lässt sich aus heutiger Sicht noch nicht sicher beurteilen. Und natürlich ist es im Nachhinein, wenn die Faktenlage dann besser ist, immer einfach zu sagen: ‚Oh, das hätte man mit dieser Kenntnis vor acht Wochen auch anders entscheiden können. Aber wir dürfen ja nicht ohne diese Faktenlage blind Entscheidungen treffen, die dann möglicherweise zu dramatischen Auswirkungen führen."
Abiturienten am Gymnasium Dresden Klotzsche sitzen in einem Klassenzimmer für Prüfungsvorbereitungen.
Ties Rabe - "Einen Tag Schule in der Woche mindestens"
Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) möchte, dass Schüler mindestens einen Tag in der Woche wieder in die Schulen kommen können. Dadurch sollten Eltern und Schüler zu Hause entlastet werden, sagte er im Dlf.
"Wir haben im Grunde 20 Krisen gleichzeitig"
Seit Ende Februar arbeitet die Verwaltung der Stadt im Krisenmodus: Die Behörden, die Polizei und Feuerwehr, die sieben Bezirksämter und die dort angesiedelten Gesundheitsämter. Der Politikbetrieb und die gesamte Verwaltungsmaschinerie laufen auf Hochtouren. Nach dem Auftreten der ersten Corona-Fälle in Deutschland hatte Hamburgs Bürgermeister erst zu Gelassenheit gemahnt. Dann aber, als die Infektionszahlen schnell stiegen, dem Stadtstaat die gleichen strengen Regeln verordnet wie seine Kolleginnen und Kollegen in den anderen Ländern.
"Selbst die Erinnerung, die ich zwar nicht persönlich habe, aber selbst die Erinnerung an unsere Sturmflut in Hamburg in den Sechzigerjahren, dort war diese Situation nicht so umfassend. Es war eine besondere Krise, aber sie war zeitlich und räumlich sehr begrenzt. Und es gab eine Aufgabe: Menschen zu retten vor dem Ertrinken. Jetzt haben wir wirklich eine sehr komplexe Lage. Wir haben nicht eine Krise, wir haben im Grunde 20 Krisen gleichzeitig. In der Wirtschaft, im sozialen Bereich, im politischen Raum. Es gibt ganz viele Brandherde und wir müssen überall die Baustellen gut bearbeiten."
Der Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) im Rathaus.
Hamburgs Bürgermeister: Peter Tschentscher (SPD) (dpa-Bildfunk / Axel Heimken)
Streit zwischen Hamburger Politikern
Und manchmal, sagt Tschentscher, erinnere ihn der öffentliche Diskurs über die Corona-Maßnahmen an die Debatten bei Fußballweltmeisterschaften.
"Da haben Sie plötzlich 80 Millionen Fußballexperten. Und jetzt haben wir dieses Thema Corona und irgendwie haben wir 80 Millionen Epidemiologen derzeit!"
Ab und zu wird aber auch innerhalb der Hamburger Verwaltung darüber gestritten, wie die Corona-Maßnahmen ausfallen sollen. Mitte April vermeldete das Hamburger Abendblatt einen handfesten Eklat im Regierungsapparat der Hansestadt. Der Staatsrat der Gesundheitsbehörde Matthias Gruhl, wie der Bürgermeister ein Doktor der Medizin, und der Chef der Senatskanzlei Jan Pörksen, oberster Krisenmanager der Hansestadt, seien aneinander geraten, hieß es. Der Grund: der Gesundheitsexperte Gruhl hatte zusammen mit anderen Fachleuten öffentlich einen entspannteren Umgang mit dem Virus gefordert. Natürlich gebe es auch mal Streit unter dem Spitzenpersonal, sagt Staatsrat Pörksen:
"Wenn man nicht auch mal kontrovers diskutiert, kann man nicht vernünftig eine Stadt führen und regieren. Und insofern wird es da auch nicht laut. Aber wir haben hier ganz viele, die wirklich rund um die Uhr arbeiten und da kann es dann auch mal sein, dass der eine oder andere mal irgendwie genervt reagiert. Aber wir arbeiten hier ausgesprochen gut zusammen und das ist auch unser Vorteil als Stadtstaat, dass wir hier viele Dinge sehr unmittelbar miteinander besprechen können."
Personal im Gesundheitsamt aufgestockt
Zu Beginn der Krise mussten erst einmal die Krisenstrukturen aufgebaut werden. Die Juristen setzten sich an die Formulierung der Corona-Anordnungen, die Gesundheitsbehörde stellte auf Pandemie-Modus um. Alle Abstimmungsprozesse werden seitdem in Schaltkonferenzen oder am Telefon erledigt.
"Richtig ist, dass wir schon seit einer ganzen Zeit ja unsere täglichen Telefonschaltkonferenzen haben mit dem Chef des Bundeskanzleramts, unsere täglichen Staatsräte-Telefonkonferenzen, also hier in Hamburg. Dass der Senat in vielen Wochen zweimal pro Woche getagt hat und dass wir das Lagezentrum in der Innenbehörde aufgebaut haben, das ist jetzt schon – man verliert ein bisschen das Zeitgefühl - aber ich glaube, das ist jetzt bestimmt schon fünf Wochen her.
Zeitgleich zum Aufbau der Krisenstäbe gingen die ersten Anfragen im zentralen Personalamt der Stadt ein. Über 71.000 Beschäftigte arbeiten in den Behörden und Ämtern, den Zulassungsstellen oder Gesundheitsämtern der Hansestadt. Während einige Behörden in der Krise kaum ausgelastet sind, ist der Personalbedarf an anderer Stelle, zum Beispiel in den Gesundheitsämtern, riesengroß. Hier kommt das zentrale Personalamt ins Spiel, dass die Mitarbeitenden vermittelt und verteilt. Volker Wiedemann leitet das Amt.
"Was wir mitbekommen, sind die Bereiche, in denen wir selber als Personalamt unterstützen. Da müssten wir so bei 350 bis 400 Kolleginnen und Kollegen sein, die wir über Behördengrenzen hinweg vermittelt haben. Aber die wirkliche Zahl liegt viel höher für die ganzen Kolleginnen und Kollegen, die innerhalb einer Behörde andere Aufgaben wahrnehmen. Im Prinzip machen ja viele von uns nichts anderes als Corona-Fragen zu bearbeiten im Moment."
Coronavirus
Übersicht zum Thema Coronavirus (imago / Rob Engelaar / Hollandse Hoogte)
"Ein Prozess der ganz großen überbehördlichen Solidarität"
Die Gesamtzahl derer, die nun nicht mehr ihre eigentlichen, sondern coronaspezifische Aufgaben abarbeiten, liege im vierstelligen Bereich, schätzt Volker Wiedemann. Lange suchen musste das Personalamt nicht. Auf ein Rundschreiben meldeten sich etliche Freiwillige.
"Wir haben da eine sehr gute Resonanz gehabt. Das sind nicht nur die Kolleginnen und Kollegen, die hilfsbereit sind und sagen: ‚Ich packe da jetzt mit an!‘ Sondern es sind auch die Behörden, die Vorgesetzten, die sagen: ‚Ja, ich habe zwar jemanden. Der hat trotz allem im Moment noch zu tun, aber wir sehen das ein, dass das wichtig ist im Moment. Das erfolgt im Moment auch ohne Erstattung von Personalkosten. Sondern wir habe im Moment einen Prozess der ganz großen überbehördlichen Solidarität."
So hat die Corona-Krise jedenfalls ein Gutes: Vorbei ist die Zeit, in der jeder Behördenleiter penibel auf den Personalschlüssel schaut. Gebraucht wird das Personal unter anderem für die Bewilligung der Corona-Soforthilfe für Unternehmen und Solo-Selbständige. 150 Mitarbeiter leisten diese Arbeit. 60 helfen in der Telefonberatung, 90 prüfen die Anträge. Welcher Mitarbeitende den Hörer in die Hand nimmt und wer die Antragszettel, wurde im Einzelfall, je nach Eignung, entschieden:
"Wir haben für diese beiden natürlich auch unterschiedliche Zielgruppen im Auge gehabt. Für die eine - tendenziell zum Beispiel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im nicht-pädagogischen Personal der Schulen, die in der Zeit nicht so stark gebraucht wurden. Zum Beispiel Schulsekretärinnen und -sekretäre. In dem anderen Bereich, der Antragsbearbeitung haben wir zum Beispiel Mitarbeiter der Spielbankenaufsicht eingesetzt, die natürlich im Moment nicht das Aufgabenspektrum hatten, was sie vorher hatten."
Kontaktnachverfolgungen - Aufgabe des Gesundheitsamtes
Aber auch bei den Personalverschiebungen steckt der Teufel im Detail. Denn nach drei bis vier Wochen müssen die Personalvertretungen eingeschaltet werden. Nach einem halben Jahr müssen sie dem Sondereinsatz der Beschäftigten explizit zustimmen. Außerdem muss geklärt werden, wie Urlaubstage übertragen werden können, wenn derzeit mehr Arbeit anfällt als gedacht.
Im Altonaer Gesundheitsamt, einem der sieben über die Stadt verteilten Ämter, arbeiten inzwischen nicht mehr nur drei, sondern 60 Mitarbeitende an der Kontaktnachverfolgung. Die Leiterin des Gesundheitsamts Susanne Pruskil erklärt, warum gerade diese Arbeit jetzt so wichtig ist:
"Es geht eben darum, dass Geschehen weiter zu verlangsamen, damit die Kapazitäten an anderer Stelle wie eben in den Krankenhäusern und natürlich auch in den Alten- und Pflegeheimen zu halten. Darum geht es."
Neben den Beschäftigten aus anderen Behörden arbeiten hier Medizinstudierende aus Hamburg, Ärzte im Ruhestand und Fachpersonal vom medizinischen Dienst der Krankenkassen. Sobald einem Labor ein positiver COVID-19-Test vorliegt, geht die Meldung an die zuständigen Gesundheitsämter.
"Und dann wird die Person befragt. Dazu, wie es ihr aktuell geht, welche Beschwerden vorliegen, insbesondere, seit wann sie vorliegen. Dann fragen wir nach dem häuslichen Umfeld. Wie die Menschen leben. Wir fragen aber auch nach der Arbeitssituation. Das ist zum Beispiel wichtig für medizinisches Personal, Personal in den Alten- und Pflegeheimen, weil das ein anderes Vorgehen nochmal mit sich bringt."
Hoffnung auf dauerhaft augestocktes Personal
Ohne die zumindest temporäre Personalaufstockung wären die Gesundheitsämter der Stadt mit der Krise heillos überfordert, sagt Kai Henning, der Verwaltungschef im Altonaer Gesundheitsamt. Schon vor der Krise sei zu wenig Personal da gewesen, weil Hamburgs Bevölkerung wachse. Und zwar schneller als die Mitarbeiterzahlen in den Ämtern. Immerhin, sagt Henning, habe es dazu im letzten Jahr schon Gespräche mit der Finanzbehörde gegeben. Seine Hoffnung: Dass das Personal nach der Corona-Krise endlich dauerhaft aufgestockt wird.
"Und das ist so, dass das natürlich jetzt auch gesehen wird, dass, wenn man so eine Krise dann hat, dass man dann auch so einen Personalaufbau benötigt. Das ist der Hintergrund, der uns vielleicht auch jetzt forciert, den Öffentlichen Gesundheitsdienst, der eben relativ wichtig ist, auch zu steigern."
"OK. Wunderbar. Jetzt sind, glaube ich, auch alle an Bord. Nur Herr Gerdelmann fehlt noch, aber der sitzt wahrscheinlich noch auf dem Rad. Wir fangen mal an! Guten Morgen Herr Henning! Sie haben was zur Lage?"
Suche nach einer gemeinsamen Linie beim Krisenmanagement
Früh am Morgen, pünktlich um acht sitzt Stefanie von Berg ganz allein am langen Holz-Konferenztisch in ihrem Büro. Vor sich den aufgeklappten Laptop, ein Tablet, zwei Smartphones. Seit Anfang Dezember leitet die Grünenpolitikerin das Bezirksamt Altona, ist damit auch zuständig für das Gesundheitsamt. Seit knapp zwei Monaten gehört die morgendliche Krisensitzung zum täglichen Arbeitsablauf. Diskutiert wird über die Wiederaufnahme von schulärztlichen Untersuchungen, über die unterschiedlichen Datenbanken für Corona-Infektionen in den Bezirken. Gerade geht es um die Maskenpflicht - für Mitarbeiter mit Kundenkontakt wie für Bezirksamts-Besucher.
"Teilweise redet man ja 45 Minuten miteinander über irgendwelche Urkunden. Das ist ja eine wirkliche Beratung. Das ist ja nochmal anders als wenn jemand ins Geschäft geht und ins Regal greift und dann zur Kasse geht. Mir entzieht sich auch die Logik, warum das in Kundenzentren oder dergleichen nicht so sein soll."
Keine großen Fehler
So wie sich Hamburgs Bürgermeister mit den Chefinnen und Chefs der Bundesländer abstimmen muss, sucht Stefanie von Berg zusammen mit den sechs anderen Bezirksamtsleitungen nach einer gemeinsamen Linie. Große Fehler beim Krisenmanagement hätte es bisher nicht gegeben, sagt sie. Nur der Start in den Krisenmodus hätte besser laufen können.
"Es war einfach so, dass die Wucht der Pandemie uns getroffen hat, als wir noch nicht krisenfest aufgestellt waren. Wo einfach nicht genug Personal da war, um bestimmte Abläufe auch zu treffen, vor allem im Bereich der Kontaktnachverfolgung. Da sind wir jetzt einfach strukturell viel besser aufgestellt. Wir haben Prozesse beschrieben, damit alle wissen: das und das müssen wir machen, was ist, wenn ein positiver Fall kommt, Pipapo."
Ein Hotel für Prostituierte aus St. Georg
Besonders hart drohte die Corona-Krise all jene zu treffen, die schon in normalen Zeiten in prekären Verhältnissen leben. Für Obdachlose, die nicht in die dicht belegten städtischen Unterkünfte wollten, sprangen Geldgeber aus der Wirtschaft ein und bezahlen nun Hotelzimmer für die Menschen. Und für die drogenabhängigen Prostituierten rings um den Hansaplatz in St. Georg hat sich die Stadt zu einem Schritt durchgerungen, der vor der Corona-Zeit undenkbar gewesen wäre.
"Gott sei Dank ist ein Hotel angemietet worden, wo auch Frauen dann wohnen können. Und es ist auch ganz klar die Ansage, dass es nicht mehr illegal ist, in Bordellen zu wohnen. Das war ganz am Anfang so, dass die Frauen aus den Steigen geschmissen wurden und sofort wohnungslos waren. Das ist wieder zurückgenommen worden, damit sie auch in Bordellen wohnen können."
Hinter den großen Panaromascheiben: die Dächer von Hamburg-Barmbek, weit unten die Straßen, blauer Himmel. Auch im 16. Stock der Hamburger Schulbehörde trifft sich morgens um acht das Leitungspersonal zur täglichen "Lagebesprechung COVID-19".
Ties Rabe (SPD), Schulsenator in Hamburg, im Porträt, im Hintergrund sichtbar die Räume einer Schule 
Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (dpa/Tim Vogel)
"Politisches Handeln hat sich geändert"
Am großen Oval, mit gut zwei Metern Sicherheitsabstand, sitzt das Spitzenpersonal der Behörde. Staatsrat Rainer Schulz, Landesschulrat Thorsten Altenburg-Hack, die Leiterinnen und Leiter der einzelnen Abteilungen. Schulsenator Thies Rabe kommt auf den letzten Drücker. Vier Teilnehmer sind online zugeschaltet.
"Wir sind komplett! Wir fangen an mit der Lage, mit dem Lagebild der BIS. Wir sehen: Stand Neuinfektionen nach wie vor unter 50, mit 48."
Auf der Tagesordnung der Krisensitzung stehen Themen aus allen erdenklichen Bereichen: Es geht um die Ferienbetreuung von Kindern, darum, wie Noten im Fernunterricht entstehen, es geht um die Verschiebung von Klassenreisen oder die Feinheiten des Lehrerarbeitszeitmodells. Und um die Frage, wie die Schullandheime der Stadt durch die Krise kommen.
"Da hatten wir eine Finanzlücke von über einer halben Million beschrieben, haben aber gesagt, dass wir bis 31. Juli 520.000 bräuchten, um denen erst mal bis dahin zu helfen. Diesen Vermerk habe ich gestern grün abgehakt."
Mehr Arbeitszeit fordere die Krise zwar nicht, erzählt Hamburgs Schulsenator nach der Krisensitzung in seinem Büro. Aber das politische Handeln habe sich grundlegend geändert.
"Während wir früher für eine Entscheidungsvorbereitung uns Zeit lassen konnten und mit allen Beteiligten zu sprechen und dann sicherlich und dann sicher auch vier, fünf Wochen eine Entscheidung mal reflektiert wurde, bevor sie endgültig getroffen wurde, läuft das heute teilweise innerhalb von halben Tagen. Weil es einfach keine Zeit gibt. Das ist eigentlich eher der Stress und der Druck. Die gesamte Arbeitszeit war immer hoch!"
Landeschulrat Altenburg-Hack - zuständig für 350 Hamburger Schulen
Thies Rabe steckt nun in Videokonferenzen mit den Hamburger Behördenchefs, mit dem Bürgermeister oder seinen Amtskolleginnen und -kollegen in der Kultusministerkonferenz. Da geht es mittlerweile um das langsame Wiederanlaufen des Schulbetriebs. Vor Ort, in Hamburg werden diese Fragen dann ganz konkret:
"Können wir eigentlich die Stundentafel, die verschiedenen Fächer auch im Heimunterricht entsprechend abbilden oder muss man sich auf bestimmte Fächer konzentrieren? Müssen wir hier stärker auf digitale Medien setzen oder können wir nicht auch mit den Schülerinnen und Schülern über andere Verbindungen kommunizieren? Wie gehen wir mit sozialen Brennpunkten um?"
Zuständig für die knapp 350 Hamburger Schulen ist Landeschulrat Thorsten Altenburg-Hack. Jede Woche trifft er sich mit der Lehrer-, der Schüler- und der Elternkammer. Und dann gehe es auch immer um Details, um Kleinigkeiten, die bedacht werden müssen.
"Das ist ja ein komplexes Gefüge, wenn weitere Lerngruppen in eine Schule hinzugeholt werden. Weil ja die Raumkapazitäten für normal große Klassen ausgerichtet sind. Man kann sich ja mathematisch vorstellen: es gibt dann irgendwann einen Zeitpunkt, wo es dann nicht mehr passt."
Ein junge sitzt an seinem Schreibtisch und erledigt seine Mathe-Aufgaben im Homeschooling
Homeschooling: Eltern zeigen sich allgemein zufrieden mit dem Krisenmanagement der Hamburger Schulbehörde (picture alliance / HMB Media/Oliver Mueller)
Eltern und Lehrer loben das Krisenmanagement der Schulbehörde
Nach einer Umfrage der Landeselternkammer ist die Mehrheit der Hamburger Eltern mit dem neuen, zuhause ablaufenden Schulalltag zufrieden. Sogar die Lehrerkammer lobt das Krisenmanagement der Schulbehörde. Viele Eltern meldeten aber auch zurück, dass ihre Kinder mit den online verschickten Aufgaben überfordert seien, sagt Thorsten Altenburg-Hack. Es sei eben nicht ohne Weiteres möglich, neben dem Essenkochen und der eigenen Arbeit im Homeoffice auch noch als Hilfslehrerin oder –lehrer zu bestehen.
"Bis hin zu Fragestellungen der Lehrkräfte, die mich auch wirklich sehr berühren. Unsere Kinder und Jugendlichen, die in sozial herausfordernden Lagen leben, verschiedenster Art: aus gesundheitlichen Gründen, aus familiären Gründen, aus monetären Gründen oder aus sozialräumlichen Gründen. Das wir den Kontakt zu denen nicht verlieren, dicht an denen dran bleiben. Und für die ist ja Schule ein zentraler Punkt, ein zentraler Ort des gemeinsamen Lebens, wo sicherlich auch viele Dinge geboten werden, die die Familie an dieser Stelle nicht leisten kann."
Pädagogen besuchen Schüler und Schülerinnen zu Hause
Diese Kinder und Jugendlichen sollen früher wieder in Kitas und Schulen zurückkehren können als andere, sagt Hamburgs Landesschulrat Thorsten Altenburg-Hack. Weil der reguläre Unterricht aller Voraussicht nach aber erst gegen Ende des Jahres anlaufen wird, gibt es in der Hamburger Schulbehörde längst Planungen, wie den Schülerinnen und Schülern in diesen "herausfordernden Lagen" geholfen werden soll: einmal pro Woche werden die Eltern angerufen.
Zusätzlich besuchen die Pädagogen die Kinder und Jugendlichen zuhause, suchen das Gespräch durchs offene Fenster, über die Balkonbrüstung. Und gerade wird ein weiteres Angebot getestet: zusammen mit den Hausaufgaben werden kleine Lunchpakete überreicht, mit allen Zutaten für ein warmes, einfaches Mittagessen.