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Handball-Bundesliga
Selbst der Meister bangt um die Existenz

Weil Handball-Bundesliga-Vereine viel stärker als Fußball-Clubs auf die Zuschauereinnahmen und Sponsorengelder angewiesen sind, kämpfen inzwischen viele ums Überleben. Selbst der deutsche Meister Flensburg Handewitt gerät in Existenznöte.

Von Johannes Kulms | 01.04.2020
Kiels Steffen Weinhold (l) wirft gegen den Flensburger Spieler Holger Glandorf
Kiels Steffen Weinhold (l) wirft gegen den Flensburger Spieler Holger Glandorf (picture alliance/Frank Molter/dpa)
Anders Zachariassen ist Kreisläufer beim amtierenden Deutschen Handballmeister. Doch schon seit mehreren Wochen können er und die anderen Spieler von der SG Flensburg Handewitt nicht mehr zusammen trainieren. Statt der Fankulisse in der Halle nun also Rasenmähen
Auf Instagram zeigt sich in diesen Tagen Anders Zachariassen bei der Gartenarbeit.. Jeder Spieler entscheidet derzeit selber, wie er sich fit hält.
Bis mindestens Ende April ruht der Spielbetrieb in der Handball-Bundesliga. Das bedeutet harte finanzielle Einbußen für die Clubs. Deswegen hat vor wenigen Tagen auch die SG Flensburg Handewitt Kurzarbeit für ihre Beschäftigten beantragt. Dies betrifft alle Vereins-Mitarbeiter inklusive Trainer und Mannschaft. Die Spieler verzichten auf 40 Prozent ihres Gehalts.
HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann
Coronavirus und der Handball"Die größere Herausforderung ist die kommende Saison und die Jahre danach"
Frank Bohmann hat angesichts des Coronavirus vor schwierigen Zeiten für den Handball gewarnt. Vor allem die kommenden Saison werde eine Herausforderung, sagte der Geschäftsführer der Handball-Bundesliga.
Viele Clubs seien nun ebenfalls in Kurzarbeit, heißt es vom Verband der Handball Bundesliga, HBL. Die meisten Vereine hätten sich mit den Spielern auf einen Gehaltsverzicht geeinigt.
Flensburg, der Club, der zuletzt zweimal hintereinander die Meisterschaft holte, bangt um seine Existenz.
"Ja, das ist so, das ist der aktuellen Zeit geschuldet und das geht ja nicht nur uns so, sondern vielen Familien und anderen Unternehmen", sagt Flensburgs Geschäftsführer Dierk Schmäschke. Die Vereinbarungen über die Kurzarbeit geben dem Verein erst einmal Planungssicherheit bis zum 30. Juni.
Geisterspiele keine Lösung
Wie es insgesamt weitergeht ist schwer zu sagen. Die Partien ohne Publikum auszutragen, scheint wirtschaftlich nur wenig verlockend. Denn die TV-Gelder steuern laut Handball Bundesliga gerade mal zu zwei bis drei Prozent der Club-Einnahmen bei. 26 Prozent komme durch den Ticketverkauf rein, 72 Prozent durch Werbeeinnahmen. Doch auch viele der Unternehmen, die die Clubs sponsern, kämpfen nun mit der Corona-Krise.
Eine andere Option wäre, die Saison vorzeitig für beendet zu erklären. Dafür hatte sich kürzlich auch Jürgen Schweikardt ausgesprochen, Trainer und Geschäftsführer beim TVB Stuttgart. Dierk Schmäschke vom deutschen Meister in Flensburg hofft, dass es anders kommt:
"Am liebsten wäre mir natürlich, wenn wir irgendwann wieder normal spielen könnten. Darüber ist noch gar keine Entscheidung gefallen, ich denke auch nicht, dass man die jetzt treffen kann."
"Clubs werden das nicht überstehen"
Flensburgs Erzrivale THW Kiel wollte sich auf Deutschlandfunk-Anfrage nicht äußern. Man sei noch nicht so weit und stimme die Maßnahmen zur Bewältigung der Krise noch ab, so ein Sprecher.
Axel Geerken ist Geschäftsführer beim Bundesligisten MT Melsungen. Je länger der Spielbetrieb ruht, desto unwahrscheinlicher sei es, dass die Saison noch zu Ende gespielt werde, glaubt der frühere Nationaltorwart. Der Verein steht derzeit auf Tabellenplatz 7.
Geerken sagt: "Ja, aktuell spielt das, glaube ich, überhaupt gar keine Rolle, wer auf welchem Tabellenplatz steht."
Auch in Melsungen sind Kurzarbeit und Gehaltsverzichte beschlossen worden. Auch Axel Geerken macht im Interview deutlich, dass für die Handballvereine nun vor allem die Gesundheit der Menschen im Vordergrund steht. Doch irgendwann müsse der Spielbetrieb vor Zuschauern wieder losgehen hofft er. Denn: "Je länger das dauert, desto mehr Clubs werden das nicht überstehen können."