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Handel mit bedrohten Tier- und Pflanzenarten

Mit dem Washingtoner Artenschutzabkommen soll der internationale Handel von Tieren und Pflanzen, die bedroht sind, überwacht und beschränkt werden. 175 Staaten haben das Abkommen unterzeichnet. In gut einer Woche treffen sie sich zur Jahreskonferenz, auf der über aktuelle Schutzmaßnahmen verhandelt wird.

Von Georg Ehring | 05.03.2010
    Ja, es stehen neue Entscheidungen an und die betreffen immer stärker Meerestiere. Im Mittelpunkt des Interesses dürfte dieses Mal der Rote Thunfisch stehen. Monaco hat den Antrag gestellt, diesen stark gefährdeten Fisch in den Anhang eins des Artenschutzabkommens aufzunehmen. Das ist die strengste Schutzkategorie überhaupt. Tiere und Pflanzen, die hier gelistet sind, dürfen überhaupt nicht mehr international gehandelt werden, es sei denn, ein Land erklärt in Bezug auf diese Art ihren Ausstieg aus dem Abkommen.

    Für Harald Martens, beim Bundesamt für Naturschutz zuständig für gefährdete Tierarten, betritt das Washingtoner Artenschutzübereinkommen damit auch in anderer Hinsicht Neuland.

    "Das ist das erste Mal, dass eine kommerziell relevante Fischart für eine Anhang-eins-Listung vorgeschlagen wird, eine Anhang-eins-Listung bedeutet de facto ein Handelsverbot. Und das würde sicherlich einige mit dem Tunfisch Geld verdienende Nationen schwer treffen."


    Ob der Rote Thunfisch tatsächlich so streng geschützt werden wird, ist noch offen. Innerhalb der Europäischen Union gibt es unterschiedliche Positionen dazu, Fischereinationen wie Spanien haben Bedenken gegen diese strenge Unterschutzstellung, und über das Echo im Konzert der 175 Vertragsstaaten wollte man gestern beim Bundesamt für Naturschutz nicht spekulieren. Beate Jessel, die Präsidentin des Amtes, verwies jedoch darauf, dass sich der Thunfisch in einer Art Teufelskreis befindet, der zu immer weiter schrumpfenden Beständen führt.

    "Und das heißt, dass im Nahrungsnetz und auch von den Größen der Tiere die Exemplare immer kleiner werden. Denn die Großen werden herausgefangen, weil: Die Reproduktionszeiten, bis man sich fortpflanzen kann, werden immer kürzer. Die Lebenszeiten der Individuen verkürzen sich auch und dadurch nehmen die Populationen immer mehr ab. Und da gibt es beim Thunfisch schon sehr dramatische Populationseinbrüche."

    Besser geschützt werden sollen auch mehrere Hai-Arten, so der Dornhai und der Heringshai. Diskutiert werden soll auch ein strenger Schutz für den Eisbär, eine sehr symbolträchtige Art, die aber im Handel kaum eine Bedeutung hat. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen hat seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1975 den internationalen Artenschutz deutlich gestärkt, so das Bundesamt für Naturschutz. Gerade um bekannte Arten wie Tiger, Elefanten oder Menschaffen stünde es sehr viel schlechter, wenn es keine Schranken für den Handel mit ihren Produkten gäbe.

    Das Abkommen betrifft zurzeit 5000 Tier- und 28.000 Pflanzenarten. Nur für etwa fünf Prozent davon gibt es ein totales Handelsverbot. Für die Ein- und Ausfuhr der anderen Arten sind Zertifikate erforderlich, die von den Ursprungsländern ausgestellt werden. Doch das Abkommen ist immer nur so gut, wie es umgesetzt wird, so Uwe Schippmann, der Leiter des Fachgebiets Botanischer Artenschutz beim Bundesamt für Naturschutz.

    ""Das findet in verschiedenen Ländern durchaus unterschiedlich statt. Erstmal kostet das Geld, man muss eine Behörde einrichten, die das macht. Viele Länder möchten zwar gerne exportieren, haben aber nicht die Ressourcen, um so eine Behörde ordentlich auszustatten. Bei anderen Staaten muss man vielleicht auch den politischen Willen bezweifeln. Aber es gibt auch durchaus sehr gute Beispiele bei einigen Ländern, die wir durchaus den Entwicklungsländern zurechnen, aber die trotzdem da ein solides System aufgebaut haben."

    Was unter nachhaltiger Nutzung einer Art zu verstehen ist, das ist nach wie vor ins Belieben jedes einzelnen Landes gestellt. Deutschland setzt sich dafür ein, hier verbindliche Kriterien zu entwickeln, doch hier dürfte es bei der 15. Vertragsstaatenkonferenz in Doha noch keine Entscheidung geben, viele Länder fürchten um den freien Handel mit ihren Ressourcen. Das Washingtoner Artenschutzübereinkommen ist schließlich trotz dieses Namens, der sich in Deutschland eingebürgert hat, in erster Linie ein Handelsabkommen, das internationalen Handel mit geschützten Arten und ihren Produkten ermöglichen und nicht unterbinden soll.

    Es steht auch auf einem ganz anderen Gebiet vor neuen Herausforderungen, die den Schutz erschweren. Immer mehr werden geschützte Tiere und Pflanzen über das Internet gehandelt: Der Anbieter sitzt dann zum Beispiel in Deutschland, derjenige, der das Produkt verschickt, irgendwo in Afrika. Michael Müller-Böge ist zuständig für Rechtsangelegenheiten im Bundesamt.

    "Es geht halt schnell, man ist überall erreichbar, über die Grenzen erreichbar. Es geschieht anonym. Da hat man den Eindruck, als könnte man etwas vertuschen, verdecken. Das ist in der Tat allerdings nicht der Fall. Es gibt hier durchaus Recherchemöglichkeiten, die es kriminellen Personen durchaus schwer machen, wirklich anonym zu bleiben."

    Das ist als Warnung zu verstehen für alle, die hier etwas vorhaben - wie überall wo der Handel illegal ist, sind die Gewinne beim illegalen Handel zum Teil riesig.