Astrophysiker Reinhard Genzel

Detektiv des Weltalls

34:10 Minuten
Sternenhimmel im Zillertal, der Himmel spiegelt sich in einem Bergsee
"Mit Raumfahrt habe ich nichts am Hut", sagt Astrophysiker Reinhard Genzel. Denn was zu entdecken sei, sehe man besser von der Erde aus. © Unsplash / Eberhard Grossgasteiger
Moderation: Ulrike Timm · 26.03.2021
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Schwarze Löcher sind ein Faszinosum: Die unsichtbaren Schwerkraftmonster verschlucken selbst Licht. Der Astrophysiker Reinhard Genzel erhielt für den Nachweis ihrer Existenz den Nobelpreis - und neben dem Preisgeld auch noch einen Parkplatz.
Für den Nachweis der Existenz von Schwarzen Löchern im Weltraum erhielt Reinhard Genzel 2020 den Nobelpreis für Physik. Im Zentrum der Milchstraße, 27.000 Lichtjahre von der Erde entfernt, fand er bereits in den 90er-Jahren erste Anzeichen von "Sagittarius A". Das sei, berichtet er, "kein sehr großes Schwarzes Loch, ungefähr nur vier Millionen Mal die Masse der Sonne. Da gibt es viel schlimmere Dinger."
Dass diese "schlimmen Dinger" - sogenannte Quasare, riesige schwarze Löcher, die mit ihrer immensen Dichte und Strahlung ganze Galaxien vernichten können - sich weit genug von uns entfernt befinden, findet Genzel vorteilhaft: "Da geht es ungemütlich zu."

Parkplatz statt mehr Gehalt

Am Nobelpreis freut den Astrophysiker nicht nur die wissenschaftliche Würdigung, sondern auch etwas ganz Praktisches: An der Uni in Berkeley, wo Genzel neben seiner Tätigkeit am Münchner Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik arbeitet, dürfen nur Nobelpreisträger auf dem Campus parken. "Das ist das, was die Universität geben kann. Sie gibt keine Gehaltserhöhung, sie gibt einem einen Parkplatz."
An seinem Institut in München-Garching sei Parken hingegen zum Glück kein Problem. Dort wird vor allem an Methoden gearbeitet, den Weltraum noch besser zu erforschen: "Wir sind als Astrophysiker experimentell tätig. Das heißt, wir bauen Instrumente, schauen uns das Universum mit großen Teleskopen an und machen immer präzisere Messungen. Wir entdecken - und als nächstes fragen wir uns, wie ist das entstanden, wie hat sich das entwickelt."

Wertfrei forschen

Es geht also nicht darum, etwas herauszufinden, um damit den größtmöglichen Nutzen zu erreichen, sondern schlicht darum, ungeklärte Fragen zu beantworten. Doch gerade durch Grundlagenforschung sei viel Nützliches entstanden, betont Genzel:
"Mein Mentor, bei dem ich vieles gelernt habe in Kalifornien, Charley Townes, hat seinen Nobelpreis für die Erfindung des Lasers bekommen - ein Alltags-Präzisionsinstrument, das die Menschheit voranbringt." Dabei hatte der US-Forscher eigentlich ein ganz anderes Ziel verfolgt: "Townes wollte verstehen, wie Moleküle funktionieren, und dazu brauchte er eine Lampe, und das hat ihn auf die Idee des Lasers gebracht." Das zeige, wie wichtig es sei, erst einmal "wertfrei" zu forschen.

Sportlicher Kampfgeist

In seiner Jugend war Genzel nicht nur naturwissenschaftlich interessiert, sondern auch ein sehr guter Sportler. "Mit 16 Jahren war ich der beste deutsche Speerwerfer." Ein Sehnenriss beendet diese Karriere. Doch die Mühen waren nicht umsonst, der Sport habe ihm dann aber auch in der Wissenschaft geholfen: "Dieser Biss, den man braucht im Spitzensport, gibt einem wahnsinnig viel, wenn es in der Forschung oder im Leben nicht so läuft. Dieses Kämpfen hat mir viel gebracht."
Der Astrophysiker Reinhard Genzel im Porträt: Am 08.12.2020 nahm er den Physik-Nobelpreis  in der Staatskanzlei in München entgegen.
Diese "schlimmen Dinger": der Astrophysiker Reinhard Genzel. Am 8. Dezember 2020 nahm er den Physik-Nobelpreis in der Staatskanzlei in München entgegen.© picture alliance / /dpa / Sven Simon / Bernhard Ludewig/ nobelprize.org
Ans Aufhören denkt der 69-Jährige nicht: "Da ist noch so viel zu tun." Ins All fliegen möchte Genzel aber nicht: "Mit Raumfahrt habe ich nichts am Hut." Zu teuer, zu aufwendig, zu wenig Ergebnisse, meint er. Was zu entdecken ist, sehe man besser von der Erde aus, mit Licht und den entsprechenden Geräten.
Das größte Teleskop überhaupt steht in Chile, am "besten Platz in der Welt" mit klarem Himmel. Mit dessen Bildern und unzähligen Daten arbeiten die Forscher vor allem an ihren Computern: "Wir sind in der Tat Menschen, die zweidimensional leben. Das hat natürlich den Vorteil, dass es uns in diesem vermaledeiten letzten Jahr gelungen ist, relativ aktiv zu bleiben und mit stetigen Videokonferenzen weiterzumachen."
(mah)
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