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Handy-Chips für die Cloud

In den meisten Smartphones stecken Prozessoren, deren Architektur die britische Firma ARM limited entwickelt hat. Jetzt will das Unternehmen ihr stromsparendes Chip-Design auch an Server-Hersteller für die Cloud lizenzieren.

Von Achim Killer | 16.02.2013
    Im Oktober vor einem Jahr hat ARM die Version 8 seiner Prozessor-Architektur vorgestellt - die Funktionsprinzipien. Und mittlerweile ist das Design so weit entwickelt, dass Halbleiterhersteller Chips fertigen können. Das Besondere daran: Es handelt sich um 64-Bit-Bausteine, also Prozessoren, die über vier Gigabyte Arbeitsspeicher ansprechen können, mehr als ein noch so leistungsfähiges Handy braucht. Der Cheftechniker des Unternehmens, Mike Muller, lässt keinen Zweifel daran, in welchen Rechnern solche Chips verbaut werden sollen:

    "Laptops? Die interessieren mich nicht. Ich glaube nicht, dass dieser Markt besonders stark wächst. Laptops haben kaum Einfluss auf die künftige Entwicklung. Wie viele Leute haben denn schon ein 64-Bit-Betriebssystem auf ihrem Laptop? Ein paar, aber nicht viele. Das Interessante sind Server."

    Noch sieht es auf dem Markt für Server-Prozessoren aber ähnlich aus wie auf dem für PCs. In den allermeisten Rechnern stecken Intel-Chips. Ein bisschen Konkurrenz bekommt der Konzern von AMD, dem Unternehmen, das kompatible Prozessoren anbietet. Die anderen Prozessorhersteller haben sich in Nischen eingerichtet. Das könnte sich ändern, meint der Gartner-Analyst Adrian O’Connell:

    "Lange Zeit war der Servermarkt vom Wachstum des x86-Segments geprägt. Standard-Server haben die Hochleistungssysteme mit RISC-Prozessoren unter Unix an den Rand gedrängt. Zum ersten Mal bedroht jetzt etwas dieses Segment, etwas, das Teile des Marktes an sich ziehen könnte. Da entsteht etwas Wettbewerb. Das ist der interessante Aspekt daran."

    Die Chip-Schmiede ARM ist bei Smartphones und Tablets so erfolgreich, weil ihre Prozessoren wenig Strom benötigen, also den Akku schonen. Und der Stromverbrauch ist auch bei Servern für die Computing-Cloud entscheidend, also wenn es darum geht, Rechenzentren mit zig Tausenden von Computern auszustatten. Der Aufwand für den laufenden Betrieb, fürs Rechnen und Kühlen, übersteigt da in kürzester Zeit die Anschaffungskosten der Hardware. Deshalb experimentieren die Konzerne, denen die Cloud gehört, mit eigenentwickelter Hardware oder mit alternativen Architekturen. Facebook etwa hat das Open Compute Project initiiert, das standardisierte Hardware für große Rechenzentren entwickeln soll. Und Facebook testet auch ARM-Server.

    "Wir nennen es die Hyperscale-Gruppe unter den Anwendern. Das sind Internetunternehmen wie Google, Amazon und Facebook. Unternehmen, deren Rechenzentren hohen Anforderungen genügen müssen. Organisationen, die eine Infrastruktur mit sehr vielen Rechnern vorhalten müssen."

    Dass es für ARM-Prozessoren keine Rechenzentrumssoftware zu kaufen gibt, kümmere diese Hyperscale-Gruppe wenig, sagt Adrian Adrian O’Connell:

    "Das sind Unternehmen, die die Software auf allen Ebenen selbst kontrollieren. Und es sind ziemlich wenige Programme, die sie interessieren. Also wenn neue Systeme Vorteile bringen, dann können sie ihre Programme selbst anpassen, wohingegen gewöhnliche Unternehmen auf das Angebot von Softwarehäusern angewiesen sind."

    Hewlett Packard, ein Unternehmen, das die eigene Prozessorentwicklung eingestellt und bislang voll auf Intel gesetzt hat, will sogenannte Micro-Server auf ARM-Basis anbieten, Rechner, die sich Strom-Versorgung und Belüftung teilen und wovon ein paar Tausend in ein übliches Rechenzentrumsgestell passen. Und auch ein weiteres Unternehmen, das bisher im Windschatten von Intel Geschäfte gemacht hat, hofft auf ARM-Chips. AMD hat den Micro-Server-Hersteller Seamicro übernommen und wird künftig nicht nur Prozessoren mit x86, sondern auch mit ARM-Kernen anbieten.