Mittwoch, 24. April 2024

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Hannover Messe verschoben
Sechsstellige Umsatzeinbußen für Messebau und Gastronomie

Die ITB in Berlin, die Handwerksmesse in München, die Buchmesse in Leipzig sind abgesagt wegen des Coronavirus. Die Hannover Messe wird verschoben auf Mitte Juli. Nicht nur Messebetreiber und –bauer, auch Hotels und Gastronomie rechnen zum Teil mit Millionenschäden - und hoffen auf Hilfe aus Berlin.

Von Mischa Ehrhardt | 04.03.2020
, Niedersachsen, Hannover: Ein Mitarbeiter der Firma Festo schüttelt vor Beginn einer Pressekonferenz zur Hannover Messe zum Thema digitaler Wandel in der Industrie die pneumatisch betriebene Roboter Hand „Bionic Soft Hand“ der Firma Festo.
Vorerst kein Händeschütteln auf der Hannover Messe (dpa/Ole Spata)
"Besser spät als gar nicht". In diesen Slogan verpackt kommt am späten Vormittag die Mitteilung der Hannover Messe daher. Offenbar ein Versuch, etwas Humor und Zuversicht in eine ansonsten trübe Geschichte verschobener und abgesagter Messen zu bringen.
"Die Terminverschiebungen und die Absagen der letzten Wochen haben natürlich finanzielle Auswirkungen – auf Veranstalter, Aussteller, Messebauunternehmen und natürlich auch auf Hotels- und Gastronomie", sagt Jörn Holtmeier, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Messewirtschaft, AUMA.
Coronavirus
Coronavirus (imago / Science Photo Library)
Die Hannover Messe gehört zu den Branchentreffen, die später in das Jahr verschoben werden. So soll die internationale Industrie- und Investitionsgütermesse nun Mitte Juli stattfinden. Die Leipziger Buchmesse dagegen ist komplett abgesagt. Rund 2.500 Aussteller hatten sich für die kommende Woche in Leipzig angemeldet. Mit fast 300.000 Besuchern rechneten Stadt und Veranstalter. Nur hätten Aussteller und Besucher nachweisen müssen, dass sie in den vergangenen Wochen in keinem Corona-Risikogebiet gewesen sind und auch keinen Kontakt zu Risikopersonen gehabt haben. Das aber sei nicht zu machen gewesen. "Wir sind dabei, jetzt eine Taskforce zu bilden und genau schrittweise die Rückabwicklung der Messe in die Wege zu leiten. Aber die letzten Konsequenzen, kann ich jetzt so spontan nicht sagen", sagte Buchmesse-Direktor Oliver Zille gestern.
OECD warnt vor einer Verlangsamung des Wachstums Die Coronakrise hat erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft. Um dem entgegenzuwirken, hat die US-amerikanische Notenbank Fed ihre Leitzinsen gesenkt. Auch die Finanzminister der G7-Staaten zeigten ihre Bereitschaft, mehr Geld bereitzustellen.
Auch hier sind die Kosten der Absage noch nicht absehbar. In Berlin sollte die internationale Tourismusmesse ITB heute beginnen. Sie wurde erst vergangenen Freitag abgeblasen mit Folgen für Hotels und Gastronomen in Berlin. "Da haben natürlich hier in Berlin schon viele Betriebe entsprechend im Vorfeld kalkuliert und Waren geordert. Und man muss ja auch die Personalplanung berücksichtigen, die auf die Messe eingestellt wurde. Die kurzfristigen Absagen haben schon zu enormen Schäden hier in der Hauptstadt geführt", sagt die Hauptgeschäftsführerin des deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga, Ingrid Hartges.
Gastronomie erwartet Umsatzausfälle in sechsstelliger Höhe
In Hamburg trifft es auch eine Messe der Branche selbst: die Fachmesse Internorga. Auf der wollten Aussteller ab Freitag nächster Woche Trends in der Gastronomie und für professionelle Küchen zeigen. Immerhin, auch diese ist nicht abgesagt, sondern verschoben auf Sommer. Einen genauen Termin gibt es zur Stunde noch nicht. Die Messeausfälle jedenfalls belasten Hotels und Unternehmen der Gastronomiebranche zum Teil schwer. "Einzelne Rückmeldungen zeigen auf, dass es hier zu Umsatzausfällen in sechsstelliger, vereinzelt sogar siebenstelliger Höhe gekommen ist. Wir starten heute eine Umfrage, um uns über das konkrete Ausmaß der Betroffenheit zu informieren, um auch in der Lage zu sein, die regionale Betroffenheit und die Betroffenheit nach Betriebstypen zu identifizieren", sagt Hartges?.
Branchenverband FAMAB: "Messe-Baubranche stirbt gerade."
Darüber hinaus betroffen von den Messeausfällen und Verschiebungen sind natürlich auch Firmen, die im Messebau tätig sind, die die Stände der Aussteller auf und abbauen. Jan Kalbfleisch vom Branchenverband FAMAB schätzt die in seiner Branche entstandenen Schäden allein in den vergangenen zwei Wochen schon auf über 400 Millionen Euro. "Wir müssen davon ausgehen, dass die Messe-Baubranche gerade stirbt durch diese Entwicklungen. Auch wenn viele Messen davon sprechen, dass sie nur verschoben sind, ist das natürlich für den Dienstleister erst einmal eine ganz dramatische Folge".
Deswegen hoffen Gastronomie und Messebauverbände auf Hilfe der Bundesregierung, um die Krise und die Schäden für die Unternehmen rund um das Messegeschäft zu lindern. "Wir hoffen ganz dringend auf Hilfe von politischer Seite. Denn das ist der perfekte Sturm, der gerade über uns herein bricht. Und Sie können das nicht einfach wegorganisieren als Unternehmen, wenn Ihnen auf einen Schlag 80 Prozent des Umsatzes wegfallen". Allerdings steht die Frage noch aus, wer am Ende für die Ausfallschäden wirklich aufkommen muss. Denn in diesem Fall könnte es auch Aussteller treffen, die die Messebauer beauftragt haben. Diese Fragen werden nun geklärt und auch, ob möglicherweise spezielle Versicherungen greifen.