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Haushaltsüberschuss
Gabriel fordert Investitionen statt Schuldentilgung

Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) lehnt die Pläne von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zur Verwendung des Haushaltsüberschusses ab. Statt Schulden zu tilgen, solle in Schulen und Infrastruktur investiert werden, sagte er dem Deutschlandfunk.

Von Frank Capellan | 13.01.2017
    Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) spricht während einer Pressekonferenz am 19.12.2016 in Berlin. Gabriel zog vor den Hauptstadtjournalisten Bilanz zur Wirtschaftspolitik der Bundesregierung im Jahr 2016.
    Bundeswirtschaftsminister Gabriel. (dpa/picture-alliance/Michael Kappeler)
    "Eine Steuerentlastung von jährlich 15 Milliarden Euro ist möglich und notwendig", bekräftigt Wolfgang Schäuble. Der Finanzminister wirbt für eine große Reform in der nächsten Legislaturperiode. "Wir gehen sowohl an die Lohn- und Einkommensteuer als auch die Unternehmensteuer ran", meint der Christdemokrat gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Und Schäuble verspricht zusätzlich, den Soli abzubauen. Beim Koalitionspartner stoßen solche Pläne auf Ablehnung. Im Gespräch mit dem Deutschlandfunk spricht sich SPD-Chef Sigmar Gabriel kategorisch gegen Steuersenkungen aus. Der Vizekanzler lehnt auch das Vorhaben Schäubles ab, den Haushaltsüberschuss von 6,2 Milliarden Euro zur Schuldentilgung zu nutzen.
    "Dann kommt es die Bürger teuer"
    "Eine Steuersenkung oder eine Schuldentilgung: Da sozusagen brüstet sich der Finanzminister heute. Wenn wir dann die Schulen in fünf Jahren erst sanieren oder vielleicht noch später, haben erstens die Schüler drunter zu leiden, wahrscheinlich ist es dann aber viel teurer, und die Zinsen sind höher. Und dann kommt es die Bürger teurer. Wir sind eindeutig dafür: Vorfahrt für Investitionen!"
    Auch SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte sich bei der Klausurtagung seiner Abgeordneten gegen die Schuldentilgung stark gemacht. In Deutschland herrsche ein riesiger Investitionsstau, dem müssten die Sozialdemokraten entgegenwirken. Die überaus gute Kassenlage für 2016 trotz der Flüchtlingskosten ist der Rekordbeschäftigung zu verdanken, höhere Steuereinnahmen und geringere Ausgaben schlugen positiv zu Buche.
    "Es kann nicht sein, dass wir Sanierungsmaßnahmen aufschieben"
    "Meine Sorge ist, dass wir uns zu sicher sind über die guten wirtschaftlichen Zustände in Deutschland", betont Wirtschaftsminister Gabriel. "Eigentlich müssen wir doch heute über die Frage reden: Wie schaffen wir das, dass es in zehn Jahren noch gut ist, dass wir genug Arbeitsplätze haben, gut bezahlte. Und ich sage, wenn wir einen Sanierungsbedarf von 34 Milliarden an Deutschlands Schulen haben, wenn wir Brücken stilllegen müssen, weil kein Auto mehr drüber fahren kann aus Sicherheitsgründen, und wenn wir bei der digitalen Infrastruktur - wie Frau Merkel ja selber sagt - Entwicklungsland sind, dann kann es nicht sein, dass wir alle diese Sanierungsmaßnahmen weiter aufschieben."
    Die Christdemokraten wollen auf ihrer heute im saarländischen Perl beginnenden Vorstandsklausur über die Verwendung des Überschusses beraten. Während Finanzminister Schäuble das Geld zum Abbau der Schulden einsetzen möchte, bringt die Parteispitze ein anderes Modell ins Spiel: Zu je einem Drittel soll das Geld für den Ausbau der Infrastruktur, Steuersenkungen und eben die Schuldentilgung eingesetzt werden.