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Hautwurm im Anflug

Wissenschaftler des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin haben einen für Deutschland neuen Hundeparasiten entdeckt. In Brandenburg stießen sie auf einen Wurm, der unter der Haut von Hunden lebt und über Stechmücken verbreitet wird.

Von Joachim Budde | 31.07.2013
    Brandenburg hat einen neuen Parasiten: 2011 und 2012 haben Wissenschaftler des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg dort Dirofilaria repens gefunden. Der Wurm lebt unter der Haut von Hunden. Dort bildet er seine Nachkommen, winzig kleine Wurmlarven, Mikrofilarien. Die warten darauf, dass eine Stechmücke beim Hund Blut saugt, sagt Professor Egbert Tannich, der am Nocht-Institut die Abteilung für Molekulare Parasitologie leitet.

    "In der Stechmücke durchlaufen diese Parasiten dann eine bestimmte Reifung, und nach 10 bis 30 Tagen je nach Außentemperatur können dann diese infektionstüchtigen Larven auf das nächste Tier übertragen werden und entwickeln sich da wieder zu einem erwachsenen Wurm, der wieder unter der Haut lebt, und so ist der Zyklus dann vervollständigt."

    Die Wissenschaftler haben die Parasiten im Rahmen des Mückenmonitorings entdeckt, das Egbert Tannich koordiniert, und in dem Forscher in neun Bundesländern seit 2010 im Auftrag des Umweltbundesamtes nach invasiven Stechmückenarten und nach Krankheitserregern in Stechmücken suchen.

    Lange war es in Deutschland für diesen Wurm zu kalt. Eine infizierte Mücke starb, ehe die Dirofilaria-Larve sich weit genug entwickeln konnte, um einen Hund anstecken zu können.

    "Es dauert mehrere Tage bis Wochen, bis aus der aufgenommenen kleinen Larve sich eine infektionstüchtige sogenannte L3-Larve entwickelt hat. Wenn es nur 20 Grad Durchschnittstemperatur hat, dauert es 30 Tage, und wenn es 30 Grad Außentemperatur hat, dauert es nur zehn Tage."

    Darum hängt es auch vom Wetter der nächsten Zeit ab, wie die Situation in diesem Jahr aussehen wird, sagt Egbert Tannich.

    "Wenn es weiter warm bleibt, wie es im Moment ist, und die Temperaturen vielleicht noch weiter steigen, dann besteht natürlich die Gefahr, dass sich in sehr vielen Mücken diese Würmer zu infektionstüchtigen Larven entwickeln, und dann ist natürlich auch eine hohe Übertragung gegeben, sowohl für Hunde als auch eben für den Menschen."

    Bisher ist dem Bernhard-Nocht-Institut noch kein Fall bekannt geworden, in dem sich ein Mensch in Deutschland mit dem Parasiten angesteckt hätte. Bei 30 Touristen, die aus Südeuropa, Asien oder Afrika zurückgekehrt sind, haben Ärzte in den letzten Jahren Dirofilarien gefunden.

    "Der Parasit entwickelt sich im Menschen nicht weiter, er stirbt in der Regel frühzeitig ab. In wenigen Fällen entwickelt er sich zu einem größeren Wurm, der dann unter der Haut wandert, ähnlich wie das bei dem Hund auch der Fall ist, und das empfindet der Mensch als wandernde Schwellung in der Haut. Der Wurm stirbt aber dennoch ab, den findet man dann in so einem kleinen Hautknötchen. Was immer wieder vorkommt, ist dass die Würmer auch unter der Haut wandern und dann durchs Auge, unter der Bindehaut entlangwandern, dann kommt es zu Hautrötungen, und der Augenarzt findet diesen Wurm im Auge und muss ihn dann rausoperieren."

    Die Dirofilarien kommen vermutlich aus Südeuropa nach Deutschland.

    "Seit 2001 gibt es eine erleichterte Einfuhr von Hunden aus anderen EU-Ländern, und in Griechenland, Italien ist diese Infektion weit verbreitet, Hunde, die einmal infiziert sind, können bis zu sieben Jahre den erwachsenen Wurm unter der Haut tragen, das heißt, ein einmal infizierter, nicht behandelter Hund, der dann nach Deutschland gebracht wird, ist dann für viele Jahre eine Nahrungsquelle für die Mücken, um dann solche Mikrofilarien aufzunehmen."

    Darum sollten Hundebesitzer ihre Schützlinge im Auge behalten.

    "Sie müssen darauf achten, dass wenn ihr Hund sich sehr viel kratzt und wenn er das Gefühl hat, der hat irgendeine Hautentzündung, eine Dermatitis, dass er vielleicht doch dann zu seinem Tierarzt geht, dass der eine Blutuntersuchung macht, dann kann man diese Infektion nachweisen, und dann gibt es eine Wurmkur, mit der man die Infektion behandeln kann. Wenn wir es schaffen, möglichst viele Hunde zu behandeln, also möglichst wenig infizierte Hunde zu haben, dann werden wir auch wenige Übertragungen auf den Menschen haben, und dann werden wir eben auch wenig klinische Komplikationen sehen."