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Heimrecht im DFB-Pokal
Hohe Anforderungen an Amateurclubs

Mehr als 90 Amateur-Vereine können sich noch für den DFB-Pokal qualifizieren. Und alle müssen sich bereits jetzt Gedanken machen, ob und wie sie ein Heimspiel gegen einen Proficlub unter Corona-Bedingungen autragen können. Viele Amateurclubs fühlen sich mit Anforderungen des DFB überfordert.

Von Jessica Sturmberg | 02.08.2020
Der DFB-Pokal
Die Anforderungen des DFB an die potentiellen DFB-Pokalteilnehmer sind hoch. (imago sportfotodienst)
Noch mehr als 90 Vereine könnten zu den 23 Amateur-Clubs gehören, die an der ersten DFB-Pokalrunde teilnehmen. Denn in den meisten Regional- und Landesverbänden stehen jetzt erst einmal die Halbfinalspiele an, bevor dann am 22. August - am Tag der Amateure - die Sieger gekürt werden. Neun weitere Teams, die der Amateurseite zugerechnet werden, stehen schon fest.
Doch alle anderen arbeiten derzeit mit Eventualitäten. Wenn sie es schaffen, wo wollen sie das Spiel gegen einen Erst- oder Zweitligisten austragen? "Auf jeden Fall in Düren", sagt Kevin Teichmann, Sprecher des 1. FC Düren. Sollte sein Verein der Sieger des Fußballverbands Mittelrhein werden, dann wäre Düren zugleich auch der große Gewinner der Auslosung in der vergangenen Woche in der ARD Sportschau mit Moderatorin Jessy Wellmer und DFB Präsident Fritz Keller: "So dann haben wir den FV Mittelrhein – Mittelrhein, da dürfte Alemannia Aachen, ehemaliger Bundesligist ja als Favorit gelten – FC Bayern München – Ha!"
Normalerweise wäre das der große Hauptgewinn. Aber was ist das Los wert in einem Jahr, in dem nach Stand heute nur 500 Zuschauer zugelassen sind und ein umfangreiches Sicherheits- und Hygienekonzept erfüllt werden muss? "Wir sehen das auch so, dass das Los FC Bayern vielleicht noch nie so unattraktiv war", sagt Kevin Teichmann. Auch wenn es immer noch ein Karrierehöhepunkt für das junge Dürener Team wäre, dass aus vielen Studenten besteht und in der Mittelrheinliga spielt.
Zuschauereinnahmen ungewiss
Auch finanziell wäre das Erreichen der ersten Runde des DFB-Pokals bei weitem nicht so lukrativ wie sonst. Zwar gibt es ein Startgeld vom DFB, doch auch deutlich höhere Kosten und nur geringe Zuschauereinnahmen. Falls am 11. September, wenn die erste Runde beginnt, überhaupt noch Zuschauer zugelassen sind.
Dennoch will der 1. FC Düren alles unternehmen, um das Heimrecht zu behalten. "Also wir möchten in unserer Heimat gerne dann, wenn wir uns diese einmalige Chance erarbeiten sollten, spielen auf der ältesten Fußball-Holz-Tribüne Deutschlands. Dann mit so vielen Fans, wie dann vielleicht erlaubt sind. Also das ist der Plan, den wir jetzt dem DFB gegenüber kundtun werden."
Eine volle Zuschauertribuene in einem Fussballstadion.
Coronakrise im Fußball - Zuschauer im Stadion - ja, nein, vielleicht
Die Bundesliga diskutiert längst wieder darüber, ob und wann Fans wieder in die Stadien dürfen. Doch Virologen warnen.
Doch die Anforderungen sind hoch, 81 Seiten umfasst das Regelwerk, 15 pdf-Seiten sollen die Amateurvereine ausgefüllt bis zum 17. August eingereicht haben. Noch bevor feststeht, wer tatsächlich am Ende dabei ist. Warum der DFB diesen Weg wählt, erklärte die stellvertretende Generalsekretärin Heike Ullrich bei der Auslosung in der ARD so: "Die Vorbereitung auf die erste Runde ist gerade für die unterklassigen Mannschaften eine Riesenherausforderung. Allein schon ohne Corona. Mit Corona heißt das aber: Einreichung von Hygienekonzepten, Abstimmung mit Gesundheitsbehörden vor Ort und das alles wollen wir gemeinsam jetzt schon gerade mit den unterklassigen Vereinen angehen, dass wir dann, wenn wir wissen, wer wirklich qualifiziert ist, vorbereitet sind."
Anforderungen sind hoch
Das heißt aber auch rund 70 Vereine zerbrechen sich gerade die Köpfe darüber, wie und wo sie ihr Heimrecht wahrnehmen würden, obwohl sie dann doch nicht dabei sind. Und der Aufwand ist für Clubs, in denen diese Entscheidungen von Ehrenamtlichen in ihrer Freizeit getroffen werden müssen, hoch, sagt Markus Schütte, sportlicher Leiter der ersten Mannschaft vom SC Spelle-Venhaus im Emsland. Der Oberligist steht im Halbfinale des Niedersachsen-Pokals und hat eine realistische Chance auf den Pokalsieg.
"Es sind letztendlich 81 Seiten, die wir jetzt im Fußball-Vorstand durcharbeiten müssen und dann natürlich schauen müssen bezüglich des Hygienekonzeptes, ob das bei uns möglich ist, das auch umzusetzen bei uns und dass wir das nicht in ein, zwei Tagen durchgehen können, ist auch klar und haben fast jeden Abend eine Sitzung. Das ist ein Riesenaufwand."
Was er und der Vorstand gerade leisten für die potenzielle Chance im DFB-Pokal gegen den FC Augsburg zu spielen, will er gar nicht an die Mannschaft heranlassen. Dass sie überhaupt schon so weit gekommen ist, sei eine Riesenleistung, betont er und die Spieler sollen sich ganz auf das Halbfinale am 15. August gegen den MTV Gifhorn konzentrieren.
Sollten sie dann weiterkommen und auch das Finale in Hannover gewinnen, stünden auch mehrere Corona-Tests für die Spieler an. Zusatzkosten, die ebenfalls eingeplant werden müssen.
Und ob sie mit ihrem Stadion, dass in normalen Zeiten rund 4.000 Zuschauer fasst, auch die Anforderungen für die Ausrichtung eines DFB-Pokalspiels erfüllen können, ohne dass der Aufwand zu groß wird, kann er momentan noch nicht sagen. "Wir haben eine Tribüne zurzeit, die zweite ist gerade im Bau. Aber bei Sitzplatztribüne haben wir nachher 300 Sitzplätze wohl und müssten dann die anderen 200 Sitzplätze sozusagen durch Klappstühle oder wie auch immer zur Verfügung stellen."
Heimrecht-Tausch wäre "absolut schmerzhaft"
Gut möglich, dass sie in das Stadion des Drittligisten SV Meppen ausweichen oder sogar das Heimrecht ganz abgeben und zum Gegner Augsburg fahren müssten. Gerade auch weil, so viele Speller darauf hinfiebern und es schon jetzt schwierig wäre, die wenigen Karten an die vielen verdienten Ehrenamtlichen und Sponsoren zu vergeben, wäre das für Markus Schütte "absolut schmerzhaft. Absolut. Und deswegen sage ich auch für uns ist es zurzeit so, man kann ich gar nicht so richtig darauf freuen, dass wir hier bald ein Halbfinale haben und uns qualifizieren können für den Tag der Amateure. Darf man ja auch nicht vergessen, der Tag der Amateure wird ja auch schon in der ARD übertragen."
Der DFB hat auf die Kritik, die Amateurclubs geäußert haben, dass sie durch diesen hohen bürokratischen Aufwand quasi gezwungen würden, das Heimrecht abzugeben, geantwortet: Falls Vereine dies bis zum 17. August nicht schaffen, würde man keinen vom Pokal ausschließen und Hilfe anbieten. Markus Schütte hat einen großen Wunsch an den DFB: "Ein Ansprechpartner, der uns zur Seite steht, mit dem wir ein Konzept entwickeln können, wo wir sagen das und das können wir machen, das können wir leisten unter den und den Umständen und dass das Verständnis vom DFB auf jeden Fall da ist und auch diese Einsicht, dass ein Amateurverein dieses Erlebnis gerne, gerne im eigenen Stadion haben möchte."