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Heißer Ofen

Umwelt. - Im Silicon Valley herrscht wieder einmal Aufbruchstimmung. Nach der Halbleiter-Revolution in den 1970er Jahren und dem IT-Boom der 90er ist nun die Ökotechnologie dran. Den Planeten retten und dabei Geld verdienen, lautet das Motto. In Folge 1 unserer neuen Reihe geht es heute um neuartige solarthermische Kraftwerke.

Von Ralf Krauter | 23.12.2008
    Wenn ein kleines Unternehmen verkündet, die Effizienz einer etablierten Kraftwerkstechnologie mal eben um sechs Prozent steigern zu wollen, ist Skepsis angebracht. Im Fall von Brightsource Energy deutet allerdings vieles darauf hin, dass die Ankündigungen einer neuen Generation solarthermischer Kraftwerke Substanz haben. Viele der Forscher und Ingenieure der 2006 gegründeten Firma mit Sitz in Oakland waren bereits vor 20 Jahren bei der Sonnenwärme-Ernte tätig. Für die israelische Firma Luz entwickelten sie damals die weltweit ersten kommerziellen Parabolrinnenkraftwerke, die zwischen 1984 und 1990 in der südkalifornischen Wüste installiert wurden und dort bis heute Strom erzeugen – erklärt Charles Ricker, einer der Gründer von Brightsource Energy.

    "Schon Ende der 1980er Jahre war klar, dass es bessere Technologien als verspiegelte Parabolrinnen gibt, um Sonnenwärme einzufangen. Damals wurden neue Dampfturbinen verfügbar, die bei höheren Betriebstemperaturen effizienter Strom erzeugten als ihre Vorgänger. Den dafür erforderlichen hoch erhitzten Dampf können Parabolrinnen aber nicht liefern. Dazu war ein turmbasiertes Konzept nötig, das seinerzeit aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr umgesetzt wurde. Doch als das Entwicklerteam 2004 wieder zusammen kam, um ein besseres Design zu entwickeln, stand fest: Parabolrinnen waren gestern. Die Zukunft gehört den Solartürmen."

    Bei Parabolrinnenkraftwerken im Megawatt-Maßstab, wie sie derzeit auch in der spanischen Provinz Granada gebaut werden, fokussieren Spiegelrinnen Sonnenlicht auf Metallrohre, in denen ein spezielles Öl zirkuliert. Das Öl wird dabei bis zu 400 Grad heiß und treibt über einen Wärmetauscher eine Dampfturbine an. Moderne Dampfturbinen mögen es aber am liebsten noch heißer. Bei Temperaturen von 550 Grad Celsius und mehr verwandeln sie Hitze am wirksamsten in Strom. Um solche Temperaturen zu erreichen, verwendet Brightsource riesige Felder konzentrisch angeordneter Spiegel, die das Licht auf die Spitze eines Turms in ihre Mitte lenken.

    "Im Grunde machen wir nichts anderes, als einen großen Wasserkochtopf auf die Spitze eines 120 Meter hohen Turms zu setzen und diesen Turm mit Spiegeln zu umringen. Für ein 200 Megawatt-Kraftwerk, das 150.000 Haushalte versorgt, verwenden wir 200.000 Spiegel, die wir auf Stützen montieren und computergesteuert der Sonne nachführen. Wir haben also eine Fläche von 1,5 Millionen Quadratmetern, die alles Sonnenlicht, das sie trifft, auf diesen einen Wasserkocher lenkt."

    In einem zweistufigen Prozess entsteht dort 550 Grad heißer Dampf für eine am Boden montierte Turbine. Berechnungen zufolge lassen sich so 20 Prozent der Sonnenwärme in Strom verwandeln. Die besten Parabolrinnenkraftwerke schaffen nur 14 Prozent. Und es gibt weitere Vorteile: Weil das Turmkraftwerk Wasser direkt verdampft, sind Wärmetauscher überflüssig und viel weniger Klempnerarbeiten nötig. Außerdem sind flache Spiegel preiswerter als gekrümmte. All das spart Kosten. In Oakland ist man deshalb überzeugt, die Kilowattstunde Strom ein Drittel billiger erzeugen zu können als heutige Parabolrinnen-Kraftwerke. Eine im Sommer in Betrieb genommene Pilotanlage in Israel belege, dass die Technologie ausgereift sei, sagt Charles Ricker. Höhere Energieausbeute bei geringeren Kosten - kein Wunder, dass kalifornische Energieversorger hellhörig wurden. Im Auftrag von Pacific Gas & Electric plant Brightsource in der Nähe von Las Vegas vier Solarthermiekraftwerke mit insgesamt 400 Megawatt Leistung. Das erste soll 2011 ans Netz gehen. Verträge für weitere 500 Megawatt sind unterzeichnet und die Aussichten rosig. Konkurrenz gibt es zwar – etwa vom Start-Up-Unternehmen eSolar in Pasadena - doch der Markt wächst so rasant, dass momentan jeder genug vom Kuchen abbekommt.

    "Eine Reihe US-Bundesstaaten haben ihren Energieversorgern vorgeschrieben, einen wachsenden Anteil ihres Stromes aus regenerativen Quellen zu gewinnen. In Kalifornien muss diese Quote bis 2010 bei 20 Prozent liegen, 2020 bereits bei 33 Prozent. Deshalb suchen die Stromversorger jetzt händeringend nach Anbietern erneuerbarer Energien."