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Helsinki
Traditioneller Treffpunkt großer Gegenspieler

Das Verhältnis zwischen den USA und Russland ist an vielen Stellen zerrüttet. Ein kurzer Gipfeltag von US-Präsident Donald Trump mit Kremlchef Wladimir Putin in Helsinki kann nur ein Anfang sein. Finnland ist zumindest ein erfahrener Gastgeber, auch in politisch angespannten Zeiten.

Von Carsten Schmiester | 13.07.2018
    Helsinki
    Die finnische Hauptstadt Helsinki war schon oft Gastgeber für Treffen der Präsidenten von USA und Russland. (imago/Westend61)
    Finnland hat viele historische Treffen erlebt, aber der 1. August 1975 sticht heraus: 35 Staats- und Regierungschefs setzten ihre Unterschriften unter ein Dokument, das den "Geist von Helsinki" beschwor: Verständigung auch über große Differenzen hinweg. Bundeskanzler Helmut Schmidt hatte damals die Bundesrepublik in Finnland vertreten. Sein späterer Nachfolger Helmut Kohl äußerte sich vorsichtig anerkennend:
    "Wir haben in diesem Jahr erlebt, dass die Staatsoberhäupter und Regierungschefs der europäischen Länder, auch der Vereinigten Staaten, in Helsinki zusammenkamen und dort gemeinsam ein Dokument, das Dokument der KSZE unterzeichnet haben in der Hoffnung, dass damit mehr Friede und mehr Entspannung in Europa kommen kann und damit auch in der Welt."
    Erfolgreiche finnische Vermittlung
    Kritiker sahen die Schlussakte zunächst aber als Sieg des Ostblocks. Der habe sich mit zentralen Forderungen durchgesetzt: Festschreibung der Teilung Europas, Zugang zu neuen Märkten. Allerdings, Helsinki garantierte auch die Meinungs-, Reise- und Informationsfreiheit und wurde so zu einer Keimzelle der Bürgerrechtsbewegungen im Osten. Ein Höhepunkt finnischer Vermittlungsanstrengungen, aber nicht deren Beginn, sagt Politikprofessor Juhana Aunesluoma von der Universität Helsinki:
    "Seit den späten 1960er Jahren haben sich Führer der damaligen Sowjetunion und der USA hier getroffen, unter anderem Boris Jelzin und Bill Clinton. Wir hier in Finnland blicken also auf eine sehr lange Geschichte von Treffen der Staatschefs und Präsidenten beider Staaten zurück."
    Und fast immer hörten die Statements am Schluss sehr gut an. "Bei jeder Zusammenkunft haben wir die Beziehungen unserer Nationen verbessert für Freiheit und Fortschritt", sagte Bill Clinton 1997 nach dem bisher letzten großen amerikanisch-russischen Gipfel. Und immer war die finnische Hauptstadt eine gute Bühne, die keiner Seite einen Vor- oder Nachteil bot, die keine Themen vorgab oder sie ausschloss.
    Balance aus Distanz und Nachbarschaft
    Im Kalten Krieg war das neutrale Finnland geopolitisch "eingeklemmt" zwischen Ost und West. Und auch heute ist es zwar westlich orientiert, unterhält aber trotzdem gut Beziehungen zu Moskau, sagt Teija Tiilikainen vom Außenpolitischen Institut "FIIA". Die Finnen beherrschen den Balanceakt!
    "Ich sehe kaum einen Unterschied in Finnlands Beziehungen zu Russland und zum Westen. Wenn, dann liegt das an unserer gemeinsamen langen Grenze. Sie bringt eine Menge von Problemen, die gemeinsam gelöst werden müssen, und beschreibt Finnlands Sonderstatus: Wir müssen in guten und schlechten Zeiten gesprächsbereit sein und immer in der Lage, mit Moskau auch in Krisensituationen zu Recht zu kommen, wenn die Atmosphäre einmal nicht so gut ist."
    So wie jetzt. Die Spannungen sind groß, aber das ist auch die Bereitschaft der Finnen, bei ihrem Abbau zu helfen. Gastgeber und Präsident Sauli Niinistö sieht sein Land einmal mehr in der Verantwortung:
    "Es hat hier ja schon amerikanisch-russische Gespräche auf hoher Ebene gegeben. Wir setzten das jetzt auf höchster Ebene fort. Jede Nation sollte ihr Bestes für den Frieden tun. Und ich sehe dieses Treffen ganz klar als Friedensförderung."