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Herkunftsnennung bei Straftätern
NRW als Vorbild für ganz Deutschland?

Per Erlass will das NRW-Innenministerium regeln, dass die Polizei künftig die Herkunft aller Tatverdächtigen nennt. So gespalten wie die öffentliche Debatte, so unterschiedlich sind auch die Reaktionen aus den übrigen Bundesländern, zeigt eine Umfrage des Deutschlandfunks.

Von Sören Brinkmann | 27.08.2019
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul
Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (picture alliance/Rene Werner/dpa)
Die einen sehen Vorbildcharakter, die anderen wollen die Erfahrungen in Nordrhein-Westfalen abwarten, viele Bundesländer verweisen auf den Pressekodex, in dem es schon jetzt eine Regelung zu dem Thema gibt. Darin heißt es: Die Zugehörigkeit zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten solle in der Regel nicht erwähnt werden. Es sei denn, es bestehe ein begründetes öffentliches Interesse.
In Berlin, Bremen, Rheinland-Pfalz, Hessen oder Baden-Württemberg soll sich die Polizei in ihrer Presse- und Öffentlichkeitsarbeit weiterhin an genau diese Prinzipien halten. Einen Änderungsbedarf sieht man auch in Niedersachsen nicht. Der zuständige Innenminister Boris Pistorius von der SPD teile auf Anfrage des Deutschlandfunks mit:
"Wenn es für den Sachverhalt und die Öffentlichkeit relevant ist, nennt die niedersächsische Polizei die Nationalität der Tatverdächtigen auch jetzt schon. Ich sehe überhaupt keinen Anlass dafür, die aktuelle Praxis zu ändern. Es führt auch nicht zu mehr Transparenz, jetzt immer die Nationalitäten der Tatverdächtigen zu nennen, auch wenn es für den geschilderten Sachverhalt überhaupt nicht relevant ist. Genauso wenig berichtet die Polizei über Kleidung, Haarfarbe oder Größe der Tatverdächtigen. Es sei denn, diese Angaben sind relevant."
Mit Transparenz hatte NRW-Innenminister Herbert Reul von der CDU argumentiert – bei seinem Vorstoß. So sollte in Zukunft Spekulationen und populistischer Bauernfängerei entgegentreten werden.
Hintergrund: Für die Umfrage wurden die Pressestellen der 15 Innenministerien (mit Ausnahme des nordrhein-westfälischen) angeschrieben. Mit Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Sachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Berlin und Hessen antworteten neun innerhalb der von uns gesetzten Zeitfrist.
Joachim Herrmann: Werden Neuregelung näher anschauen
Die Bayerische Landesregierung will einen genaueren Blick auf die nordrhein-westfälische Praxis werfen. Innenminister Joachim Herrmann ließ mitteilen:
"Wir werden uns die beabsichtigte Neuregelung in Nordrhein-Westfalen näher anschauen und gegebenenfalls entscheiden, ob in Bayern Änderungen oder Ergänzungen notwendig sind. Bislang hat sich die Praxis in Bayern bewährt."
Eine Vereinheitlichung auf Landesebene strebt man bei der Polizei in Sachsen an. Denn derzeit werde die Nennung der Nationalität bei mutmaßlichen Straftätern in den Pressestellen der fünf sächsischen Polizeidirektionen noch unterschiedlich gehandhabt. Aktuell finde eine Diskussion über das Für und Wider statt.
Oder einheitliche Regelungen der Bundesländer?
Als Vorschlag für eine bundesweite Vereinheitlichung kann man den Stadtpunkt aus Mecklenburg-Vorpommern verstehen. Von Innenminister Lorenz Caffier hieß es:
"Es wäre wünschenswert, wenn die Bundesländer für ihre Polizeien einheitliche Regelungen aufstellen würden. Ich bin für Transparenz und kann mir deshalb für die Landespolizei M-V auch ein Verfahren wie in NRW vorstellen."