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Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Schon leichtes Übergewicht steigert das Risiko

Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall: Zu viel Speck auf den Rippen steigert das Risiko für kardiovaskuläre Krankheiten - und zwar schon bei leichtem Übergewicht, warnen Herzspezialisten. Selbst bei einem Body-Mass-Index im Normalbereich können Probleme auftreten.

Von Mirko Smiljanic | 10.04.2018
    Ein Big Mac auf einer Personenwaage / Symbolbild Übergewicht
    Übergewicht ist nicht nur ein kosmetisches Problem, sondern ein Risikofaktor für viele Krankheiten (picture-alliance/ dpa)
    Keine Frage, adipöse Menschen mit einem Body-Mass-Index - kurz BMI - jenseits der 30 leiden häufiger an kardiovaskulären Krankheiten. Im BMI-Normalbereich - bei Frauen liegt er zwischen 19 und 24, bei Männern zwischen 20 und 25 - sollten diese Probleme nach verbreiteter Auffassung nicht auftreten. Falsch, sagten Herzspezialisten auf der diesjährigen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim und verwiesen auf eine Studie im European Heart Journal, bei der 300.000 weiße Europäerinnen und Europäer im Durchschnittsalter von 55 Jahren untersucht wurden. Schon ein BMI über 22 geht demnach einher mit einem erhöhten Krankheitsrisiko.
    "Es geht um Herz-Kreislauferkrankungen, also vor allem Herzinfarkt, Schlaganfall und Herzschwäche, Herzinsuffizienz."
    Professor Nikolaus Marx, Direktor der Medizinischen Klinik 1 Kardiologie am Universitätsklinikum Aachen.
    "Es geht um das Bauchfett einerseits, das Bauchfett setzt Botenstoffe frei, Entzündungsstoffe, die im Gefäß und am Herzen dazu führen, dass es zu Erkrankungen kommt; zum Zweiten führt das Übergewicht zu Risikofaktoren, Bluthochdruck, Diabetes und Fettstoffwechselstörungen, die ihrerseits wieder Herz-Kreislauferkrankungen fördern."
    Übergewicht - die Geißel der Menschheit
    Bei rund drei Prozent der untersuchten Frauen und knapp sechs Prozent der Männer mit einem BMI zwischen 22 und 24 kam es im Untersuchungszeitraum zu Herz-Kreislauferkrankungen. Fazit: Der BMI sollte möglichst nicht höher als 22 sein. Außerdem gilt: Je weniger Fett sich um den Bauchraum ansammelt, desto geringer ist das Risiko einer zukünftigen Herzerkrankung. Übergewicht, so Professor Dieter Birk, Ärztlicher Direktor der Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie im Krankenhaus Bietigheim-Vaihingen, sei mittlerweile die Geißel der Menschheit.
    "Das Problem ist, Übergewicht tut nicht weh, zumindest nicht am Anfang, und die Schäden, die das Übergewicht nicht nur im Herz-Kreislauf, sondern dem ganzen körperlichen Wohlbefinden zufügen, sind leider dauerhaft und oft sehr schwierig zu korrigieren."
    Eine US-amerikanische Studie habe gezeigt, so Dieter Birk, dass adipöse Patienten selbst nach jahrelanger verhaltenspsychologischer Betreuung kaum Gewicht verloren haben. In vielen Fällen seien deshalb operative Eingriffe der letzte Ausweg.
    "Die beiden hauptsächlich durchgeführten weltweit sind die Schlauch-Magen-Operationen, also die Reduktion des Magenvolumens um circa 80 Prozent, und die Magenbypass, wo also auch zusätzlich zur Magenverkleinerung auch die Verdauungsstrecke im Dünndarm verändert wird."
    Operative Eingriffe nur bei hochgradig adipösen Menschen
    Operative Eingriffe werden ausschließlich bei adipösen Patienten durchgeführt, also Menschen mit einem BMI von 30 und höher. Vor dem Eingriff durchlaufen die Patienten eine mehrmonatige Beratung, wie sie ihr Übergewicht konventionell abbauen können. Sportliche Aktivitäten fallen darunter, aber auch spezielle Diäten. Entscheidet sich der Patient zu einer Operation, ist eine der häufigen Fragen: Lassen sich die Eingriffe rückgängig machen?
    "Prinzipiell sind wie wieder rückgängig zu machen, allerdings schwierig. Die Frage ist: Ist es notwendig? Nein, ist es nicht! Also von den weltweit vielen Hunderttausend Patienten muss nur ein Bruchteil rückoperiert werden aufgrund irgendwelcher Probleme, aber das ist im Prinzip verschwindend gering."
    Operative Eingriffe seien gerechtfertigt bei hochgradig adipösen Patienten. Allen anderen rät Martin Halle, Professor für Prävention und Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar München zur Änderung des Lebensstils, sprich zu mehr Bewegung und gemäßigtem Essverhalten. Helfen könnte in diesem Zusammenhang übrigens auch eine Zuckersteuer, wie sie in Großbritannien gerade eingeführt wurde.