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Hilfe für rechtsextreme Aussteiger

Seit acht Jahren hilft die Aussteiger-Organisation "Exit" Menschen, die sich von rechtsextremen Ideologien abwenden und aus der Szene heraus wollen. Aber nun droht Exit selbst das Aus. Das Förderprogramm "Xenos" des Bundesarbeitsministeriums lehnt eine weitere Förderung ab. Über 300 Neonazis hat "Exit" nach eigenen Angaben seit seiner Gründung geholfen, aus der rechtsextremen Szene auszusteigen.

Von Maik Baumgärtner und Thilo Schmidt | 04.11.2008
    "Es gab Internet-Seiten, wo dann ein kompletter Steckbrief von mir druff war, mit meiner Adresse, mit dem Namen von meiner Frau, mit dem Kind von meiner Frau, bis hin zu unserem Hund ... Es gab Internet-Foren, wo dann drüber diskutiert wurde, wie man uns ermorden soll."

    "Ja, man achtet schon ganz genau drauf, wer jetzt hinter einem geht, wenn man in die Haustür geht, oder so. Oder wer in der Kaufhalle ist, in der man sich aufhält, oder so ... so Sachen auf jeden Fall. Sind immer präsent. Und is auch nicht so, dass ich jetzt jedem sofort erzähle, wie ich heiße, wo ich herkomme, wo ich wohne, was ich mache. Das sind so Sachen, die gehen nicht jeden etwas an, da red ich nicht mit jedem drüber. Da muss ich erst mal selber abchecken, ob die Leute in Ordnung sind."

    Versteckspiel. Für die Kameraden von einst sind Neonazi-Aussteiger Feinde. Todfeinde, Denunzianten, Verräter. Manche brauchen eine neue Wohnung, müssen in eine andere Stadt ziehen, im Extremfall brauchen sie eine neue Identität. Seit acht Jahren hilft die Aussteiger-Organisation "Exit" Menschen, die sich von rechtsextremen Ideologien abwenden und aus der Szene heraus wollen. Aber nun droht Exit selbst das Aus. Das Förderprogramm "Xenos" des Bundesarbeitsministeriums lehnt eine weitere Förderung ab. Über 300 Neonazis hat "Exit" nach eigenen Angaben seit seiner Gründung geholfen, aus der rechtextremen Szene auszusteigen. Dennoch sei, heißt es vom Arbeitsministerium, die Arbeit von Exit "konzeptionell nicht schlüssig und nachvollziehbar". Die Mitarbeiter von Exit trifft die Absage inmitten der laufenden Arbeit. Exit-Gründer Bernd Wagner:

    "Die Ausstiegshilfen können wir natürlich nicht alle schlagartig einstellen, das wird aus verschiedenen Gründen, aus Sicherheitsgründen, aus moralischen Gründen, nicht machbar sein. Aber das wird extreme Härten hervorrufen für alle Beteiligten, ob wir das dann sichern können in der Qualität wie es notwendig ist zum Schutz von Leben und Gesundheit, das müssen wir abwarten". "

    Zum 31.10. musste Bernd Wagner seinen Mitarbeitern kündigen. Unter ihnen auch Matthias Adrian. Adrian war selbst jahrelang Neonazi, saß im hessischen Landesvorstand der JN, der NPD-Jugendorganisation. Im Jahr 2000 schaffte er den Ausstieg, seitdem reiste er für Exit durch die Republik. Noch.

    ""Es geht mir halt darum, dass ich Leuten, die genau in der selben Situation sind wie ich, die quasi alles verlieren, was für sie mal wichtig war, Freundeskreis, Bekannte ... also es hängt ja alles mit zusammen, teilweise sind die Familien involviert, und das ist einfach mein Wunsch, dass ich halt einfach den Leuten den Ausstieg, der für mich sehr schwer war, an dem ich fast zerbrochen wär, dass ich das den Leuten einfach erleichtern kann, dass ich denen helfen kann. Ja? Und ich sag halt einfach: Man müsste einfach den Mehrwert erkennen dieser Arbeit und von dem was Exit leistet, weil wir ham etwa so 30 - 40 Leute, die wir jedes Jahr aus der rechten Szene rausholen. Die werden keine rechtsextremen Straftaten mehr begehen! Das heißt die werden keine Opfer mehr produzieren und die werden den Staat auch dementsprechend kein Geld mehr kosten!"

    Der Schock sitzt tief, aufgeben möchten die bisherigen Exit-Aussteiger und Mitarbeiter das Projekt trotz aller Widrigkeiten und mangelnder Anerkennung nicht...

    "Wir hatten vorige Woche ein Treffen von ehemaligen Rechtsextremisten bei uns, so eine Art Kameradschaftstreffen ehemaliger Nazis, und die sind auch hell entsetzt über das, die haben auch einen Aktionskreis gegründet, wir versuchen noch so ne Art Nothilfe für bestimmte Leute aufrechtzuerhalten, und dann müssen wir sehen, was wir da noch können."

    Kritiker werfen der Organisation vor, dass die Zahl der Aussteiger zu gering sei und die Kosten zu hoch. Doch Führungskadern und Funktionären der rechtsextremen Szene bei ihrem Ausstieg zu helfen, ist langwierig und kostenintensiv.

    "Ja, es sind viele Leute dabei, die brauchen in erster Linie ne Beratung, ja? Nochmal ne Bestätigung, dass se auf dem richtigen Weg sind, ja? Es is nicht immer ein Hochsicherheitsfall, den man hat ... Aber es sind halt auch immer Fälle dabei, und das sind bestimmt so, na ja, zehn Prozent, also so drei vier im Jahr, die sind ganz, ganz gefährlich, da müssen die Leute evakuiert werden, das heißt, die müssen aus ihrem Wohnumfeld, ihrem Kameradschaftsumfeld entfernt werden, die müssen notuntergebracht werden, die müssen teilweise rund um die Uhr betreut werden, und da kann ne Begleitung von so nem Ausstieg also gut und gerne mal zwo Jahre dauern."

    Jena. Der ehemalige Neonazi Uwe Luthardt führt uns durch sein Mehrfamilienhaus und bittet uns ganz selbstverständlich in seine Wohnung. Früher war er Vorstandsmitglied im NPD-Kreisverband Jena. Bis er und seine Familie Zeuge eines brutalen Überfalls wurden...

    "Na, der entscheidende Punkt für meinen Ausstieg, ab wo ich das forciert habe, war eigentlich die Sache, wo der Punk zusammengetreten worden ist. Das war folgende Situation, wir hatten ein Lagerfeuer auf dem Gartengrundstück des Hauses, die Leute waren alle ziemlich betrunken schon, und da kamen zwei Punks über die Fußgängerbrücke und riefen "Good Night, white Pride". Und das hat schon als Anlass gereicht, dass alle Leute rausgestürmt sind, und sich die Leute gegriffen haben. Ich bin nicht mit runtergegangen, und wo die dann alle wieder hochkamen, nach dem se den einen da zusammengechlagen hatten und ausgezogen hatten, sind Sachen von dem verbrannt worden am Lagerfeuer."

    Die Kameraden von einst statteten Uwe Luthardt nach seinem Ausstieg einen Besuch ab.

    "Sind se hier mit acht Mann angerückt, und da war die Bude klipperklar."

    Und ließen Uwe Luthardt spüren, wie man in der Szene mit "Verrätern" umgeht ...

    "Es is uns im Haus ne Wohnung zertrümmert worden mit nem Schaden von 15.000 Euro,.... weil wir einem Kameradschaftsmitglied, der auch eng mit der NPD verbandelt war, den Mietvertrag gekündigt ham und auch Hausverbot erteilt ham."

    Auch Uwe Luthardts Frau Marion glaubte als NPD-Funktionärin an die rechtsextreme Ideologie. Die gemeinsame Tochter war bei der Jugendorganisation JN aktiv. Ausgestiegen sind sie alle drei. Auf einen Schlag. Und haben die Sache mit dem zusammengeschlagenen Punker nicht vergessen: Sie haben als Zeugen ausgesagt - gegen ihre früheren Gesinnungsgenossen.

    "Na, wir haben versucht weiterzuleben, haben aber auch aufgrund dieser Verhandlung, die dann stattgefunden hat, die Zeugenaussagen, die mein Mann und meine Tochter dann gemacht haben, die waren ja Hauptbelastungszeugen, das war im Prinzip unser Schritt nach vorn, um zu sagen: Bis hierhin und nicht weiter. Um auch öffentlich zu machen, dass wir das nicht dulden und auch nicht unterstützen können."

    "Ich war ja nun soweit involviert in der Partei, dass ich teilweise NPD-Fahne zuhause hatte, verschiedene Symbole an der Jacke, und zuhause liegen hatte, ich kann nur soweit sagen, nach diesem Vorfall hab ich diesen Scheiß vernichtet!"

    Angst haben Uwe und Marion nicht, sagen sie. Sie haben die Wohnung nicht gewechselt und ihren Alltag beibehalten. Wollen sich nicht verstecken und wollen keine Hilfe vom Staat oder von Aussteigerorganisationen - gegen die Rache der früheren Weggefährten schützt sie ein gewaltiges Pfand ...

    "Also sammel ich doch lieber was über bestimmte Leute, lass die das wissen ... und schon hab ich mehr Ruhe als wenn ich den Staatsschutz oder andere Institutionen um Hilfe bitte."

    "Also mit anderen Worten, wenn ihr hier eure Ordner aufmacht, dann könnten die hier in Jena mal eben einpacken ... ?"

    "Ja, so ungefähr."

    Zeuge von Gewaltexzessen gegen vermeintlich Schwächere und Andersdenkende zu werden ist für viele Rechtsextreme Anlass, die menschenverachtende Ideologie zu hinterfragen:

    Wir treffen Anja, die ihren richtigen Namen lieber nicht nennen möchte. Anja erzählt aus ihrem früheren Leben:

    "Wir sind weggegangen, und einer ist aus der U-Bahn ausgestiegen und hat einfach wahllos einem, der an der Tür stand, aufn Kopp gehauen, weil der aussah wie ne Zecke für ihn, ne, so nach dem Motto: Na, der sah aus wie n Linker, dem hab ich aufs Maul gehauen. Einfach unvermittelt direkt - zack - rein. Und da hab ich gedacht, echt ich spinne! Ich bin im falschen Film ... "

    Anja rutschte aus Protest gegen ihr linksliberales Elternhaus als Jugendliche in die Szene. Nach sechs Jahren, von denen sie rund zwei zum internen Kreis der mittlerweile verbotenen Berliner "Kameradschaft Tor" gehörte, sagte sie sich von ihrer Ideologie los.

    "Das sind so Sachen, die da abgelaufen sind, dass die ganz klar gesagt haben: Wir wollen wieder zurück in ein Drittes Reich. Letztendlich war das dann auch zu nem späteren Zeitpunkt, als es dann schon Konflikte gab, auch noch son Punkt, der das mit angeheizt hat, weil ich halt auch keine Lust mehr hatte, dieses Autoritäre da halt mit durchzuziehen."

    Anja hat die Hilfe von Exit bewusst nicht in Anspruch genommen, gerade weil Exit von staatlichen Geldern unterstützt wird. Im Nachhinein hätte sie sich aber doch Hilfe gewünscht - für ihre Eltern. Eine Hilfe, die Exit neuerdings auch anbietet. Mit ihrer "Familienberatung" wendet sich Exit seit 2007 auch an die Eltern rechtsextremer Kinder und Jugendlicher.

    Im brandenburgischen Fürstenwalde sprechen Exit-Familienberater über ihre Erfahrungen.

    "Krise als Chance - würde da hundertprozentig funktionieren. Noch! Ich bin mir hundertprozentig sicher, und das ist jetzt n Glaubensbekenntnis, aber ich sicher, dass in spätestens einem halben Jahr das Schiff abjefahren is. Und zwar in Richtung NPD oder JN. Da is die Suppe jegessen. Da is nix mehr zu machen."

    "Und das Jugendamt will es aber nicht wahrhaben. Die sagen: Das politische muss außen vor bleiben!"

    Eine junge Mutter sitzt zwischen den beiden Exit-Mitarbeitern. Sie kämpft um ihren 17-jährigen Sohn, will ihn aus der Neonazi-Szene zurückholen. Ihr Kampfgeist hat sich offenbar bis in die NPD-Parteizentrale herumgesprochen. Sie zitiert aus einem Brief, den ihr NPD-Bundesvorstand Frank Schwerdt geschrieben hat:

    "Jetzt kommt der Satz, der uns am allermeisten getroffen hat: Ich werde jedenfalls alles dafür tun, dass sich Ihr Sohn weiterhin so gut entwickelt wie bisher. Diesen Brief haben wir von dem Herrn Schwerdt bekommen ... Das war der Moment, wo ich gesagt hab - ich für mich gesagt hab: Es heißt kämpfen! Und da bin ich dankbar, dass ich die zwei - den Kontakt gefunden habe, die eMail geschrieben habe und sie n halbes Jahr über Telefon kontaktiert habe, stundenlang ... die uns immer geholfen haben, weil ... auf den Brief sind wir an sämtliche Ämter. Jugendamt, Verfassungsschutz. Schulamt, Schule, wo unser Kind war. Von allen bekommt man eigentlich - ein Dankeschön für die Zivilcourage, aber helfen ... kann einem keiner!"

    "Wir üben nie Druck aus auf irgendeinen, bei uns zu bleiben, wir haben manchmal Kontakt zu den Eltern in solchen Fällen, Sie wissen ja, man kann Mitglied der Partei werden ab 16 Jahre und Mitglied der JN ab 14 Jahre, wir weisen die Eltern darauf hin, dass es also deren freie Entscheidung war. Denn die müssen ja auch, wenn se Mitglied sind, das Recht haben, auf allen Versammlungen teilzunehmen, und wenn dann die Eltern denen die Einladungen nicht mehr aushändigen oder ähnliches, dann ist das also pädagogisch nicht mehr zu befürworten."

    ... sagt der NPD-Funktionär, der wegen Volksverhetzung und NS-Verherrlichung mehrfach vorbestraft ist. Auch die Exit-Elternberatung steht auf dem Spiel, auch den beiden Mitarbeitern, die die junge Mutter betreuen, wurden die Verträge gekündigt. Obwohl die Elternberatung oftmals die einzige Instanz ist, die Eltern rechtsextremer Kinder Ausstiegshilfen gibt und überhaupt erst einmal zuhört. Eine der wenigen anderen Stellen, die Eltern rechtsextremer Jugendlicher berät, ist das Projekt "Licht-Blicke" in Berlin-Lichtenberg.

    "Ich halte die für ziemlich zentral, zumal Eltern bisher als Zielgruppe relativ vernachlässigt worden sind."

    ... sagt Eva Prausner von Licht-Blicke ...

    "Die kommen halt so überhaupt nicht vor als Gruppe, die so auch zu dem Thema ansprechbar sind. Und die haben oft auch eine Odyssee hinter sich, Hilfe zu finden. Die sprechen Lehrer, Lehrerinnen an, oder auch Jugendamt. Bekommen oft so die Haltung rübergebracht, dass es eigentlich gar nicht so schlimm ist, dass es ein Pubertätsproblem ist, und dass Jungs auch so ihre Selbstbestimmung wollen ... und damit sind sie relativ alleingelassen."

    Eva Prausner spricht vielen Eltern aus dem Herzen. Sie kennt die Probleme der betroffenen Familien und weiß um die Sorgen und Schwierigkeiten.

    "Also ich finde es ganz wichtig, dass es ein Aussteigerprogramm gibt, weil natürlich auch in der Elternarbeit ist das größte Thema: Wie krieg ich mein Kind aus der Szene raus, und für uns ist wichtig zu wissen, falls sich die Söhne dann eben auch entscheiden, dem Willen ihrer Eltern zu folgen, nämlich auszusteigen, gerne auch an Exit verweisen. Das wäre natürlich auch wichtig, zu wissen, da ist die Stelle, wo der Sohn in geschütztem Zusammenhang, in geschützten Rahmen aussteigen kann."

    Auch das Netzwerk "Licht-Blicke" saß bereits einmal auf dem Schleudersitz - nachdem die Förderung durch das Bundesprogramm "Civitas" Ende 2006 ausgelaufen war. Eva Prausner sieht die Förderpolitik des Bundes kritisch :

    "Der Bund hat sich darauf verlassen - der versteht ja solche Förderung immer als Anschubförderung, was innovativ sein soll, also man muss immer ständig irgend ne neue Idee haben und kann gar nicht an dem, was so gewachsen und sich bewährt hat, festhalten und darauf aufbauen. Sondern der Bund geht natürlich davon aus, dass das in andere Kanäle geht. Dass wir von jemand anders gefördert werden. Der hat nur die Verantwortung oder übernimmt nur die Verantwortung für die Anschubfinanzierung. Und es war jetzt ein Glück, dass der Bezirk gesagt hat: Okay. Wir setzen das Ding fort. Verschiedene Projekte hatten nicht das Glück einer bezirklichen Weiterfinanzierung. Und die sind jetzt gestorben. Also zum Teil auch wirklich gute Projekte, die nach kurzer Dauer sich wieder abwickeln mussten."

    Nicht nur Exit ist in Gefahr. Viele bekannte und erfolgreiche Projekte, die sich überregional gegen Rechtsextremismus engagieren, stehen vor dem Aus. Ein bekanntes Beispiel ist die "Arug", die "Arbeitsstelle Rechtsextremismus und Gewalt" aus Braunschweig. Wie bei "Exit" wurden auch hier "Xenos"-Mittel gestrichen. Dabei bietet dieses Projekt neben einer Anlaufstelle für Aussteiger - der ersten im Bundesgebiet - Elternberatung und eines der umfangreichsten Archive über Nationalsozialismus und Rechtsextremismus. Der ständige Kampf um eine Weiterführung funktionierender Projekte lähmt die eigentliche Arbeit, während Neonazis und die NPD bereits das mögliche Ende von Exit feiern. NPD-Parteivorstand Frank Schwerdt:

    "Wir bedauern das überhaupt nicht, weil wir der Auffassung sind, dass das eine der überflüssigsten Einrichtungen war, für die Steuergelder verschwendet worden sind. Warum? Weil mit dieser Einrichtung nun also Auffassung über unsere Szene, über die rechte Szene, über die NPD, transportiert werden sollten, wie man sie gerne hätte. Nämlich dass wir eine furchterregende Organisation seien, bei der man es schwer hätte, rauszukommen. Was nicht stimmt, weil wer sich von uns trennen will, der kann das jederzeit tun, der braucht nicht Exit, der braucht niemand anders."

    Sachbeschädigungen, Körperverletzungen und Mordaufrufe durch die einstigen Kameraden im Internet widersprechen dieser Darstellung. NPD-Aussteiger Uwe Luthardt weiß, dass auch auf NPD-Schulungen darüber gesprochen wird, wie man mit Aussteigern umzugehen hat.

    "Es ist da doch ne gewisse Angst vorhanden, wie in gewissen Papieren, wo dann drinsteht: Wer nicht unserer Meinung ist, der muss verschwinden. Wie auch immer das gemeint ist. Das kann sich jeder ausmalen ... "

    Ähnliches berichtet auch die Aussteigerin Anja:

    "Na letztendlich ist es halt so, dass gesagt wird, Leute, die sich davon abwenden, die auch auspacken, in Anführungsstrichen, die auch Informationen weitergeben, die halt richtig damit brechen, noch unter dem Feindbild des Juden stehen ... weil Verräter halt das allerletzte sind, was es überhaupt gibt."

    Und genau für diese "Verräter" gibt es Exit. Und für Exit vielleicht doch noch ein wenig Hoffnung: Das Arbeitsministerium prüft jetzt doch neue Fördertöpfe für Aussteigerprogramme aufzulegen. Ob jedoch "Exit" davon profitieren wird, ist nicht gewiss. Das neue Programm könnte frühestens im April 2009 starten. Bernd Wagner weiß nicht, ob Exit bis dahin überleben kann.

    "Also ich denke, dass es der Politik egal ist, was da passiert. Ich habe eher den Eindruck, dass dort vielfach aus Imagegründen irgendwelche Finanzierungen ausgelöst werden, und es ist ihnen im Grunde genommen aber herzlich egal, ob da irgendwelche Bürger sich da engagieren oder nicht engagieren, es ist immer schön, wenn sie sich engagieren, wenn's bunte Bilder macht, wenn Luftballons in die Luft steigen für Demokratie und Toleranz, aber wenn's dann in die Niederungen geht, in die Härten, an die Front, da ist dann keiner von diesen Leuten gesehen. Das hab ich also noch nie gesehen, dass Leute, die in den Entscheidungsprozessen politischer und verwaltungstechnischer Natur drinnestecken, jemals nen lebenden Nazi jesehen haben geschweige denn sich mit solchen Leuten auseinandergesetzt haben oder sich jemals qualifiziert mit deren Ideologie im Alltag beschäftigt hat."