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Hilflos wirkende EU-Außenministerin Catherine Ashton

Seit Wochen kämpfen die 27 EU-Staaten und die Europäische Kommission um Einfluss und Personal beim Aufbau des neuen Europäischen Auswärtigen Dienstes. Jetzt ist dieser Machtkampf offen ausgebrochen.

Von Doris Simon | 05.03.2010
    Sie nennen sich Freunde des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Solche Freundeskreise gibt es viele in Brüssel, doch ihr Engagement gilt in der Regel wenig beachteten Ländern und nicht entstehenden EU-Institutionen. Doch die Freunde des Europäischen Auswärtigen Dienstes, Parlamentarier aus unterschiedlichen Parteien und Experten, sorgen sich um das neue Instrument der europäischen Außenpolitik. Das derzeitige Gerangel um Strukturen, Personal und Macht gefährdet aus ihrer Sicht das Ziel des neuen diplomatischen Dienstes: eine starke europäische Außenpolitik aus einem Guss. Vier deutsche Europaabgeordnete gehören dem Freundeskreis an, darunter der FDP-Parlamentarier Alexander Graf Lambsdorff.

    "Das ist hier ein bürokratischer Kleinkrieg, der sich abspielt zwischen den Institutionen. Das Interesse des Parlaments ist ganz klar. Wir wollen einen starken Auswärtigen Dienst und wir wollen einen Auswärtigen Dienst, der dem Gesamtinteresse verpflichtet ist."

    Catherine Ashton könnte Hilfe dringend gebrauchen. Erst seit zwei Monaten ist die Britin im Amt, und seither hat sie immer wieder überfordert gewirkt. Sie steckt mitten in einer Herkulesaufgabe: Ashton muss einen Entwurf für den ersten Europäischen Auswärtigen Dienst vorlegen, und das bis April. Bisher rivalisierende Abteilungen aus verschiedenen EU-Institutionen müssen zusammengebracht werden, nationale Diplomaten kommen dazu, bis zu 8000 Menschen sollen eines Tages Europa in der Welt vertreten.

    Das allein ist eine riesige Herausforderung. Zusätzlich ist Ashton eingeklemmt zwischen den Interessen der 27 EU-Regierungen, die die Struktur des Auswärtigen Dienstes beschließen müssen und den gegensätzlichen Vorstellungen der Europäischen Kommission, ohne deren Zustimmung Ashton keinen Entwurf zum Auswärtigen Dienst vorlegen darf . Ein unmöglicher Auftrag, findet der CDU-Europaabgeordnete Elmar Brok:

    "Mission impossible. Sich in ein Thema einzuarbeiten und dann noch gleichzeitig die Behörde aufzubauen ist etwas, was, glaube ich, fast nicht zu leisten ist."

    Besonders breitbeinig tritt derzeit die Europäische Kommission auf: Präsident Barroso will möglichst wenig Macht und Personal an den neuen Auswärtigen Dienst abtreten. Deshalb fegte seine mächtige Generaldirektorin Catherine Day Ashtons ersten Entwurf für den Europäischen Auswärtigen Dienst vor zwei Wochen vom Tisch. Mit der Folge, dass sich die EU-Außenministerin nun gar nichts mehr traut: Ihr neuer 14-seitiger Entwurf an die Mitgliedsstaaten listet keine Vorgaben für den neuen Dienst auf, sondern nur noch Optionen.

    Darunter Unsinniges wie die Aufteilung der Entwicklungshilfe nach Kontinenten: Afrika könnte danach in der Zuständigkeit der EU-Kommission bleiben, um Asien würde sich der neue Auswärtige Dienst kümmern.

    Unglaublich findet das die grüne Europaabgeordnete Franziska Brandner. Sie hält den wachsweichen neuen Vorschlag von Ashton allerdings für einen verzweifelten Hilferuf an die 27 Mitgliedsregierungen, nur diese könnten der EU-Kommission Paroli bieten.

    Falls dies wirklich Ashtons Kalkül war, dann ist es teilweise bereits aufgegangen: Gestern schrieben der schwedische und der britische Außenminister einen Brief an die EU-Kollegin. Carl Bildt und David Miliband unterstützen darin Ashtons ursprüngliches Bemühen um eine gleichgewichtige Beteiligung aller EU-Institutionen am neuen Auswärtigen Dienst. Ausdrücklich heißt es darin, die EU-Kommission dürfe nicht zu großen Einfluss auf den Europäischen Auswärtigen Dienst ausüben. Dieser müsse die Schlüssel für das eigene Haus in der Hand behalten, Posten müssten mit den Schlauesten und Besten besetzt werden, unabhängig davon, wo sie vorher gearbeitet hätten.

    Dass das sich leichter fordert als umsetzt, wissen Bildt und Miliband genau. Die schwierigste Aufgabe des Europäischen Auswärtigen Dienstes werde es wohl, eine Kultur des Miteinanders zu entwickeln, räumen die beiden Außenminister ein, weg von den interinstitutionellen Rivalitäten in der Europäischen Union.