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Hinduismus
Die hellen Tage

Hindus, aber auch Buddhisten und Sikhs feiern in wenigen Tagen ihr Lichterfest Diwali. Dann schlägt die große Stunde der Göttin Lakhsmi. Die liebt erleuchtete Häuser und beschert den Gläubigen Reichtum und Wohlergehen. Ein Besuch bei den Festvorbereitungen in Neu-Delhi.

Von Horst Blümel | 27.10.2016
    Lichterfest Diwali in Chandigarh - Einheimische Sikhs zünden Kerzen an.
    Lichterfest Diwali: Einheimische Sikhs zünden Kerzen an. (imago stock&people)
    Ein Markt in Neu-Delhi. Vor der Tür des Bengal Sweet Palace stehen die Leute Schlange. Süßigkeiten sind im Moment sehr gefragt, denn das Lichterfest Diwali beginnt in wenigen Tagen. In der Verkaufstheke des Geschäftes sieht man nun Leckereien, die sonst im Angebot fehlen: Gujiyas, gefüllte Teigtaschen, sind zu einem kleinen Turm aufgestapelt, auf einem silbernen Tablett daneben liegen Jalebis, süße Kringel.
    "Ich mag Diwali. Die ganze Familie kommt jetzt zusammen und auch unsere Kinder, die weit entfernt wohnen, besuchen uns. Wir treffen Verwandte und Freunde und bringen ihnen Süßigkeiten mit. Und wir tauschen Geschenke aus. Am Abend ist unser Haus hell erleuchtet und wir entzünden Feuerwerkskörper. Wir haben wirklich sehr viel Spaß."
    Das Lichterfest Deepawali, oder kurz "Diwali" genannt, feiern Hindus nicht nur in Indien, sondern weltweit.
    "An allen fünf Tagen wird überall gefeiert"
    "Diwali ist das beliebteste Hindu-Fest des ganzen Jahres. Jeder Hindu freut sich darauf und an allen fünf Tagen wird überall gefeiert. Und jetzt sind nicht nur Privathäuser geschmückt und erleuchtet, sondern auch Regierungsgebäude. Wir verschicken viele Grußkarten oder rufen Verwandte und Freunde an, um ihnen alles Gute zu wünschen. Diwali ist ein fröhliches Fest", sagt der Geschäftsmann Anil Kumar Jain.
    An den einzelnen Tagen des Festes führen die Hindus bestimmte Rituale durch und sie verehren verschiedene Gottheiten. Der Ursprung des Festes liegt in der indischen Mythologie:
    "Vor vielen Tausend Jahren besiegte Gott Rama den Dämon Ravana. Danach kehrte er mit seiner Frau Sita nach Indien in sein Königreich zurück. Da in dieser Nacht der Mond nicht schien und es stockdunkel war, zündeten die Leute Öllämpchen an, um Rama den Weg zu weisen und ihn willkommen zu heißen."
    Deshalb stellen Hindus bis heute zum Diwali-Fest Lichter auf. In den altindischen Texten, den Puranas, findet man eine andere Legende.
    Der Indologe Prof. Tripathi aus Delhi: "In den Puranas steht geschrieben, dass einst der Dämonenkönig Balli die Welt regierte. Eines Tages trat Gott Vishnu in Gestalt eines Zwerges vor den Dämon und bat ihn um ein Stück Land, welches er mit drei Schritten abschreiten könne. Als Balli ihm diesen Wunsch gewährt hatte, verwandelte sich der Zwerg plötzlich in einen Riesen und ging mit drei Schritten durch die ganze Welt. So wurde Vishnu zum Herrscher der Erde und ernannte Balli zum König der Unterwelt. Jedes Jahr, zu Diwali, kehrt Balli wieder auf die Erde zurück. Obwohl er ein Dämon ist, begrüßen ihn die Leute mit brennenden Öllämpchen und Kerzen, da er stets ein gerechter Herrscher gewesen war. So ist es in den Puranas vermerkt."
    Gründliche Wohnungsreinigungen vor dem Fest
    Die größte Verehrung erfährt die Göttin Lakhsmi während des Lichterfestes. Die Hindus glauben, dass Lakshmi ihnen Reichtum und Wohlergehen beschert. Damit die Göttin die Häuser ihrer Verehrer besucht und so den Bewohnern Glück bringt, reinigen die Leute vor dem Fest gründlich ihre Wohnungen, schmücken sie mit Girlanden und stellen Lichter in die Fenster.
    Es wird gesagt, dass Lakhsmi zuerst jenes Haus besucht, das am hellsten erleuchtet ist.
    Jain erklärt: "Der Lakshmi-Statue auf unserem Hausaltar bieten wir Süßigkeiten und eine Mahlzeit an. Und wir schreiben einen kurzen Brief an Lakshmi, der alle Namen der Familienangehörigen enthält. Wir bedanken uns bei der Göttin, dass sie sich im vergangenen Jahr so gut um uns gekümmert hat und bitten sie, auch weiterhin für unsere Gesundheit und unser finanzielles Auskommen zu sorgen. Den Brief legen wir dann in die Nähe der Lakshmi-Figur und er verbleibt dort bis zum nächsten Lichterfest."
    Aber nicht nur Hindus feiern Diwali, sondern auch Buddhisten, Sikhs und die Jainas, für die es noch einen ganz besonderen Grund gibt.
    Jain: "Zu Diwali hat einst unser Religionsgründer Mahavira die Erleuchtung erfahren. Deshalb haben wir bis heute die Tradition, an diesem Tag Lichter zu entzünden."
    Zeit der Glücksverheißung
    Diwali ist für Hindus auch der Beginn des Neuen Jahres und ein Zeitpunkt, der besonders viel Glück verheißt. Jetzt werden Wohnungen eingeweiht, größere Anschaffungen getätigt und neue Unternehmungen gestartet.
    Jain: "Wenn wir etwas Neues beginnen, versuchen wir, dafür einen besonders günstigen Zeitpunkt zu finden - und Diwali erscheint uns von allen der Beste zu sein! Wenn wir jetzt zum Beispiel ein neues Geschäft eröffnen, dann sind uns gute Umsätze sicher. Und wir beginnen nun auch mit neuen Geschäftsbüchern, obwohl die Regierung das Handelsjahr mittlerweile anders festgelegt hat. Aber viele Unternehmer halten weiterhin an der alten Tradition fest."