Dienstag, 19. März 2024

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Historiker über deutsch-amerikanische Freundschaft
"Die Beziehungen waren noch nie so schlecht wie im Augenblick"

Die deutsch-amerikanische Freundschaft ist historisch gewachsen. Aber die Basis bröckelt gerade, sagte der Historiker Simon Wendt im Dlf. Mit der kommenden Präsidentschaftswahl könne sich das aber wieder ändern. Die Beziehungen seien "nicht irreparabel beschädigt".

Simon Wendt im Gespräch mit Änne Seidel | 12.08.2020
Angela Merkel stützt sich auf den Tisch, Donald Trump verschränkt die Arme beim G7-Gipfel in Kanada, 2018
Schwierige Beziehung Merkel / Trump: Dieses Bild beim G7-Gipfel in Kanada sorgte 2018 für Furore (dpa / Jesco Denzel / Bundesregierung)
Die deutsch-amerikanischen Beziehungen gehen zurück bis ins 19. Jahrhundert, als viele Deutsche nach Amerika ausgewandert sind, erklärte der Amerikanistik-Professor Simon Wendt im Dlf. Nun seien die Beziehungen aber an einem Tiefpunkt angelangt: "Ich denke, dass die deutsch-amerikanischen Beziehungen eigentlich noch nie so schlecht waren wie im Augenblick. Und es bleibt abzuwarten, ob sich das nach November 2020 ändern wird."
Strapazierte Zusammenarbeit
Würden die Schwierigkeiten auch nach der US-Präsidentschaftswahl bestehen bleiben, könnte das dazu führen, "dass die Deutschen sich noch stärker an Europa orientieren und nicht mehr so viel mit den USA zusammenarbeiten".
In einer Glaskugel spiegelt sich die Adriaküste, die im Hintergrund nur unscharf zu sehen ist.
Gesprächsreihe - nah und fern
Nähe und Distanz sind keine feststehenden Größen. Wo das eine aufhört und das andere beginnt, empfindet jeder anders. Und jede Disziplin, jede Kunstgattung geht auf ihre Weise damit um.
Politische und wirtschaftliche Interessen haben immer wieder zu Konflikten geführt, so Wendt, aber zur Zeit befinde man sich am "Höhepunkt dieser Entwicklung". Das große Problem sei, dass die amerikanische Regierung zurzeit so schwer einzuschätzen sei.
Aber je nach dem, wie die kommende Wahl ausgeht, könnten sich die Beziehungen wieder verbessern, "zum Beispiel, wenn ein Präsident Joe Biden sich zur NATO bekennt". Für Wendt steht fest, dass die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA während der Amtszeit von Donald Trump Schaden genommen haben, aber: "Ich denke, dass die Beziehungen nicht irreparabel beschädigt sind."
Simon Wendt ist Professor für Amerikanistik an der Goethe-Universität Frankfurt am Main. Er forscht unter anderem zur neueren Geschichte der USA.