Donnerstag, 28. März 2024

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Hobbyimkerei boomt
Naturretter nach Feierabend

Bienen avancieren gerade zum neuen Lieblingshaustier des Landes: mittlerweile 120.000 Menschen kümmern sich nach der Arbeit in Deutschland um Bienenvölker. Das wirft Honig ab und sensibilisiert für die Natur. Viele Neuimker entscheiden sich sogar für die "artgerechte" Bienenhaltung.

Von Miltiadis Oulios | 03.08.2018
    Eine Honigwabe mit Arbeitsbienen
    Eine Honigwabe mit Arbeitsbienen (picture-alliance/ ZB)
    "Die Begeisterung ist im Prinzip dadurch entstanden, mein Mann und ich wir wohnten früher in einer Etagenwohnung mit Balkon und haben da schon immer drauf geachtet, dass das bisschen, was wir pflanzen konnten, in unseren Blumenkästen hummelfreundlich war und bienenfreundlich. Wir waren auch immer große Hummelretter. Wenn wir draußen auf der Straße ne Hummel gefunden haben, das vielleicht auch der Hinweis an alle, wenn man eine Hummel findet, die entkräftet ist, der kann man mit ein bisschen Zuckerwasser auf dem Löffel ganz gut wieder über die Runden helfen. Und das haben wir schon immer gemacht. Waren da immer begeistert von. Und mein Mann der hat diese Begeisterung zum Anlass genommen, mir zu Weihnachten einen Gutschein für einen Imkerkurs zu schenken."
    Und jetzt steht in Claudia Terportens Garten im Nettetal, nahe der holländischen Grenze, ein Bienenstock. Ihr Beruf: Flugbegleiterin. Heute London, morgen Paris. Ihr Hobby: Imkerin. Sie ist eine von 120.000 Menschen, die sich in Deutschland um Bienenvölker kümmern. Die Zahl der Imker steigt. Bienen avancieren gerade zum neuen Lieblingshaustier der Deutschen.
    Spaß und Stolz
    "Man fühlt sich schon so ein bisschen, ja ich würde sagen so als Naturretter auch ein Stück weit. Denen hier das Zuhause zu geben und wie die hier eintragen und an sämtlichen Blumen, die ich hier im Garten gepflanzt habe, meine eigenen Bienen zu sehen, das ist schon super."
    Bienen zu halten ist aber nicht nur hip. Es macht auch Spaß. Und stolz. Neuimkerin Claudia Terporten streichelt ein Glas mit ihrem selbst geernteten Honig. Und dabei muss sie über sich selbst schmunzeln.
    "Eigentlich ist diese Menge von rund 30 Kilo, die anderen haben darüber gelacht, die anderen Mitimker, die das schon länger machen oder etwas erfolgreicher waren als ich. Aber für mich war es schon ein erhabenes Gefühl zu sehen, ok, Du hältst jetzt Dein erstes eigenes Honigglas mit selbst gestaltetem Etikett in den Händen. Und das war schon schön."
    Durch diesen Trend zum Hobbyimkern steigt tatsächlich auch die Zahl der Honigbienenvölker in Deutschland. Gegen das sogenannte Bienensterben hilft das aber nicht. Denn gefährdet sind vor allem die Wildbienen. Dennoch ist es nicht ganz nutzlos, gibt der Leiter des Bieneninstituts in Celle, Werner von der Ohe zu bedenken.
    "Das Halten von Bienenvölkern bringt nichts für die gefährdeten Bienen. Es sei denn, dass eben die Maßnahmen, die für die Honigbienen gedacht sind, dass zum Beispiel auf dem Lande Blühflächen, Blühstreifen angelegt werden, wieder Obstgärten angelegt werden, dass dieses natürlich Nahrung für die Honigbienen bringt, aber eben auch Nahrung für die Wildbienen bringen kann."
    Größere Sensibilität gegenüber der Natur
    Honigbienen stünden in Konkurrenz zu Wildbienen. Nähmen ihnen die Nahrung weg, heißt es immer wieder. Doch einen wissenschaftlichen Nachweis dafür gäbe es bislang nicht, sagt der Bienenexperte Werner von der Ohe. Viel wichtiger sei, dass die natürlichen Lebensräume der Insekten geschützt würden. Und der Boom bei der Hobbyimkerei führe immerhin zu einer größeren Sensibilität gegenüber der Natur. Auch bei Dirk Honsberg in Velbert:
    "Das war so eine der Sachen, was absolut ausschlaggebend für die Bienenhaltung bei mir war. Früher ist man eben durch die Gegend gelaufen, man ist mal im Wald spazieren gegangen und das war es dann. Und mittlerweile guckt man wirklich: Wo blüht was, wann blüht was? Ist das überhaupt etwas für Insekten? Gehen da Bienen dran oder nur Hummeln und Schmetterlinge? Man geht mit ganz anderen Augen durch unsere Wälder und Wiesen."
    Dirk Honsberg ist Handwerker, er führt ein kleines Bauunternehmen. Und er steht für einen Trend im Trend. Immer mehr Neuimker entscheiden sich für die sogenannte artgerechte Bienenhaltung. In Dirk Honsbergs Bienenkisten bauen die Bienen ihre Wachswände komplett selbst.
    "Ist halt die Haltung die man zu den Bienen halt hat. Dass sie eben bisschen Biene sein dürfen. Für eine Biene ist es auch das wichtigste, dass sie Wachs produzieren kann. Wie eine Entschlackungskur beim Menschen. So ist es für die Biene mit der Wachsproduktion. Da werden Schadstoffe mit ausgeschieden. Das macht der Wildbau, den sie hier haben, ohne Mittelwände sich bei gesund machen."
    Das sind Dinge, die bei der herkömmlichen Imkerei verpönt sind. Weil das dazu führt, dass die Bienen weniger Honig produzieren. Das ist Dirk Honsberg aber egal. Denn schließlich lebt er nicht von der Imkerei. Für ihn sind seine Bienen im Garten ein Stück pure Natur.
    "Dieses Gewusel und dieses Lebendige, dieses Ursprüngliche letztendlich von den Insekten, einfach total irre."