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Hoch gepokert und alles verzockt?

Seit dem gescheiterten Versuch von Porsche, den Autoriesen Volkswagen per Aktienmehrheit zu kaufen, muss der Sportwagenbauer selbst um seine Unabhängigkeit kämpfen. Dass Porsche vor wenigen Monaten noch genug Finanzkraft zu haben schien, um den 30-mal größeren Konkurrenten zu schlucken, wirft ein Schlaglicht auf die Finanzwelt und wie sie in die Krise stürzte.

Von Jörg Münchenberg | 18.06.2009
    "Wir reden ja immer von dem Schachspiel. das macht ein Leute Jeck. Aber das mögen wir auch so ein bisschen. Aber das Schachspiel, was wir uns vorgestellt haben: jeder Zug war wohlüberlegt. War nie von Zeitdruck getrieben. Wir haben immer bestimmte Rahmenbedingungen in unsere Planungen miteinbezogen."

    Porschechef Wendelin Wiedeking auf der Bilanzpresskonferenz Ende 2008. Doch der Schachspieler hat sich gründlich verrechnet. Wiedeking droht inzwischen das Matt.

    Porsche selbst kämpft ums Überleben, nachdem sich der Sportwagenbauer mit der Übernahme von Volkswagen gründlich überhoben hat. Sehr zur Freude seines direkten Gegners bei VW.

    "Bisher hat Ferdinand Piech jede Auseinandersetzung gewonnen, in die er sich hinein begeben hat. Und in diesem Fall ist es ja nicht so, dass Herr Piech versucht, Porsche zu schaden. Sondern er hat eine klare Strategie. Für ihn geht es darum, Porsche so fest und unauflösbar wie möglich mit VW zu verknüpfen, um das langfristige Überleben von Porsche zu sichern und dabei seinen eigenen Einfluss in der Porsche-Familie zu erhöhen."

    Der Analyst Christoph Stürmer von IHS Global Inside über die Rolle von VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech. Seit dem gescheiterten Versuch von Porsche, den Autoriesen Volkswagen per Aktienmehrheit zu kaufen, haben sich die Rollen plötzlich vertauscht: Jetzt ist es der David Porsche, der um seine Unabhängigkeit kämpfen muss.

    Durch die börsengeführte Attacke auf den 30-mal größeren Konkurrenten aus Wolfsburg lasten Nettoschulden von rund neun Milliarden Euro auf dem Sportwagenhersteller - allein die Zinsaufwendungen drohen Porsche zu erdrücken.

    "Das Bild von Porsche ist derzeit etwas janusgesichtig. Auf der einen Seite steht natürlich der Erfolg der Sportwagenschmiede. Man ist wieder gut unterwegs. Man hat ein neues Modell, den Panamera, der ja auch einen Schub bringen wird. Auf der anderen Seite die finanziellen Schwierigkeiten, in die man sich selbst gebracht hat. Und diesen Spagat muss man jetzt managen","

    beschreibt Autoexperte Willi Diez von der Hochschule Nürtingen-Geislingen die heikle Lage in Zuffenhausen. Wann und ob Porsche überhaupt wieder zurückkehren wird auf die Überholspur, ist derzeit völlig offen. Schon morgen, so erwarten es zumindest viele Experten, könnte der finanzielle Druck weiter wachsen. Denn morgen werden an der Börse sogenannte Optionen, also Kaufrechte auf Volkswagen-Aktien fällig, die Porsche still und leise durch die Banken hat aufkaufen lassen.

    Der Plan: bislang besitzt Porsche knapp 51 Prozent der VW-Aktien. Ursprünglich sollte dieser Anteil auf 75 Prozent aufgestockt werden. Die fehlenden 24 Prozent könnte Porsche morgen kaufen - zu einem vorher festgelegten Preis. Freilich fehlt dafür längst das Geld. Lässt der Sportwagen-Bauer aber seine Option verfallen, geht das Geschäft an der Börse in die zweite Runde.

    Dann sind die Banken am Zuge, die ihrerseits das Recht haben, die erworbenen VW-Aktien zu einem festgelegten Preis an Porsche zu veräußern. Das Problem ist jedoch: Fällt am Freitag der Kurs der VW-Papiere unter den festgesetzten Preis, muss Porsche die Differenz ausgleichen. Und das könnte für die Zuffenhausener teuer werden, meint Aktienanalyst Christian Schütte von der Heleba:

    " "Fakt ist, dass Porsche zwei Aktienoptionen im Bestand hat. Nämlich einmal Call-Optionen, die berechtigen würden, Aktien zum Kurs von 130 einzukaufen. Und die gleiche Position hat man auch in Verkaufsoptionen. Das heißt, es spricht hier vieles dafür, dass die Schwankungen groß wird. Günstig wird es für Porsche, bleibt der Kurs über 130. Fällt er unter 130, würde Porsche Aktien annehmen müssen zu diesem Kurs und das würde das Unternehmen natürlich sehr viel Geld kosten."

    Der Autobauer könnte also selbst Opfer seiner gewagten Börsenspekulationen werden, mit der Porsche bislang immens viel Geld verdient und damit auch den Griff nach Volkswagen finanzieren konnte.

    Rückblick: Am 25 September 2005 gibt Porsche - mit Rückendeckung der Eigentümerfamilien Porsche und Piech - seine Pläne für einen Einstieg bei Volkswagen bekannt. VW ist mit rund 6 Millionen verkauften Fahrzeuge pro Jahr ein Goliath, David Porsche bringt es gerade einmal auf 100.000 Autos. Ende März 2007 beläuft sich der Anteil schon auf 31 Prozent - eine Komplettübernahme von Volkswagen sei jedoch nicht geplant, heißt es aus Zuffenhausen. Reine Taktik. Denn am 5. Januar 2009 hat sich Porsche mit knapp 50,8 Prozent bereits die Mehrheit an Volkswagen gesichert.

    "Porsche hat das getan, was man in Finanzkreisen ein großes Rad drehen nennt. Sie haben mit sehr viel Geld, das ihnen nicht gehört hat, andere Positionen sehr stark beeinträchtigt, sehr stark beeinflusst. Ich glaube, dass es insofern eine Mischung aus Skepsis und Bewunderung ist, mit der man Porsche dort anschaut", "

    beschreibt Analyst Stürmer den Ruf von Porsche an den Finanzmärkten. Allerdings: Die industrielle Logik, die hinter der Attacke steht, überzeugt viele. Porsche kann angesichts der technologischen Herausforderungen allein nicht mehr überleben. Der Aufwand für Forschung und Entwicklung wird immer größer und damit teurer. Da würde das umfangreiche Sortiment und die geballte Innovationskraft von Volkswagen schon helfen, gibt Porsche Chef Wiedeking zu, zumal beide Konzerne seit Jahren schon eng zusammenarbeiten:

    ""Die industrielle Logik, von der wir immer gesprochen haben, ist natürlich die, dass wir uns gemeinsame Entwicklungen natürlich auch kostengünstiger leisten können. Ein Beispiel dafür: die gemeinsame Entwicklung für den Hybridantrieb sowohl im Tuareg als auch im Cayenne. Hätte jedes Unternehmen das für sich gemacht, wäre der Aufwand deutlich höher gewesen. Das heißt, jedes Unternehmen spart daraus und das macht durchaus Sinn."

    Auch bei seinen Schachzügen, Volkswagen zu übernehmen, hat Porsche Anfangs viel Erfolg. Die milliardenschwere Übernahme von VW finanziert sich anfangs fast von selbst, denn Finanzvorstand Holger Härter hatte über die Börse eine komplizierte Gelddruckmaschine entworfen. Bis zum Herbst 2008 funktioniert dieses System. Härter auf der Bilanzpressekonferenz im November des selben Jahres:

    "Wir sind dabei ein Unternehmen zu erwerben, dass deutlich größer ist - mit 110 Milliarden Umsatz im Vergleich zu sieben Milliarden, die wir machen. Und das können sie nur machen, wenn sie das risikobewusst machen und die wirtschaftlichen Risiken auch so versuchen abzusichern, dass sie kalkulierbar werden. Das war unsere Intention gewesen und ist auch heute noch unsere Intention."

    Doch faktisch agierte Porsche gegenüber Volkswagen und der Börse wie ein Hedgefonds. So wurde der Markt lange im Unklaren gelassen, wie viele VW-Aktien Porsche tatsächlich direkt oder indirekt über Optionsgeschäfte besitzt. Zudem hat Porsche - vereinfacht ausgedrückt - mittels Termingeschäften auf steigende Kurse gewettet. Im Wissen freilich, dass die eigenen Übernahmepläne und damit die wachsende Nachfrage den VW-Kurs nach oben treiben würden. Sozusagen ein Perpetuum mobile, mit dem sich der Griff nach Volkswagen problemlos stemmen lässt.

    "Das war natürlich von vorne herein sehr riskant, diese Strategie zu fahren. Da muss man natürlich schon damit rechnen, dass da vielleicht aus dem Umfeld Faktoren kommen, die so etwas erschweren", "

    urteilt Autoexperte Dietz. Tatsächlich ist die Übernahme von Volkswagen durch Porsche faktisch an drei Annahmen des Duos Wiedeking/Härter gescheitert, die sich im Nachhinein als falsch erwiesen haben.

    Da ist zum einen die globale Absatzkrise, der sich kein Autobauer entziehen kann. Selbst Porsche, lange Zeit das Unternehmen mit der höchsten Umsatzrendite in der Branche, laufen die Kunden davon - allein im ersten Halbjahr des aktuellen Geschäftsjahres ist der Absatz um 27 Prozent eingebrochen. Im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise muss Porsche-Chef Wiedeking zugleich ohnmächtig zusehen, dass die Übernahmefinanzierung plötzlich gefährlich hakt - die Banken sind bei der Kreditvergabe deutlich zurückhaltender geworden.

    ""Schade ist, dass natürlich noch immer zu wenig Flexibilität im Kapitalmarkt vorherrscht. Dass gute Firmen kein Geld mehr bekommen, weil die Banken Angst haben, es zu verleihen."

    Aber es steckt noch mehr dahinter - so manches Finanzinstitut hat mit dem Sportwagenhersteller noch eine offene Rechnung zu begleichen, meint Analyst Stürmer. Die Folge: selbst für das normale Tagesgeschäft musste Porsche jetzt einen Kreditantrag über 1,75 Milliarden Euro bei der staatlichen KfW-Bankengruppe stellen.

    "Es geht nicht nur darum, dass Porsche dieses Geld braucht. Es geht auch darum, dass die Banken dieses Geld nicht geben wollen. Porsche hat sich in seinem Finanzgebaren gerade im letzten Jahr einige Tricks erlaubt, die nicht zum guten Ton gehören und die zu einer erheblichen Verstimmung mit der Bankenwelt geführt haben. Deswegen sind die Hausbanken in Stuttgart zum Beispiel nicht bereit, diese 1,75 Milliarden zu geben."

    So hatte Finanzvorstand Härter einen nicht benötigten Kredit kurzfristig bei einem anderen Institut zinsgünstig angelegt - so etwas tut man nicht, heißt es dazu in der Branche. Letztlich aber sind die Übernahmeträume an der Hartnäckigkeit der Politik zerplatzt. Die gesamte Übernahmestrategie bei Porsche beruhte auf der Annahme, dass die bestehende Sperrminorität von 20 Prozent für das Land Niedersachsen bei Volkswagen fallen würde, nachdem der Europäische Gerichtshof das alte VW-Gesetz gekippt hatte, erläutert Autoexperte Diez:

    "Lange Zeit hat man damit ja spekuliert, hat erwartet und gehofft, dass man damit einen Beherrschungsvertrag abschließen kann mit 75 Prozent Anteil und dann Zugriff erhält auf die Kasse von Volkswagen, mit der man den Deal dann vollends finanziert. Das ist so nicht aufgegangen."

    Denn Christian Wulff, der Ministerpräsident von Niedersachsen, wollte unbedingt die Mitspracherechte beim wichtigsten Arbeitgeber des Landes erhalten. Am Ende haben sich für ihn die guten Kontakte nach Berlin ausgezahlt. In wichtigen Teilen bleibt es beim alten VW-Gesetz, so die Kanzlerin stolz vor der begeisterten Volkswagen-Belegschaft im Herbst letzten Jahres:

    "Wir haben dieses Urteil des Europäischen Gerichtshofs umgesetzt. Sind aber der Meinung, dass bei den wichtigen Unternehmensentscheidungen es bei der Sperrminorität von 20 Prozent bleiben soll. Nach dem Urteil auch bleiben kann. Das ist die Haltung der gesamten Bundesregierung nach sorgfältiger Prüfung und diese Haltung werden wir auch vor der Europäischen Kommission mit aller Kraft und aller Klarheit vertreten, meine Damen und Herren."

    Das Ergebnis: Porsche, durch die Aktienzukäufe inzwischen hoch verschuldet, besitzt derzeit 51 Prozent der VW Anteile und weitere Optionen auf 24 Prozent. Rein rechnerisch bringt es der Sportwagenbauer damit also direkt und indirekt auf 75 Prozent an Europas größtem Autobauer Und doch kann er diese Macht nicht wirklich nutzen. Denn der Zugriff auf die VW-Barreserven von gut 10 Milliarden Euro bleibt wegen der Sperrminorität von Niedersachsen verwehrt. Einen Plan B gibt es bei Porsche offenbar nicht.

    Längst haben die massiven Finanzprobleme auch die Eigentümerfamilien Piech und Porsche auf den Plan gerufen, die in den letzten Jahren dank der erfolgreichen Finanzspekulationen viel Geld verdient haben. Über das Holding-Dach der Porsche SE gehören ihnen 100 Prozent der stimmberechtigten Stammaktien am Sportwagenbauer Porsche sowie knapp 51 Prozent an Volkswagen. Dazu kommt noch ein Konzern in Österreich, der große Teile Südosteuropas mit Porsche- und Volkswagenfahrzeugen beliefert. Jahresumsatz gut 12 Milliarden Euro. Piech und Porsche - bis heute eine Autobauer-Dynastie:

    "Sie werden da kaum wissen, wer da früh morgens aus seinem Hause kommt. Aber vielleicht kennen sie diesen Wagen. Dann wissen sie schon fast alles. Denn eben dieser Wagen wartet im wahrsten Sinne des Wortes auf seinen Herrn: es ist sozusagen der Porsche für Herrn Porsche. Herr Ferdinand Porsche Junior - man nennt ihn Ferry - gehört zum Jahrgang 1909. Und ist der Erbe eines Namens, der buchstäblich wie ein Motor in der technischen Entwicklung der 50 Jahre steht."

    Der begabte Ferry Porsche, Sohn des Autokonstrukteurs Ferdinand Porsche, der wiederum den VW-Käfer entwickelt hat, legte mit dem Urporsche 356 den Grundstein für die Zuffenhausener Autofabrik. Anfang der 60er Jahre folgte dann der legendäre 911er - ein Mythos, der bis heute über 700.000 mal gebaut worden ist und der noch immer viele fasziniert:

    "Die Kotflügel. Also, wenn Du die beiden Kotflügel sieht es mit den beiden Scheinwerfern vorne drin - das ist für mich das Schönste. Und das Armaturenbrett natürlich - das ist so zeitlos funktionell. Das ist unglaublich." "Wenn ich mit dem Porsche fahre, bin ich außer mir vor Freude. Es ist, wie wenn du dir eine Rakte unter den Arsch schnallst und zündest. Es ist wie ein Arschtritt Gottes. Es ist unglaublich."

    Ausschnitte aus dem Film "100 Porsches and me" des Filmemachers Andrè Schäfer. Doch den Mythos und die Macht muss sich die Familie Porsche mit den Piechs teilen. Einer der Söhne aus der Ehe zwischen Anton Piech und Luise Porsche, der Tochter des Dynastiegründers Ferdinand Porsche, ist Ferdinand Piech.

    Der fanatische Autokonstrukteur kämpft sich energisch und mit viel Ellbogeneinsatz nach oben. Zunächst bei Audi, später dann wird er Vorstandsvorsitzender von Volkswagen, dessen Kurs er heute als Aufsichtsratsvorsitzender lenkt. Viele Affären hat Piech unbeschadet überstanden, zuletzt den Skandal um Lustreisen und Boni von VW-Betriebsräten. Gleichzeitig können Widersacher kaum auf Nachsicht hoffen.

    "Wer die Überzeugungskraft von Herrn Dr. Piech kennt, der weiß, wie so etwas geht. Für ihn ist Teamwork eben, wenn alle das tun, was er will. Das betrifft auch den Aufsichtsrat", "

    sagt bei einer Betriebsversammlung bei VW der damalige Kanzler Gerhard Schröder, den ein enges Vertrauensverhältnis mit Piech verbindet. Unliebsame Manager hat der heutige VW-Aufsichtsratsvorsitzende kurzerhand in die Wüste geschickt. Prominentestes Opfer war zuletzt Bernd Pischetsrieder, Piechs Nachfolger als VW-Chef, der 2006 gehen muss. Ihm folgt Martin Winterkorn, ein Vertrauter Piechs aus alten Audi-Tagen. Seither geht bei Volkswagen nichts mehr ohne den mächtigen Aufsichtsratschef, der zugleich über die Porsche Holding Miteigentümer von Volkswagen und Porsche ist. Autoexperte Diez:

    " "Er spielt nun mit beiden Hüten ein sicher riskantes Spiel. Denn er versucht auf der einen Seite Porsche am Leben zu erhalten. Auf der anderen Seite aber spielt er auch das Spiel des Volkswagenkonzerns. Das heißt, er tritt hier auch ganz klar als Interessenvertreter von Volkswagen auf. Er ist die Schlüsselfigur in diesem ganzen Prozedere, das wir jetzt erleben. Und er wird ganz wesentlich entscheiden, wie die Lösung letztlich ausgehen wird."

    Dass Porsche-Chef Wiedeking daran noch mitwirken darf, glauben viele nicht mehr. Zu eng ist der bestbezahlte deutsche Manager mit der aktuellen Finanznot von Porsche verknüpft. Zudem hat Wiedeking in der Hochphase der VW-Attacke ein Sakrileg begangen, indem er öffentlich scharfe Kritik an der Modellpolitik von Volkswagen übte:

    "Luxus leisten kann sich das Unternehmen nicht. Wir sind im harten Wettbewerb. Toyota nimmt keine Rücksicht darauf, ob im Hause Volkswagen oder bei Porsche gewisse Produkte geliebt werden, die man gerne bauen will, nur damit man selber davon was hat. Sondern: geliebt wird nur das, was Geld verdient. Aus."

    Eine direkter Angriff auch auf Ferdinand Piech, der nicht zuletzt für den verlustreichen Ausflug von Volkswagen in die automobile Oberklasse verantwortlich ist. Schon diese Rüge, so viele Beobachter, habe Piech ihm nie verziehen. Seither tobt ein Kampf bis aufs Messer.

    Doch die finanzielle Schieflage bei Porsche bedroht auch Piechs Lebenstraum. Denn am Ende könnten die Banken Porsche filetieren und die VW-Aktien an ausländische Investoren verkaufen. Zwar ist Volkswagen schon heute ein Riesenkonzern mit 61 Fabriken rund um den Globus, die alles bauen: vom VW Fox über die Oberklassenlimousine Audi A8 und dem Scania LKW mit 620 PS bis hin zum Sportwagen Bugatti. Doch das reicht Piech nicht - er möchte die derzeitige Nr. 1 auf dem globalen Automarkt überholen, betont Autofachmann Diez:

    "Das ist ja auch das langfristige Ziel, das Ferdinand Piech umtreibt. Er möchte Toyota schlagen. Das war schon immer sein Ziel. Und ich denke, dieses Ziel hat er auch nicht aus den Augen verloren. Aber man muss sich auch wieder mehr auf die Sachthemen konzentrieren und weniger die personellen Dinge in den Vordergrund stellen."

    Doch auch innerhalb der Eigentümer-Familien von Porsche gibt es Streit um den künftigen Kurs. Inzwischen zählt der Clan der Milliardäre rund 60 Mitglieder. Wolfgang Porsche, der amtierende Aufsichtsratsvorsitzende der Porsche SE, hat bislang Wiedeking vorbehaltlos gestützt. Nicht ohne Grund - denn die Familie Porsche besitzt mehr Anteile an der Holding als die Familie Piech. Das Machtgerangel zwischen Wolfgang Porsche und Cousin Ferdinand Piech erschwert zusätzlich eine Lösung, so Analyst Stürmer:

    "Im Grunde geht es bei diesem Konflikt nicht nur darum, wie und ob Porsche bei Volkswagen die Führung übernehmen kann, sondern wer auch innerhalb der Porsche-Familie die Führung übernimmt."

    Anfang Mai traf sich der Clan angesichts der Finanznöte von Porsche in Salzburg. Auf dem Familientreffen wurde eine Grundsatzentscheidung getroffen: Porsche soll demnach mit Volkswagen verschmolzen, und somit die 10. Marke im riesigen VW-Reich werden. Die von Piech ins Spiel gebrachte Option, dass Volkswagen den Sportwagenbauer einfach übernimmt, wurde zurückgewiesen.

    Wie die Fusion allerdings im Detail aussehen soll, wer den Konzern von wo aus führen soll, ist bis heute offen; ebenso die Frage, was aus Wendelin Wiedeking wird. Nicht zuletzt aufgrund der unklaren Finanzlage bei Porsche sind die Fusionsgespräche wiederholt vertagt worden. Klar ist: ob mit oder ohne Volkswagen - Porsche braucht dringend frisches Geld. Entweder durch die Familieneigentümer oder wie zuletzt spekuliert, durch den Einstieg eines Investors.

    Das Emirat Katar hat angeblich Interesse an mindestens 25 Prozent der Porsche-Stammaktien. Sollten die Piechs und Porsches zustimmen, wäre dies eine Zäsur. Die Familien hätten nicht mehr allein das Sagen bei Porsche. Das Kapital von außen hätte aber, so Analyst Stürmer, zugleich auch erhebliche Auswirkungen auf den Machtkampf um den künftigen Porsche/Volkswagen-Konzern:

    "Jede externe Geldquelle, die die Porsche SE identifizieren kann, ohne Geld von Volkswagen in Anspruch zu nehmen, stärkt die Position von Porsche und damit von Wiedeking in dieser Auseinandersetzung. Durch dieses Hineinnehmen einer externen Seite haben sich die Positionen jetzt soweit ausgeglichen, dass man im Grund ein Unentschieden, eine Remis-Position hat, von der aus die Prozesse neu angegangen werden müssen. Vielleicht unter besseren Voraussetzungen - vielleicht unter der Voraussetzung einer faireren Umgehensweise miteinander."

    Ob Katar bei Porsche einsteigen wird und unter welchen Bedingungen, soll binnen zwei Wochen entschieden sein.