Donnerstag, 28. März 2024

Archiv


Hochglanz für Hochschüler

Sie heißen "Mensa", "Campus" oder "Audimax", auf den ersten Blick sehen sie aus wie Hochglanz-Broschüren, die für Autos, Parfums oder exklusive Kleidung werben. Wer darin herumblättert, entdeckt dann plötzlich Artikel über Karrierechancen und Studiengebühren. Hochschulmagazine sind auf dem Vormarsch. Auch etablierte Zeitungsverlage entdecken Studierende als Klientel der Zukunft - und reagieren mit entsprechenden Magazinen.

Von Thomas Wagner | 22.11.2006
    Tove Simpfendörfer arbeitet als Pressesprecher im Rektorat der Hochschule Ravensburg-Weingarten. Sein Weg zum Arbeitsplatz führt jeden Morgen an der Zeitungsauslage im Hauptgebäude vorbei.

    "Hier liegt zum Beispiel das Hochschulmagazin "Mensa". Hier liegt "Audimax", hier "Hightech Campus Germany", hier "Uni Compact", da unten liegt noch was von "High Potential". Ich glaube, das ist ziemlich viel. Die Verlage suchen nach allen Möglichkeiten, ihr Angebot auszuweiten, auch weil sie sich erhoffen, dass die Anzeigenkunden von dieser Zielgruppe begeistert sind."

    Sind sie wohl. Davon zeigt sich das Medienhaus Schwäbischer Verlag in Leutkirch im Allgäu überzeugt. Der Verlag gibt mit der Schwäbischen Zeitung eine der größten regionalen Tageszeitungen in Baden-Württemberg heraus. Mit dem Hochglanzheft "Mensa" haben die Zeitungsmacher aus dem Allgäu zusätzlich ein eigenes Hochschulmagazin auf den Markt gebracht, in Verbindung mit einem Stellenportal im Internet und einer eigenen Karrieremesse.

    "Alle drei Angebote sind entstanden, weil die Nachfrage nach einem passgenauen Werbeumfeld von Seiten bestehender und auch interessierter Anzeigenkunden immer größer wurde. Jetzt können wir Varianten anbieten, mit denen Werbetreibende ohne Streuverluste tausende Studenten, Absolventen und junge Berufstätige in ganz Süddeutschland ansprechen können", "

    erklärt Verlagssprecherin Magdalena Linzmeier. Große Werbeagenturen haben Studierende als Zielpublikum entdeckt. Denn die gehören, so die Philosophie, später einmal zur Elite des Landes. Das begründet den Boom der Hochschulmagazine aber nur zum Teil. Ein zweiter Erklärungsversuch zielt auf die zunehmende Komplexität des Studiums und der Karriereplanung ab. Thomas Kerstan ist Chefredakteur des neuen Hochschul-Magazins "Campus" der Hamburger Wochenzeitung "Die Zeit". Er sieht den Bedarf deshalb als gegeben an,

    " "weil es an den Universitäten unübersichtlicher geworden ist. Es gibt ständig neue Studiengänge, es gibt neue Sachen wie Studiengebühren und so weiter. Und der Berufseinstieg ist wesentlich komplizierter als früher. Es gibt viele Berufe, deren Namen man kaum mehr aussprechen kann und seiner Großmutter gar nicht mehr erzählen kann, was man werden möchte. Da ist ein großer Orientierungsbedarf."

    Entsprechend gestalten sich die Inhalte: Da geht es um Auslandsstipendien ebenso wie um günstige Studienkredite. Wer muss wo wie viele Studiengebühren bezahlen? Wie wird man Diplomat, wie Entwicklungshelfer? Allerdings: Das Gros der Studierenden mag sich bislang nicht so recht für die neuen Magazine begeistern. Stimmen aus der Hochschule Weingarten:

    "Ich meine, es liegen sehr viele Zeitungen rum, und dass man dann die gerade die Zeitung findet, die interessant ist, ist schwierig. Drum schaut man lieber gar keine an."

    "Da hat man gar keine Zeit, während des Studiums sich so etwas durchzulesen, wenn man damit beschäftigt ist, Praxissemester zu planen, Studienprojekte zu bearbeiten, fürs Studium zu lernen. Da ist man schon gut verplant."

    Da müssen sich die "Macher" der neuen Hochschulmagazine schon was ausdenken, um die Studierenden für ihre neuen Hefte zu begeistern. Hier gibt es unterschiedliche Konzepte. Der Schwäbische Verlag beispielsweise setzt auf regionale Inhalte. "Die Zeit" will ihr Campus-Magazin dagegen gar nicht unter den vielen anderen Angeboten in den Zeitungsauslagen der Hochschulen sehen. Während die meisten Magazine gratis verteilt werden, kostet "Campus" deshalb 2,50 Euro. Thomas Kerstan:

    "Qualitätsjournalismus ist nicht umsonst zu haben. Studenten sind sehr verwöhnt, was die Umsonst-Angebote angeht, sei es durch die Billig-Angebote oder das Internet. Wir glauben, dass wir mit Qualitätsjournalismus die Studenten mit dieser minimalen Ausgabe bewegen kann."

    Ob die Rechnung aufgeht, werden die kommenden Monate zeigen. Sowohl Schwäbischer Verlag:

    "Wir hören eigentlich von allen Seiten sehr Positives!"

    als auch der Hamburger Zeit-Verlag:

    "Bis jetzt ist das Feedback sehr, sehr positiv!"

    sprechen von einem guten Start ihrer Hochschulmagazine. Pressesprecher Tove Simpfendörfer von der Hochschule Ravensburg-Weingarten ist sich aber sicher: Nicht alle Angebote werden dauerhaft Bestand haben.

    "Die Leute haben falsche Erwartungen. Die rufen mich euphorisch an und sagen: Wir haben da ein neues Produkt, das ist ganz toll. Wie viele könnt Ihr brauchen? Ihr habt ja auch 2300 Studierende. Dann zögere ich vielleicht kurz. Dann sagen die: Wie wär's denn mit 500? Dann antworte ich: besser 50. Und die Leute sind etwas irritiert. Weil ganz offensichtlich, und das ist mein Eindruck, wir von den Hochschulmagazinen überschwemmt werden. Und die liegen ganz lange in den Auslagen."