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Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern droht Finanzkollaps

Den Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern fehlt es massiv an Geld. Die Folge: weniger Personal, weniger Lehrveranstaltungen und längere Studienzeiten. Eine kurzfristige Erhöhung des Hochschuletats brachte keine Erleichterung. Studierende demonstrieren jetzt für mehr Mittel.

Von Peter Marx | 07.11.2013
    So viele junge Menschen waren selten in der Landeshauptstadt. Ob vor dem Schweriner Theater oder in der Fußgängerzone: Überall in der Stadt hielten Studenten Plakate hoch mit Aufschriften wie "Denkt an uns" oder "Lehrer brauchen eine Ausbildung". Über 2000 Studenten sammelten sich schließlich vor dem Schweriner Schloss, in dem gleichzeitig der Bildungsausschuss des Landes tagte. Einziges Thema: die finanziell prekäre Lage der Hochschulen. Die Rektoren machten deutlich, dass zwischen den Zuweisungen des Landes und dem tatsächlichen Bedarf der Hochschulen eine jährliche Lücke von 29 Millionen Euro klaffe. Die Auswirkungen sind, so Erik von Malottki, Studentensprecher aus Greifswald, schon heute deutlich zu spüren.

    "Für die Universität Greifswald steht jetzt schon fest, dass 44 Stellen allein gestrichen werden. Das geht insbesondere auf die Stellen, die im Moment befristet sind. Das heißt, auf den jungen wissenschaftlichen Nachwuchs. Das wird uns treffen. Bevor diese Stellen gestrichen werden können, wird es aber vor allen Dingen auf die Mittel für Exkursionen, Tutorien und Praktika-Plätze gerade bei den naturwissenschaftlichen Fächern auf Streichung der Gelder hinauslaufen. Und das bedeutet im ersten Moment einen massiven Einbruch in die Qualität des Studiums. Langfristig kann es auch zu Institutsschließungen kommen. Sollte es zu Institutsschließungen kommen, kann sich jeder auf einen heißen Sommer in Mecklenburg-Vorpommern von studierender Seite einstellen."

    Nicht viel besser sieht die Lage an der Universität Rostock aus, mit rund 15.000 Studenten und 300 Professoren die größte Hochschule des Landes. Hier beläuft sich das Defizit für die nächsten zwei Jahre auf rund 28 Millionen Euro - eine Unterfinanzierung von rund 14 Prozent. Studentensprecherin Isabel Pejic von der Uni Rostock zeichnet dabei schon heute ein düsteres Bild.

    "In der Philosophischen Fakultät ist es besonders dramatisch, aber auch an der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät ist nicht die Ausstattung dramatisch, aber vor allem die Vakanz-Zeit ist sehr dramatisch. Es können nicht genug Stellen besetzt werden. Das führt dazu, dass nicht genug Lehrveranstaltungen abgehalten werden können. Das führt wiederum dazu, dass die Studienzeit massiv verlängert und gerade im Lehramts-Studiengang gibt es kaum Leute, die es schaffen in der Regelstudienzeit fertig zu werden. Also deutlich unter 50 Prozent."

    Studentensprecher Erik von Malottki von der Uni Greifswald sieht im Erfolg der Hochschulen einen Grund für die derzeitige Finanzlage. Vor allem Studenten aus den alten Bundesländern ziehen immer öfters die Hochschulen im Nordosten vor.

    "Es gab Prognosen für Studierendenzahlen, die vorausgesagt haben, dass wir zwischen 26.000 und 28 000 Studierende 2012 hatten und dass diese sinken werden auf 23.000 im Jahr 2013. Wir wissen heute, dass wir 40.000 Studierende haben. Diese Zahlen haben sich als komplett falsch herausgestellt und das Landespersonalkonzept, das verantwortlich ist für Stellenstreichungen, die jetzt gerade sowieso passieren, parallel zu dieser Unterfinanzierungsdebatte, die wir jetzt haben. Das muss ausgesetzt werden, weil sich die statistische Grundlage als komplett falsch herausgestellt hat."

    Inzwischen reagierte Kultusminister Mathias Brodkorb und erhöhte den Hochschuletat des Landes um 17 Millionen Euro. Was zwar die Rektoren freute, aber letztendlich nicht ihre Probleme löst. Brodkorb sieht dagegen die Hochschulen jetzt in der Lage, "den Betrieb auf gutem Niveau fortzuführen". So ein Zitat des Ministers, der den Hochschulen gleichzeitig unterstellt, dass sie keine Finanzierungslücke haben, sondern nur zusätzliche Ausstattungswünsche hätten.