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Hochschulfinanzierung
Mehr Transparenz gefordert

Wie unabhängig ist die Wissenschaft an deutschen Hochschulen? Gesponsorte Hörsäle und Stiftungsprofessuren sind an vielen Universitäten und Fachhochschulen Alltag und kaum noch wegzudenken. Seit zwei Jahren sammelt das Portal Hochschulwatch fragwürdige Finanzierungen - jetzt ziehen die Macher Bilanz.

17.02.2015
    Ein von der Lebensmittelkette Aldi Süd gesponsorter Hörsaal in der Fachhochschule in Wiesbaden
    Gesponserte Hörsäle - nur ein Beispiel für den Einfluss der Wirtschaft in den Hochschulen. (picture alliance / dpa / Frank May)
    Nach Angaben des Internetportals Hochschulwatch.de fließen jedes Jahr mehr als 1,3 Milliarden Euro aus der gewerblichen Wirtschaft in die deutsche Hochschullandschaft, doppelt so viel wie noch vor zehn Jahren. Diese Gelder fallen in die Kategorie der sogenannten Drittmittel. Die Macher der Seite, die Antikorruptionsorganisation Transparency International Deutschland, die Tageszeitung taz und die bundesweite Studierendenvertretung fzs, sind dabei auf die Hilfe von Hochschulmitarbeitern angewiesen. Diese können dem Portal Kooperationen melden, die dann von den Mitarbeitern überprüft werden. Mittlerweile finden sich dort mehr als 10.000 Verbindungen zwischen gewerblicher Wirtschaft und Hochschulen in Deutschland. Seit heute gibt es auf der Webseite zudem neue Funktionen.
    Die Einschätzungen über das komplette Ausmaß der Drittmittelfinanzierung gehen auseinander. Für das Jahr 2011 wurde etwa angenommen, dass es bundesweit mehr als sechs oder sogar über zehn Milliarden Euro waren, die an Universitäten und Fachhochschulen abseits der staatlichen Finanzierung flossen. Viele Hochschulen sind auf die Drittmittel angewiesen.
    Besonders Kritik an Stiftungsprofessuren
    Die Unternehmen profitieren im Gegenzug von Posten in den Hochschulräten, der Benennung von Hörsälen oder Stiftungsprofessuren. "Die Zahl der Stiftungsprofessuren hat sich in den vergangenen fünf Jahren verdoppelt", sagte taz-Bildungsredakteurin Anna Lehmann bei der Bilanz. Diese seien ein beliebtes Mittel für Unternehmen, um Einfluss auf die Forschungsrichtung zu nehmen. Isabella Altert aus dem Vorstand Freier Zusammenschluss von Studentenschaften sieht besonders Professuren dieser Art kritisch: "So haben zum Beispiel Eon und RWE zusammen der Uni Köln eine Professur gestiftet, ein ganzes Institut sogar, das an den Risiken von Atomkraftmeilern forscht. Und dieses Institut hat überraschenderweise herausgefunden, dass Laufzeitverlängerung überhaupt kein Problem ist", sagte Altert im Deutschlandradio Kultur.
    Das Problem dabei ist die Transparenz. Vielfach müssen die Hochschulen in Deutschland solche Drittmittelfinanzierungen nicht offenlegen. Nur in fünf Bundesländern ist die Transparenz von Sponsoringverträgen nach Angaben von Hochschulwatch sichergestellt. Hochschulwatch fordert in diesem Bereich weitere Nachbesserungen.
    (pr/tj)