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Hochschulstudium
Tonmeister der Zukunft

Musikalische Kenntnisse gehören zum Studium an der Hochschule für Musik in Detmold dazu: Hier können zehn Studierende pro Jahr zum Tonmeister werden. Doch der Titel ist nicht geschützt und die intelligenter werdende Technik übernimmt immer mehr Aufgaben dieses Berufs.

Von Blanka Weber | 20.11.2019
Ein Tonmeister sitzt in seinem Studio.
Für den Studiengang Musikübertragung/Tonmeister in Detmold gibt es fünf mal so viele Bewerbungen wie Plätze (Unsplash / Karsten Schneidermann)
Stefanos Ioannou sitzt mit Kommilitonen in einem Tonstudio der Hochschule für Musik in Detmold. Zum Beethovenjahr 2020 soll eine CD entstehen. Ihr Job ist es, den selbst aufgenommenen Ton zu schneiden und zu mischen. Vor ihnen: Boxen und Bildschirme. Ein drei Meter langes Tonpult mit dutzenden Reglern, Schaltern und Tasten:
"Die Zeit, wo man hier einen Abschluss gemacht hat und direkt am Rundfunk eine Stelle bekommen hat, die ist vorbei. Also, was es jetzt ist, dass wir alle ziemlich freiberuflich arbeiten nach dem Studium."
Und manche tun das bereits, denn das Studium dauert lange. Acht Semester für den Bachelor mit dem Titel: Musikübertragung/Tonmeister. Plus nochmals zwei Semester für den Master Musik - oder Klangregie. Stefanos Ioannou studiert im siebten Semester und hat kürzlich schon für eine Produktion einen Preis vom Verband der Deutschen Tonmeister erhalten:
"Also wir kommen schon alle von der Musik her. Das ist auch ziemlich wichtig, glaube ich, die Technik ist inzwischen so leicht zu beherrschen, das kann man schnell lernen, aber die Musik - das ist schon ein langjähriger Prozess, das man selber auch Musiker wird."
Seit 15 Jahren spielt er selbst Klavier und belegt das Fach auch an der Hochschule in Detmold. Das muss er auch. Denn ohne diese Musikgrundlage wird hier niemand zum Tonmeister qualifiziert.
Technische und künstlerische Studieninhalte
Ist die Klarinette zu markant, das Cello zu weit hinten? Es geht um Klangräume, um Schall und Akustik, um einen Gesamteindruck, der erst für Hörer perfekt ist, wenn Mikrofone richtig gesetzt und alle Instrumente am Ende gleich gut wahrgenommen werden. Genau deshalb gibt es diese beiden Bereiche in der Ausbildung - Musik und Technik:
"Unser Hauptfach: Gehörbildung. Musiktheorie, Musikgeschichte und so weiter. Zum anderen die naturwissenschaftlichen Fächer: Elektrotechnik, digitale Audiotechnik, Signaltheorie und dann gibt es die praktischeren Anteile hier, wo wir selber aufnehmen und an Projekten, die wir dann zeigen."
Auch Julius Gass studiert hier. Seine Leidenschaft gehört der Popmusik - und genau die möchte er als Tonmeister später perfekt hörbar machen. Er lernt Jazz-Gitarre im Haupt- und Klavier im Nebenfach:
"Ich hab vor dem Studium schon ein bisschen angefangen und mich dann quasi erst für das Studium entschieden, um eben einfach noch tiefgreifendere Erfahrungen und Hintergrundwissen zu sammeln, was mir vorher auch gefehlt hat."
Ob Klassik - oder Popmusik - die Zeit seit der Gründung des Instituts vor 70 Jahren hat sich gründlich geändert. Knapp zehn Studierende werden pro Jahr angenommen, fünf mal so hoch ist die Zahl der Bewerber. Und eines treibt sie alle um: Wenn die Software immer besser und die Equalizer - also technische automatische Korrekturen für ein Instrument - immer besser werden - braucht man dann noch Tonmeister?
"Ich glaube, das die Künstliche Intelligenz natürlich dahingehend lernen wird und die Entscheidungen, die getroffen werden, immer besser werden, aber am Ende - bis eine künstlerische Entscheidung von einer künstlichen Intelligenz getroffen werden kann, das braucht noch sehr lange. Und spätestens da ist der Punkt, wo man definitiv jemanden braucht, der weiß, was er da tut. Weil, die technischen Parameter - sind die eine Sache, die künstlerischen - die andere."
Auch wenn der berufliche Titel "Tonmeister" nicht geschützt ist, Julius Gass setzt genau auf diese Ausbildung und bekommt jetzt schon dutzende Anfragen von Freunden und Musikerkollegen, die lieber etwas mehr vorab investieren und dann auf Augenhöhe mit einem menschlichen Gegenüber arbeiten wollen.