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Hoffen auf das Hoch Angela

Mit einem eigenen Programm will die NRW-CDU eigene Akzente im Bundestagswahlkampf setzen, hofft auf ein gutes Ergebnis. Sie sieht ihre Ansichten durch Bundeskanzlerin Angela Merkel in vielen Punkten bestätigt.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 04.07.2013
    Die versammelten Gäste freuen sich schon auf Bier und Gegrilltes, aber der Chef ist noch nicht da. Es ist das Sommerfest der nordrhein-westfälischen CDU-Fraktion: Parfum und Würstchenduft liegen in der Luft:

    Dann ist plötzlich Schluss mit Musik – dabei passt der Titel – "All of me" – doch bestens zur Kanzlerinnenpartei. Alles ist schließlich auf Angela Merkel zugeschnitten in diesem CDU-Wahlkampf. Auch in Düsseldorf bei der Begrüßungsrede von Karl-Josef Laumann. Unter blauem Himmel steigt der Fraktionschef im Garten der Landtagskantine jetzt endlich aufs Rednerpodest und schwärmt über Hochdruckgebiete:

    "Ich weiß nicht, wer's war. Aber dieses Jahr ist festgelegt, dass alle Hochs einen weiblichen Vornamen haben. Und das ist auch eine gute Deutung für uns politisch: Denn das politische Hoch in diesem Jahr heißt Angela Merkel mit ihrer Riesenarbeit für Deutschland und Nordrhein-Westfalen."

    So viel gute Laune war lange nicht mehr bei der NRW-CDU. Die Umfragen im Bund sind bestens, die im Land immerhin besser als vor einem Jahr. Im Mai 2012 fuhr Norbert Röttgen nur schmachvolle 26 Prozent ein. Die Partei erholt sich davon so langsam. Nur: Der Einfluss in Berlin ist spätestens seitdem deutlich gesunken, so räumt Landesparteichef Armin Laschet ein:

    "Also ich finde, wir werden wahrgenommen, aber es ist natürlich ein Unterschied, ob man Regierung oder Opposition ist. Die Zeiten, wo die Ministerpräsidenten Rüttgers, Wulff und Koch in der Bundespolitik stark gesprochen haben, die sind vorbei."

    Noch vor Jahren nervte ein aufmüpfiger Jürgen Rüttgers von Düsseldorf aus die Kanzlerin. All das ist perdu. Aber handzahm sei er nun nicht, meint Laschet:

    "Nein, es ist ja nicht unser Hauptauftrag, das Leben der Kanzlerin schwer zu machen. Jetzt geht's ja eher darum, den Ideenaustausch zu haben. Ich kann nicht damit drohen, wie wir im Bundesrat abstimmen, weil wir im Moment nicht regieren, aber ich kann ja gute Ideen einbringen."

    Karl-Josef Laumann trumpft mehr auf. Das gute Erscheinungsbild der Union sei auch ein Verdienst der nordrhein-westfälischen CDU, behauptet der Fraktionschef. Das sehe man ja am Wahlprogramm für den 22. September:

    "Also erst einmal ist es ein Wahlprogramm, was sehr stark anknüpft an die soziale Marktwirtschaft. Im Übrigen, was auch viele Arbeitnehmerfragen angeht. Da können Sie davon ausgehen, dass das schon mit uns zu tun hat hier in Nordrhein-Westfalen. Es steht in diesem Programm viel drin, dass wir am Ehegattensplitting festhalten wollen. Auch das hat eine nordrhein-westfälische Prägung. Also da können wir ganz zufrieden sein."

    Auch Armin Laschet zeigt sich in diesen Tagen meistens aufgekratzt: Die Bundestagswahl hat er zur "Denkzettel-Wahl" gegen die rot-grüne Landesregierung ausgerufen. Ob Haushalts-, Schul-, oder Energiepolitik – Frau Kraft solle NRW bitte nicht nur im Herzen, sondern auch im Kopf haben. Was man als Opposition eben so sagt. Damit die NRW-CDU nun endlich wieder richtig schlagkräftig wird, hat der Landesvorsitzende erst den "Frühling der neuen Ideen" und jetzt den "Sommer des Zuhörens" ausgerufen. Offenbar liegt die Partei doch noch auf der Couch – aber damit müsse jetzt Schluss sein, sagt Laschet:

    "Wir können jetzt nicht ein Jahr uns mit uns selbst beschäftigen, denn die Bundestagswahl steht vor der Tür. Und zu diesem Zeitpunkt müssen wir auch innerlich wieder so verfasst sein, dass wir so eine Wahl gewinnen können."

    So erklärte der Landesvorsitzende neulich den staunenden Journalisten in Düsseldorf. Der Moderator kam auf der Pressekonferenz allerdings etwas durcheinander mit Parteipsychologie und Wahlprogramm. Und kurz darauf wirkt auch Armin Laschet verwirrt:

    Moderator: "Der Sommer des Zuhörens – ist das so eine Art Reparaturprogramm, was Sie da fahren? Oder worauf beziehen Sie es?"
    Laschet: "Nein, es gibt ja zwei Prozesse, es geht nicht um das Bundestagswahlprogramm."
    Moderator: "Ja, man weiß ja gar nicht, um welches Programm es geht, weil Sie gerade beide vermischt haben miteinander."
    Laschet: "Nee, ich habe nichts vermischt."
    Moderator: "160 Seiten ..."

    Es ist kompliziert: Obwohl das Bundeswahlprogramm längst verabschiedet ist, wolle man auf dem Landesparteitag in NRW am Samstag weitere Akzente setzen.

    Moderator: "Ist das denn nötig?"
    Laschet: "Wir sind ein selbstbewusster Landesverband und haben die Absicht, das zu tun."
    Moderator: "Alles schwer zu verstehen."
    Laschet: "Ich finde das eigentlich gar nicht so schwer, zwei Programme auseinander zu halten."

    Armin Laschet verliert ein wenig die Orientierung, aber nicht seinen Humor. Der Küstenschutz fällt ihm dann noch ein. Dieser Aspekt im Bundeswahlprogramm sei nun für NRW nicht so wichtig. Der Landesverband wolle lieber eigene Akzente in der Europa- und Energiepolitik setzen. Angela Merkel wird davon in Kürze mehr erfahren. Auf dem Landesparteitag wird sie als Gast erwartet. Und gleich weitere acht Mal will die Kanzlerin im Spätsommer noch vorbeikommen, rechtzeitig zur heißen Wahlkampfphase. Denn wird die CDU am 22. September stärkste Kraft in NRW, hält das "Hoch Angela" auch in Berlin, so die Hoffnung.

    "Wir haben mit dem Deutschen Wetterdienst aber verabredet, ab 2016/2017 werden die Hochs wieder nach Männern benannt."

    Da war ja noch was, nämlich die Spitzenkandidatur für die nächste Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Und die endlich verstummte Debatte um die Doppelspitze der NRW-CDU, Laschet und Laumann. Beide hoffen auf ihr ganz persönliches Hochdruckgebiet – namens "Armin" oder "Karl-Josef".