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Hoffnung auf ein Ende des Chaos

Mitten in den Wahlkampf platzt die Ankunft des ehemaligen Präsidenten von Haiti, Jean-Bertrand Aristide, hinein. Dabei sehnt sich Haiti nach einem Ende des Chaos - das beide Präsidentschaftskandidaten versprechen.

Von Martin Polansky | 19.03.2011
    Auf diese Maschine haben manche Haitianer schon lange gewartet. Landung in Port-au-Prince gestern morgen. An Bord Jean-Bertrand Aristide. Nach sieben Jahren im Exil kehrt der frühere Präsident zurück. Seine Anhänger voller Hoffnung:

    "- "Ich bin sehr glücklich, wenn ich mein Herz öffnen könnte, würde man es sehen. Aristide kann etwas tun, damit wir aus der Misere nach dem Erdbeben herauskommen."
    - "Ich erwarte viel von Aristide. Wir brauchen Arbeit, etwas zu Essen und die Kinder müssen zur Schule gehen können.""

    Aristide kam in Begleitung seiner Frau und des US-Schauspielers Danny Glover. Viele Linke in den Vereinigten Staaten hatten sich für seine Rückkehr stark gemacht. Ihnen gilt der frühere Armenprediger immer noch als Hoffnungsträger. Und das, obwohl Aristides Präsidentschaft 2004 im Chaos endete. Menschenrechtsverletzungen und Bandenkriminalität prägten die letzten Jahre seiner Regierungszeit. Nach Protesten und internationalem Druck musste er das Land verlassen. Bis heute behauptet Aristide, er sei von den USA entführt worden. In einer ersten Rede noch im Sicherheitsbereich des Flughafens deutete er an, dass er seine Rückkehr als historische Mission sieht:

    "1804 war das Jahr, als sich Haiti von der Sklaverei befreit hat. Den heutigen Tag können die Haitianer betrachten, als das Ende meines Exils und des Staatsstreichs. Friedlich müssen wir vorankommen in Richtung sozialer Teilhabe aller Menschen."

    Aristides Rückkehr platzt hinein in die Endphase des Wahlkampfes. Am Sonntag sollen die Haitianer einen neuen Präsidenten bestimmen. Aristides Partei war vom Urnengang ausgeschlossen worden.
    Die USA hatten den früheren Staatschef aufgefordert, gerade jetzt nicht zurückzukehren. Sie befürchten neue Instabilität in dem krisengeschüttelten Land. Und auch der Chef der UN-Mission, Edmond Mulet, ist nicht glücklich über die Entwicklung:

    "Ich denke, Schatten der Vergangenheit sind wieder aufgetaucht. Aber ich glaube, die Haitianer wollen jetzt etwas anderes. Es gibt zwei Kandidaten. Und mit ihnen gibt es eine neue Hoffnung."

    Da ist Mirlande Manigat. Die 70-jährige Jura-Professorin ist die Ehefrau eines Kurzzeit-Präsidenten aus den 80er Jahren. Manigat kommt mütterlich daher, hat wohl vor allem unter den Frauen viele Unterstützerinnen. Im ersten Wahlgang Ende November lag sie vorne.
    Ein beliebter Musiker ist ihr Konkurrent. Michel Martelly, den Haitianern bisher bekannt als Sweet Mickey. Sein größter Vorteil: Martelly gilt als politisch unverbraucht, unter seinen Beratern sind viele US-Amerikaner. Das merkt man auch im Wahlkampf. Der Neuling wirbt per Internet und über Handy-Anrufe. Hoffnung und Wechsel sind seine Slogans. Zur Stichwahl zugelassen wurde er nur, weil das umstrittene erste Abstimmungsergebnis nach monatelangem Gezerre zu seinen Gunsten revidiert wurde. Nun gibt er sich selbstbewusst, dass er gewinnt:

    "Chance? Es wird ein sicherer Sieg. Ich mache eine Kampagne, um das Leben der Haitianer zu verändern. Ich denke nicht an die andere Kandidatin und verschwende damit keine Zeit. Ich arbeite hart für den Wandel im Land. Ich denke nur an die Leute auf der Straße, die kein Essen haben, keine Sicherheit, keine Gesundheitsversorgung. Nur daran denke ich."

    Egal ob Martelly oder Manigat. Die Vereinten Nationen hoffen vor allem, dass es endlich wieder eine handlungsfähige Regierung in Haiti gibt. Und Entscheidungen getroffen werden, damit der Wiederaufbau nach dem schweren Erdbeben besser vorankommt.

    Denn die Verzweiflung ist groß. Auch der Rückkehrer Jean-Bertrand Aristide weiß das. Er dürfte seine Chance wohl kommen sehen, falls die Lage in Haiti auch nach der Wahl chaotisch bleibt.