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Hohe Spendenbereitschaft und viel Elend

Trotz der Eurokrise hat die Spendenbereitschaft der Deutschen bisher noch nicht nachgelassen, angesichts der Not in der Welt. Das wurde heute auf der Jahresbilanz der Deutschen Welthungerhilfe bekannt. Die Schattenseite: Immer mehr Menschen sind auf Unterstützung angewiesen.

Von Dieter Nürnberger | 26.06.2012
    Zum Beispiel Afrika. Der Kontinent war im nunmehr 50-jährigen Bestehen der Deutschen Welthungerhilfe stets ein Arbeitsschwerpunkt. Und doch gibt es immer wieder Situationen, in denen selbst die couragierten Helfer hilflos sind, obwohl sie vor Ort das Überleben von Hunderttausenden zumindest sichern können. Am Horn von Afrika wurde 2011 die schlimmste Dürre seit 60 Jahren registriert, diese auch humanitäre Katastrophe wurde durch Flüchtlingsströme aus dem politisch instabilen Somalia verstärkt. In den Nachbarstaaten Äthiopien und Kenia entstanden riesige Aufnahmelager. Bärbel Dieckmann, die Präsidentin der Welthungerhilfe.

    "Es war fast keine Frau, mit der wir gesprochen haben, die nicht ein oder zwei Kinder auf der Flucht verloren hat, die gestorben sind, viele Frauen, die vergewaltigt worden sind auf der Flucht und die dann in ein Lager kommen, wo ich das erste Mal so ein Stück Hilflosigkeit auch gespürt habe, wie man damit eigentlich umgeht. Wo sie glücklich sind, dass sie angekommen sind, wo es eine Grundnahrungsversorgung gibt, wo es medizinische Versorgung gibt. Wir haben Krankenstationen dort besucht, wo man schätzt, ein Kind ist zwei Jahre alt und der Arzt sagt, es ist sechs Jahre alt."

    Noch immer sind hier rund 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht oder sie konnten noch nach Hause zurückkehren. In Ostafrika habe die internationale Hilfe zu schleppend eingesetzt, sagt Bärbel Dieckmann, hieraus müsse die Weltgemeinschaft lernen, denn derzeit gebe es beispielsweise in der Sahelzone ähnliche Entwicklungen. Zwar sei eine Hungernot bislang vermeiden worden, doch von Entwarnung für rund 8 Millionen Betroffene könne noch keine Rede sein.

    Die Deutsche Welthungerhilfe wurde im Dezember 1962 gegründet. Jahrelang stand die Nothilfe im Vordergrund, in den vergangenen Jahren jedoch kamen mehr und mehr nachhaltige Ziele hinzu. Das können beispielsweise Projekte zur Wiederaufforstung sein, damit das Ökosystem vor Ort keinen weiteren Schaden nimmt. Denn ohne funktionierende ökologische Strukturen sind die Ernten gefährdet. Neue Ziele erfordern neue Wege, sagt deshalb Wolfgang Jamann, Vorstandsvorsitzender der Organisation. Er nennt als Beispiel dafür auch viele lateinamerikanische Länder.

    "Hier gibt es Projekte, die oft eine Komponente beinhalten, wo Ernährungssicherung gekoppelt wird mit Naturschutz oder dem Schutz natürlicher Ressourcen. Da ist man oft aufgrund der Voraussetzung in der Lage sozusagen etwas mehr zu tun als sozusagen die klassische Ernährungssicherung, auch das sind sehr spannende Projekte."

    2011 konnte die Welthungerhilfe Spenden in Höhe von rund 48 Millionen Euro einnehmen. Es ist das drittbeste Ergebnis - nach 2004, dem Jahr des Tsunamis in Asien und 2010, dem Katastrophenjahr mit verheerenden Erdbeben in Pakistan und Haiti. Bärbel Dieckmann forderte die Deutsche auf, in ihrer Hilfsbereitschaft nicht nachzulassen. Neben den Spenden finanziert sich die Organisation auch aus Zuwendungen öffentlicher und staatlicher Einrichtungen.

    50 Jahre Deutsche Welthungerhilfe. Ein Fazit der Präsidentin:

    "935 Millionen Menschen, die hungern auf der Welt, die in Armut leben, sodass sie hungern, ist eine vollkommen inakzeptable Zahl, zumal ausreichend Nahrungsmittel weltweit produziert werden, um diese Menschen zu ernähren, und, bei aller guten Arbeit muss es eine politische Lösung geben, um Hunger in der Welt der Vergangenheit angehören zu lassen."