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Hollandes "Ehe für alle" spaltet die Franzosen

Frankreichs Staatspräsident Francois Hollande hatte im Wahlkampf "die Ehe und das Adoptionsrecht für alle" versprochen. Nun erregt der Gesetzentwurf die französischen Gemüter. Bereits im November hatten Hunderttausend gegen die Homo-Ehe protestiert. Am Sonntag sollen es deutlich mehr werden.

Von Ursula Welter | 11.01.2013
    Seit Monaten schon geht es munter zu auf Frankreichs Straßen. Mal rufen die Befürworter, mal die Gegner zum Protest auf. "Die Ehe und das Adoptionsrecht für alle" hatte Frankreichs neuer Staatspräsident im Wahlkampf versprochen, im November hat das Kabinett die Sache auf den Weg gebracht, Ende Januar berät das Parlament den Gesetzentwurf, der gerade geschrieben wird.

    An diesem Sonntag gehen die Gegner auf die Straße, Mitte November hatten sie hunderttausend im Protestzug in Paris zusammengebracht, diesmal sollen es noch einmal deutlich mehr werden. Freiwillige in ganz Frankreich haben 900 Busse gechartert, fünf Schnellzüge in die Hauptstadt sind gebucht, allein zehntausend Personen wollen sich, sagen die Veranstalter, für die Sicherheit zur Verfügung stellen.

    "Wenn ich in Frankreich wäre, nicht in China, würde ich am Sonntag auch hingehen", sagt Jean-Pierre Raffarin, ein politisches Schwergewicht der Konservativen. Francois Hollande gehe ein hohes Risiko mit diesem Vorhaben ein, das die französische Gesellschaft spalte.

    Tatsächlich zeigen sich mehr als 60 Prozent der Franzosen mit einer "Ehe für gleichgeschlechtliche Paare" einverstanden, aber nur gut 40 Prozent befürworten auch das geplante Adoptionsrecht für Schwule und Lesben.

    Bislang gibt es eine Art Partnerschaftsgesetz in Frankreich, namens "PACS", das aber nicht in jeder Hinsicht dem Eherecht gleichkommt. Hier und in puncto Adoption will die neue Regierung für Gleichstellung sorgen. Aufseiten des linken Flügels der Sozialisten wird zudem gefordert, gleichgeschlechtliche Paare müssten, unter bestimmten Voraussetzungen, Zugang zur künstlichen Befruchtung bekommen.

    Da dieser Punkt aber besonders heikel ist, beschloss die Regierung das Thema nicht in die Beratungen über die sogenannte "Ehe für alle" zu packen, sondern in ein späteres Gesetzesprojekt zum Familienrecht. Ein Taschenspielertrick, sagt Frankreichs Opposition. "Es sind immer die Gegner, die den lautesten Krach machen", sagt Jean-Claude, der im Zentrum der Schwulen und Lesben in Paris arbeitet.

    Diese Gegner argumentieren, Hollandes Gesetz widerspreche dem "Code civil", es würden systematisch die Worte "Mann" und "Frau", "Vater" und "Mutter" zugunsten neutraler Begriffe aus dem Rechtsrahmen gestrichen, sie wollen für die Anerkennung der Andersartigkeit der Geschlechter kämpfen.

    "Es geht uns nicht um 'Homophobie'", schreiben auch katholische Intellektuelle, "es geht uns um anthropologische, gesellschaftliche Fragen". Der Erzbischof von Paris, Vingt-Trois, will am Sonntag nicht im Protestzug mitmarschieren, dennoch ist er mit seinen Bischofskollegen ausdrücklich gegen das Gesetzesvorhaben. Dafür waren sie vom Vatikan gelobt worden.

    Bischof Eric de Moulins Beaufort räumt allerdings ein, dass die homosexuellen Katholiken in dieser Frage gespalten seien, manche für das Eherecht, andere dagegen. Die Auseinandersetzung um das geplante Gesetz hatte vor Tagen einen Höhepunkt erreicht, als die meist katholischen Privatschulen Frankreichs auf die Opposition der Bischöfe hingewiesen wurden.

    Bildungsminister Peillon hatte daraufhin vor "Homophobie" und einer Debatte in den Schulen gewarnt. Das wiederum war dem Sozialisten als Kampfansage an die katholischen Privatschulen ausgelegt worden. Die Veranstalter der Demonstration am Sonntag bestehen darauf, dass ihre Aktion überkonfessionell und nicht katholisch geprägt sei.

    Tatsächlich hatten muslimische und jüdische Verbände ebenfalls Kritik an den Plänen der Regierung geübt. Auch gibt es sozialistische Bürgermeister, die eine Eheschließung nicht mitmachen wollen. Staatspräsident Hollande hatte daraufhin im November angeboten, die Bürgermeister könnten nach ihrem Gewissen entscheiden, ob sie gleichgeschlechtliche Paare trauen wollten oder nicht.

    Die Anwendung des Gesetzes "à la carte" erntete allerdings viel Widerspruch, sodass der Elysée-Palast zurückrudern musste. Auf den Protestzug aufspringen will unterdes der Chef der konservativen UMP, Jean-Francois Copé. Die Oppositionspartei findet nur schwer in ihre Rolle, die Feindseligkeiten um die Führung der Sarkozy-Partei sind nur mühsam überdeckt. Teilnehmen will auch eine Delegation des rechtsradikalen Front National, Parteichefin Marine Le Pen jedoch will daheimbleiben:

    "Meine Abwesenheit soll zeigen, dass die Debatte von der Regierung nur angezettelt wurde, um von Problemen abzulenken, auf die sie keine Antworten hat."