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Homeoffice
Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten soll kommen

Mit Beginn der Coronakrise haben mehr und mehr Menschen im Homeoffice gearbeitet. Dabei haben sich auch die Vorzüge dieser Arbeitsweise gezeigt. Einen Rechtsanspruch auf mobiles Arbeiten wird es aber wohl nur in abgespeckter Form geben. Aber es gibt auch sofort Kritik an dem Gesetzentwurf.

Von Volker Finthammer | 04.10.2020
Eine Frau arbeitet am 08.07.2020 im Homeoffice.
Arbeit im Homeoffice soll gesetzlich geregelt werden (imago-images.de/epd, Jens Schulze)
Es hat dann doch länger gedauert, bis Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) seinen Gesetzentwurf zum mobilen Arbeiten in die Ressortabstimmung geben konnte, der ursprünglich ein Rechtsanspruch auf Homeoffice werden sollte. Aber da wäre der Koalitionspartner nicht mitgegangen. Vor allem Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hatte sich frühzeitig dagegen gestellt, um den Unternehmen nicht noch weitere Pflichten in der Krise aufzuerlegen.
Vor diesem Hintergrund legt Hubertus Heil nun eine abgespeckte Lösung vor. Dort, wo es möglich ist, sollen alle Angestellten einen gesetzlichen Anspruch von mindestens 24 Tagen pro Jahr für mobiles Arbeit bekommen, sagte er der "Bild am Sonntag", sofern keine betrieblichen Gründe zwingend dagegen sprechen.
Und diese zwei Tage pro Monat sieht er als einen guten Anfang für eine flexible Arbeitszeitgestaltung der Beschäftigten. Darüber hinaus könne in Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen mehr ermöglicht werden.
Digitale Arbeitszeiterfassung für das Homeoffice
"Da wo es lebenspraktisch nicht geht in Unternehmen, da geht es nicht, da müssen Unternehmen auch die Möglichkeit haben, zu sagen, das geht betrieblich nicht. Aber da, wo es möglich ist, es Beschäftigten zu verwehren mit dem einfachen Prinzip Nein, das soll nicht mehr möglich sein. Und das heißt, den Beschäftigten einen rechtlichen Anspruch zu geben, das auch zu ermöglichen", hatte Hubertus Heil am vergangenen Freitag noch im Deutschen Bundestag erklärt.
Das Bundesarbeitsministerium hat, so Heil in der "Bild am Sonntag", eine Studie zum Homeoffice in der Corona-Pandemie in Auftrag gegeben. Demnach haben in den zurückliegenden Monaten Juli und August 36 Prozent der angestellten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice gearbeitet. Das entspricht gut 14,6 Millionen Beschäftigten. Im Vorjahreszeitraum lag der Anteil bei 24 Prozent. 87 Prozent derjenigen, die während der Pandemie zu Hause gearbeitet haben, seien «sehr zufrieden» oder «zufrieden» gewesen.
"Und ich kann aus persönlicher Erfahrung sagen, Homeoffice und Homeschooling das geht überhaupt nicht zusammen. Klar ist auch, dass bei aller Flexibilität die Arbeitszeitgesetze auch im Homeoffice durchgesetzt werden müssen und dass es da zum Beispiel Möglichkeiten der digitalen Arbeitszeitaufzeichnung geben muss. Wir wollen nicht die Entgrenzung der Arbeit ins Privatleben und der allverfügbare Mensch ist nicht mein Menschenbild und ist nicht das Leitbild der sozialen Marktwirtschaft, deshalb werden wir auch dazu Vorschläge machen."
So sollen die Arbeitgeber sicherstellen, dass die Arbeitszeit der Angestellten im Homeoffice vollständig erfasst wird. Ansonsten droht dem Entwurf zufolge ein Bußgeld von bis zu 30.000 Euro.
Kritik von zwei Seiten
Und während der festgelegten Arbeitszeit in den privaten Räumen soll auch die gesetzliche Unfallversicherung greifen und deshalb noch vorhandene Gesetzeslücken geschlossen werden. So sollen beispielsweise auch Unfälle auf dem Weg zur Schule oder der Kita als Wegeunfall mitversichert werden.
Kritik kommt bereits aus zwei Richtungen. Der Arbeitsmarktexperte der FDP, Johannes Vogel, hält einen modernen Rechtsrahmen für mobiles Arbeiten zwar für längst überfällig. Aber vor diesen Hintergrund sei Heils Vorschlag völlig aus der Zeit gefallen, weil der Arbeitsminister sich weigere, das Arbeitszeitgesetz anzufassen und für insgesamt mehr Flexibilität zu sorgen.
Dagegen ist für DGB-Chef Reiner Hoffmann der geplante Rechtsanspruch von bis zu 24 Tagen pro Jahr eindeutig zu wenig. Dem Bedürfnis vieler Beschäftigter werde das kaum gerecht. Ein solcher Minimalanspruch sei eine Konzession an die Arbeitgeber, die bei dem Thema immer noch blockieren würden.
Mobiles Arbeiten müsse für die Beschäftigten immer freiwillig sein, betonte Hoffmann. Es dürfe deshalb nicht dazu kommen, dass die Arbeitgeber über die Privaträume ihrer Beschäftigten verfügen und die Büros in den Unternehmen einfach wegrationalisieren. Das müsse bei allen Veränderungen unmissverständlich klar sein.