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Hongkong
Regenschirm-Protestlern drohen lange Gefängnisstrafen

Die politischen Spannungen in der ehemaligen britischen Kolonie Hongkong nehmen wieder zu. Am Montag wurden neun Anführer der sogenannten Regenschirm-Proteste von vor zweieinhalb Jahren angeklagt - wegen Störung des öffentlichen Friedens. Auffällig ist der Zeitpunkt der Anklagen.

Von Steffen Wurzel | 28.03.2017
    Demokratie-Aktivisten treten vor die Presse in Hongkong.
    Den Angeklagten wird die Störung des öffentlichen Friedens zur Last gelegt. (Deutschlandradio / Steffen Wurzel)
    Die Regenschirm-Proteste für mehr Demokratie in Hongkong waren zuletzt kein großes Thema mehr in der chinesischen Sonderverwaltungszone. Gestern Abend hat sich das schlagartig geändert.
    Neun Anführer der Regenschirm-Proteste folgten einer Vorladung der Hongkonger Justiz und begleitet von lauten Sprechchören ihrer Unterstützer stellten sich die Demokratie-Aktivisten der Polizei.
    Die Anklage wirft Tanya Chan, Tommy Cheung, Raphael Wong und sechs weiteren unter anderem Störung des öffentlichen Friedens vor.
    Neue Regierungschefin Hongkongs steht Peking nah
    Die Aktivisten hatten im Sommer 2014 die Proteste für mehr Demokratie in Hongkong mitorganisiert. Die überwiegend friedlichen Demonstrationen hatten es damals weltweit in die Nachrichten geschafft. Die Tatsache, dass die Protest-Anführer ausgerechnet jetzt angeklagt werden, ist auffällig. Denn die Anklage kommt nur einen Tag nach der Wahl einer pro-Pekinger Politikerin zur neuen Regierungschefin Hongkongs.
    Das nicht demokratisch legitimierte Wahlleute-Gremium Hongkongs hatte am Sonntag die 59-jährige Politikerin Carrie Lam zur neuen Chief Executive der Stadt gemacht.
    Niemand habe damit gerechnet, dass nur einen Tag nach der Wahl Carrie Lams diese Anklage erhoben werde, empörte sich der 20-jährige Ex-Studentenführer und heutige pro-Demokratie-Politiker Joshua Wong vor dem Polizeirevier.
    Das Timing sei aus Sicht der pekingtreuen Regierung Hongkongs sehr schlau, sagte der pro-demokratische Abgeordnete Eddie Chu.
    "Die Aufmerksamkeit der Bevölkerung wird so weggelenkt von der unpopulären neuen Regierungschefin Carrie Lam hin zu dieser Anklage."
    Ein Signal an Protestierwillige
    Die neun angeklagten Demokratie-Aktivisten wurden noch am Abend offiziell festgenommen, auf Kaution wurden sie danach wieder frei gelassen. Werden sie verurteilt, müssen sie mit langen Haftstrafen rechnen, meint William Nee von Amnesty International in Hongkong.
    Man könne die Anklageerhebung als Signal der Behörden verstehen, dass man keine neuen Proteste zulassen werde.
    "Sie hatten ja jahrelang Zeit, diese Anklage zu erheben. Dass sie jetzt kommt legt den Schluss nahe, dass das politische Gründe hat."
    Die internationale Gemeinschaft schaue gerade auf andere Konflikte in der Welt, war am Abend bei den Protesten vorm Honkonger Polizeihauptquartier zu hören. Umso lauter müsse man gegen die Verletzungen der Grundrechte in der ehemaligen britischen Kolonie demonstrieren.