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"Hügel und Zweifel"

Franz Ackermann fühlt sich in vielen Formaten zuhause. Ob Aquarelle in 13x17 Zentimeter oder Wandmalereien über 20 Meter - die teils kartographischen, teils wieder abstrakten Werke haben einen hohen Wiedererkennungswert. Und lassen sich derzeit in Berlin betrachten.

Von Carsten Probst | 19.09.2013
    Franz Ackermann hat in seinem Künstlerleben schon einige großräumige Wandmalereien realisiert, zuletzt in der Kunsthalle Baden-Baden, vor zehn Jahren aber auch schon über die komplette Länge einer Münchner U-Bahn-Station oder in einem Football Stadion im texanischen Dallas. Insofern war die große Eingangshalle der Berlinischen Galerie mit ihren geschätzten 12 Metern lichter Höhe und 30 Metern Wandlänge für ihn fast schon ein gewohntes Format. 12 Assistenten haben unter immensem Zeitdruck während zweier Tage an dem Werk mit dem Obertitel "Hügel und Zweifel" gearbeitet. Am Ende steht eine geradezu majestätisch kalkulierte all-over-artige Raum-Bild-Komposition, die inmitten des Reigens der vielen nervösen Einzelpräsentationen der trubeligen Berlin Art Week eine Art Ruhepol bildet.

    Denn der 1963 geborene Bayer, der in München und Hamburg studiert hat und mittlerweile in Karlsruhe Malerei lehrt, ist im klassischen Sinn des Wortes unbestreitbar ein Meister seines Fachs – sowohl handwerklich, als auch in der inhaltlichen und formalen Konsistenz seines Werkes. Ackermanns Malerei wirkt aktuell, ohne zeitgeistig zu sein. Sie reflektiert kritisch den Bedeutungsverlust von Malerei in einer Kultur der elektronischen Medien, ohne andererseits sich krampfhaft einer virtuellen Ästhetik andienen zu müssen. Ausgangspunkt seiner Malerei sind stattdessen seine "Mind Maps", mit denen Ackermann der technischen Virtualität der neuen Medien eine eigene Imagination eines malerischen Raumes entgegensetzt. Räumliche, oft panoramaartig angelegte Strukturen finden sich immer wieder in seinen Bildern als Verweise auf die traditionelle Landschaftsmalerei, die bei Ackermann aber stets von grellfarbigen und räumlichen Störungen durchbrochen wird.

    Auch seine Berliner Arbeit ist im Grund ein Großpanorama, das zugleich als eine Art Museum im Museum fungiert. Denn die abstrakt anmutende Grundstruktur der Raumausmalung umgibt zahlreiche Einzelwerke, Tafelbilder, die Ackermann auf die Komposition aufgesetzt hat, als wären sie gleichsam Kristallisationspunkte der Landschaft. Das monumentale Ganze wird dadurch zugleich gebrochen und in die Flüchtigkeit einer Galeriesituation überführt. Strukturen werden lesbar, Linien wie Nervenbahnen, architektonische Anmutungen, innere Landkarten.

    Für den Betrachter erschließt sich diese Wirkung auch dann, wenn er wenig über die Hintergründe und Vorbilder von Ackermanns Werk weiß oder über die utopiengesättigte Tradition der Moderne bei der Verräumlichung der Malerei: Ackermann geht mit diesem utopischen Erbe um, ohne es sich zu eigen zu machen – aber er weiß, dass sich seine Malerei auf diesem kontaminierten Feld bewegt, und nimmt es ernst. Er arbeitet daran, den malerischen Blick trotz oder mit aller Beladenheit der Malerei zurückzugewinnen.

    Vergleicht man dies mit dem Großangebot malerischer Positionen während der Berlin Art Week, entzieht sich Ackermanns Werk gerade in diesem Kontext auch einer schnellen Vereinnahmung oder Einordnung. Es hat seinen ganz eigenen erzählerischen Duktus gewonnen, jenseits aller Modeerscheinungen und würde in seinem zeitlosen Ansatz an sich vollkommen ausreichen, dem Motto dieser Art Week gerecht zu werden: Painting Forever.