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Humboldt-Universität
Vom Ende eines Studiums

Die meisten Bundesländer haben die Hochschulen verpflichtet, die alten Studiengänge aufzuheben und letzte Prüfungstermine festzulegen. Wer nicht rechtzeitig fertig ist, wird exmatrikuliert. Dies trifft heute mehrere Hundert Magisterstudierende an der Berliner Humboldt-Universität. Der AStA protestiert - zu Recht?

Von Claudia van Laak | 31.03.2014
    "Mach's gut, Magister" - ein nettes Tschüs auf dem Titel der aktuellen Ausgabe der Humboldt-Universitäts-Zeitung. Auf dem Foto ein Student, der die Tür öffnet und in die Sonne tritt. Klingt freundlich-versöhnlich. Die Realität sieht anders aus. 733 bisherige Magisterstudenten der Philosophischen Fakultät II verlieren heute ihren entsprechenden Status, denn ihre Studiengänge gibt es nicht mehr.
    "Die haben einfach ein Datum festgesetzt, ohne dass es auch nur ansatzweise eine Begründung dafür gibt. Also, die haben sich noch nicht mal darum gekümmert, wann die Leute eigentlich fertig werden," behauptet Matthias Trenczek. Der auf Hochschulrecht spezialisierte Berliner Rechtsanwalt vertritt eine ganze Reihe dieser Magisterstudenten. Er fordert alle Betroffenen auf, sich juristisch gegen die Exmatrikulation zu wehren. Die Erfolgsaussicht sei gut.
    "Ausnahmen mag es geben, weil irgendwelche Formalvoraussetzungen nicht gegeben sind, aber wer klagt, kann fertig studieren."
    Doch – wollen die 700 Betroffenen überhaupt fertig studieren? Oder sind sie einfach pro forma eingeschrieben, um die Vorteile eines Studentenstatus zu genießen? Davon geht die Humboldt-Universität aus. Der Leiter der Studienabteilung Steffan Baron sagt: Die allermeisten haben doppelt so lange studiert wie vorgeschrieben.
    "In manchen Fällen Vierzigfach-Semester, 44 hatten wir jetzt grad ein Fall, also insofern sind die schon sehr, sehr lange da, hatten eigentlich genügend Zeit, sich auf den Studienabschluss vorzubereiten, wurden auch unmittelbar nach Festsetzung des letzten Prüfungstermins darüber informiert - 2011, 2012 -, und hatten dann noch vier bis fünf Semester Zeit, die verbleibenden Leistungen zu erwerben."
    Alles nach Recht und Gesetz also, meint die Humboldt-Uni. Außerdem würden die Studierenden nicht vor die Tür gesetzt, sondern könnten in die entsprechenden Bachelor-Studiengänge wechseln.
    "Wir hatten, ich würde mal so über Daumen sagen, fünf Prozent der Fälle, die sich tatsächlich jetzt bemüht haben, die die Beine sozusagen in die Hand genommen haben und versucht haben, ihren Abschluss zu erreichen. Dann hatten wir in etwa 60 Fälle, die gesagt haben: "Nein, ich möchte in den Bachelor wechseln". Und der Großteil, muss ich ganz ehrlich sagen, hat sich nicht mal gemeldet."
    Neun von zehn angeschriebenen Magisterstudenten haben sich nicht zurückgemeldet, hätten also kein Interesse an einem Studienabschluss. So argumentiert die Humboldt-Universität. Die Studentenvertretung sieht das anders - Enno Hinz:
    "Personen, die nicht in Regelstudienzeit studieren, sind in der Regel Personen, die ihr Studium nicht von zu Hause bezahlt bekommen, die parallel zum Studium arbeiten, Kinder erziehen und chronische Krankheiten haben - eben nachvollziehbare Gründe, warum nicht in normaler Geschwindigkeit studiert werden kann, oder warum auch mal mehrere Jahre lang überhaupt nicht studiert werden kann. Das sind jetzt in großer Zahl die Personen, die jetzt exmatrikuliert werden sollen."
    Die Betroffenen konnten in den letzten Wochen Härtefallanträge stellen - wer chronisch krank ist oder einen persönlichen Schicksalsschlag erlitten hat, der hat eine Chance auf Genehmigung. Wer lediglich anführt, er müsse sein Studium selber finanzieren, dürfte erfolglos bleiben. Selbst wer arbeiten muss, schafft sein Magisterstudium in acht Jahren – so hat es die Berliner Humboldt-Uni festgelegt.